Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

92 Zweiter Teil. Die Verfaffung Elsaß-Lothringens und die Beamtenorganisation. § 23 
  
  
  
eine Vermögensschädigung entweder des Staates selbst oder eines Dritten herbeigeführt 
worden ist 2. 
Die Schadensersatzpflicht Dritten gegenüber wegen Verletzung einer Amtspflicht 
hat nur privatrechtlichen (X§ 839—841 B. G. B.), diejenige dem Staate (Fiskus) gegen- 
über hat jedoch öffentlich-rechtlichen Charakter; es gelten in diesem letzteren Falle an 
sich besondere landesgesetzliche Vorschriften 3; da solche in Elsaß-Lothringen aber nicht 
bestehen, kommen analog die Grundsätze des bürgerlichen Rechts über die Entschädigungs- 
pflicht zur Anwendung. Nur bezüglich der Frage der Haftung für Defekte“ enthält 
das B. G. besondere Bestimmungen. 
III. Was nun die Haftung Dritten gegenüber anlangt, so ist nach § 13 B.G. (in Ver- 
bindung mit den im § 154 enthaltenen Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte 
— — 
  
Vgl. für das Folgende Laband I1 S. 474 f. 
2 Wenn ein Gemeindebeamter nach gesetzlicher Vorschrift (z. B. im Steuer= oder Polizei- 
wesen) im unmittelbaren Interesse des Staates (Fiskus) bestimmte Funktionen als Amtspflicht zu 
leisten hat, so solgt daraus noch nicht, daß er insoweit als Staatsbeamter anzusehen ist. Vielmehr 
sind dieje Obliegenheiten an seine Eigenschaft als Gemeindebeamter geknüpft. Daher ist seine Haftung 
aus einem Dienstverhältnis dem Staat (Fiskus) gegenüber ausgeschlossen. Dagegen begründet die 
Verletzung seiner Pflichten zum Nachteil des Staates (Fiskus) seine Schadensersatzpflicht nach § 39 I 
B. G. B (O.L.G. Colmar, Jur. Z. 1909 S. 5100. — über das Verhältnis der Beamtenhaftung aus 
§ 839 B.’ G.B. zu der allgemeinen Haftung für unerlaubte Handlungen nach § 823 Abf. 1 B.G. B. 
vgl. R.G. 12. Okt. 1910 N.G.E. (Ziv.) 74 S. 250. 
* Unter Defekten versteht man, daß der tatsächliche Bestand einer Kasse oder eines Magazins 
geringer ist als der rechnungsmäßige Sollbestand (Kassendefekt). Der Kassendefekt umfaßt auch 
das Manko, welches durch Sorglosigkeit des Beamten, welchem die Obhut über die Kasse oder das 
Magazin obliegt, entstanden ist: er ist also weiter als der Begriff der Unterschlagung". Er steht 
andrerseits im Gegensatz zum Rechnungsdefekt, der dann vorliegt, wenn der Beamte aus der 
Kasse oder dem Magazin Ausgaben gemacht hat, welche nicht hätten gemacht werden sollen. 
Es existiert nun zur Feststellung des Defekts ein besonderes Defektenverfahren, welches 
zunächst von derjenigen Behörde vorzunehmen ist, zu deren Geschäftskreis die unmittelbare Aufsicht 
über die Kasse oder das Magazin gehört. Gleichzeitig ist der Beamte festzustellen, der für den Defekt 
zu haften hat, und die Höhe des von ihm zu ersetzenden Betrages. Diese Feststellungen geschehen in 
einem begründeten Beschluß der Behörde, der auch den Grund der Ersatzverpflichtung des Beamten 
anzu jeben hat. Sind nicht alle Punkte eines Defektes klar, so kann zunächst ein teilweiser Beschluß 
erlassen werden. Der Beschluß ist vollstreckbar, wenn die Behörde eine „höhere“ im Sinne des 
* 2 Ver. v. 22. Nov. 1891 (G.Bl. 1892 S. 1) ist; andernfalls bedarf der Beschluß der Prüfung 
und Genehmigung durch die höhere Behörde. Dem Ministerium oder eventuell einer anderen An- 
stellungsbehörde ist sofort Mitteilung zu machen; die genannten höheren Behörden haben das Recht 
der Abfassung oder Berichtigung des Beschlusses. ç 
Der Beschluß kann auf die unm ttelbare Verpflichtung zum Ersatz des Defekts gerichtet sein, 
falls der Beamte als Täter oder Teilnehmer der Unterschlagung überführt ist. ferner, wenn der 
Defekt auf grober Sorglosigkeit beruht, und zwar gegen den Brahnten, welchem die Kasse zur Ver- 
waltung übergeben war, auf Höhe des ganzen Mfetts- egen jeden anderen Beamten, der mit 
Lelobeträgen oder Materialien dienstlich befaßt war, auf Höte des in seinem Gewahrsam gewesenen 
etrages. 
Gegen den Beschluß hat der Beamte die Beschwerde im Instanzenzug; außerdem steht ihm 
der Rechtsweg offen?*? und zwar letzterer binnen einer Ausschlußfrist von einem Jahre seit der 
etanntwachung des Beschlusses an den Beamten, oder wenn derselbe an seinem Wohnort nicht zu 
treffen ist, seit dem Tage, an welchem der Beschluß abgefaßt worden ist. (Vgl. R.G. v. 24. April 
1908 Elf.-l. Z. 33 S. 401). " 
Wenn eine nahe und dringende Gefahr besteht, daß der Beamte, gegen welchen die Iwangs- 
vollstreckung zulässig ist, flüchtig eehen oder sein Vermögen zum Ersatz des Defeks entziehen werde, 
so kann die unmittelbar vorgesetzte Behörde, auch wenn 8 keine „höhere“ ist, oder der unmittelbar 
vorgesetzte Beamte das abzugsfähige Gehalt und nötigenfalls das übrige bewegliche Vermögen des 
* vorläufig mit Besedan belegen. An die vorgesetzte höhere Behörde ist unverzüglich Anzeige 
zu erstatten. 
Auf Antrag des von der Beschlagnahme betroffenen Beamten hat das Gericht, in dessen 
Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hak, anzuordnen, daß binnen einer bestimmten Frist der 
ordnungsmäßige Defektenbeschluß beizubringen sei. Wird dem nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag 
des Beamten die Beschlagnahme sofort aufzuheben. 
* Ugl. für das Folgende Ladand l S. 481 f.; Piever, Reichbeamtengesetz, 389 184 — 148. 
Uber die Beweilelast des Beamten gegenüber dem Ansoruch des Fiekus auf Ersay amtlich Übergebener, ab 
danden gekommener Gegenstände B. G. B. 3 ##. N. G. v. 9. Nov. 1910, N.G E. 71 S. 312. Über die Borauesetzungen 
"es Erstattung ansoruchs aus auftragloser Geschäfteführung im öff. Recht ogl. Sächs. O. V. G. v. 4. Nov. 1903; Reger. 
Bd. 25 S. 324. 
3386 vlbe das Prilfungsrecht des Gerichts vgl. Laband 1 S. 182 Note 3 u. N. G. v. 24. April 1903, in Elf. 1.
	        
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