827 Die nicht unter das Reichsbeamtengesetz fallenden Beamtenkategorien. 105
kann gleichzeitig die Ermächtigung zur Bestellung eines Amtsverwesers nachgesucht
werden; der Urlaub ist in diesem Fall durch das Ministerium, sonst durch den Ober-
staatsanwalt zu gewähren. Zum Eintritt in den Reichstag, Landtag oder in eine
sonstige politische Körperschaft des Landes bedarf der Notar keines Urlaubs 8.
Zum Amtsverweser des Notars kann nur derjenige ernannt werden, der die
Befähigung zum Notariatsamt besitzt oder früher Notar gewesen ist?. Der Amts-
verweser hat alle Rechte und Pflichten des Notars 10.
1. Die Amtsstellung der Notare hat keinen einheitlichen Charakter, Man muß
bezüglich der Funktionen des Notars unterscheiden, ob er sich in Ausübung der öffent-
lichen Gewalt befindet oder nicht. Ersteres ist der Fall, soweit den Notaren gewisse
richterliche Funktionen 11 übertragen sind, oder soweit sie die öffentliche Beurkundungs-
tätigkeit ausüben, letzteres, wenn er solche Geschäfte, die kraft Ubung und nach Her-
kommen mit seiner Amtstätigkeit verbunden zu werden pflegen, verrichtet 12.
Diese Unterscheidung ist wichtig für die Frage der Haftung des Staates für
schädigende Handlungen der Notare. Für solche Handlungen, die der Notar nicht in
Ausübung der öffentlichen Amtsgewalt vornimmt, besteht überhaupt keine subsidiäre
Haftung des Staates, ebensowenig besteht dieselbe für Fehler des Notars bei der Be-
urkundungstätigkeit. Dagegen besteht die staatliche Haftpflicht für die Fälle, in denen
die Verrichtung dem Notar auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift durch das Gericht
übertragen worden ist, oder wo der Notar durch das Gesetz unmittelbar zu einer
richterlichen Tätigkeit an Stelle des Gerichts bestimmt ist.
In erster Linie besteht naturgemäß eine Haftung des Notars selbst in allen
Fällen. Auch für die Schadensersatzansprüche aus der Amtsführung des Amtsverwesers
haftet der Notar samtverbindlich 11. Ist der Amtsverweser von Amts wegen bestellt,
so tritt eine Mithaftung des Notars nicht ein.
2. Die gesamte Tätigkeit der Notare untersteht der Aufsicht des Oberstaats-
anwalts, auf dessen Anordnung von den Ersten Staatsanwälten jährlich Revisionen
der Notariatsstuben stattfinden 1.
Die Notare sind einer ganzen Reihe Beschränkungen unterworfen, die mit
der Eigenart ihrer amtlichen Stellung im Zusammenhange stehen. So ist ihnen bei-
spielsweise untersagt der An= und Verkauf von Grundstücken, die auf die Übertragung
von Forderungen bezüglichen Rechtsgeschäfte, die Einmischung in die Verwaltung von
Handels= und Industriegesellschaften"! usw.
Für die Erhebung der Notariatsgebühren!“ bildet der Tarif laut Gesetz vom
3. Dezember 1899 (G.Bl. S. 222) die Grundlage. Es besteht die Pflicht der Buch-
führung; alle registrierungspflichtigen Urkunden müssen eingetragen werden; ferner die
Pflicht der Führung eines Wechselprotest= und eines Gebührenregisters, dessen viertel-
jährlicher Abschluß durch das Amtsgericht erfolgt.
§ l– 10 Ges. v. 8. Juli 1892. Eine Zurücknahme des gewöhnlichen Urlaubs (d. h. jeden
Urlaubs mit Ausnahme desjenigen nach § 10 Ges. 1892) kann im Interesse der urdnungsmähigen
Erledigung der Geschäfte verfügt werden. Val. Min. Ver. v. 4. Aug. 1892 (A. Bl. S. 347).
* §22 Ges. v. 8. Juli 1892. Im Falle der Erkrankung eines Notars kann die Bestellung
eines Amtsverwesers von Amts wegen durch das Ministerium erfolgen. § 3 zit. Z
» 10 Er muß den Diensteid leisten und seine Unterschrift hinterlegen. Auf ihn finden auch die
Disziplinarvorlchriften für Notare Anwendung. § 6 zit. Betreffs der Vergütung der Amtsverweser
vgl. & 7 ebenda.
1 Es kommen hier in Frage: das Immobiliarzwangsvollstreckungs-, das Immobiliar=
verteilungs= und das Löschungsverfahren (A.G. Inv.G.G. Is 1, 32, 37), das erbrechtliche Aus-
einandersetzungsverfahren (A G. F.G G. § 31), das Nachlaßsicherungsverfahren (A.G. F.G.G. 8§ 24;
Min,. Verf. v. 6. Dez. 1900). Auch die in diesen Fällen vorgeschriebenen Zustellungen von Amts
wegen müssen als vom Gericht übertragen angesehen werden. Molitor-Stieve S. 122 N. 24 a.
12 Molitor-Stieve S. 122c; Franz, Das deutsche Notariat, 1907, S. 330 f.
#is Molitor-Stieve S. 123 N. 25. 14 Und zwar mit seiner Kaution.
15 § 81 Ges. v. 8. Juli 1892 u. Ges. v. 29. Nov. 1899 (G. Bl. S. 17050).
10 88 Ges. v. 26. S 1873. Geplant ist die Einführung von besonderen Notariatsinspektoren.
½ §§ 1 ff. Ges. v. 17. März 1886 (G. Bl. S. 57); Ord. v. 4. Jan. 1843 Art. 12.
13 Bei Streitigkeiten findet die kostenfreie Festehung der Notarsgebühren durch den Land-
gerichtspräsidenten statt. Vgl. Michaslis S. 190 f.