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Gerichtsschreiberei des Landgerichts einzulegen. Auch hier muß im Interesse eines
beschleunigten Verfahrens die Entscheidung binnen fünf Tagen getroffen, dem Beschwerde-
führer und dem Bürgermeister mitgeteilt und von letzterem in der Wählerliste berück-
sichtigt werden (§ 5 Abs. 5).
Befugt zur Erhebung von Einwendungen ist jeder Wahlberechtigte sowie die
Gemeindeaufsichtsbehörde (§ 5 Abs. 3); die Einwendungen können sich darauf gründen,
daß eine Eintragung in die Liste zu Unrecht erfolgt oder unterlassen ist. Das Gesetz
verlangt kein persönliches Interesse an der Berichtigung; deshalb ist auch nicht etwa
erforderlich, daß es sich um einen Einwohner der fraglichen Gemeinde, deren Liste
berichtigt werden soll, handelt; dagegen sind nicht einwendungsberechtigt alle diejenigen
Personen, deren Wahlrecht ruht 156. Soweit die Einwendung im Beschwerdeweg an
* am- oder Landgericht gelangt, ist das Verfahren frei von Gerichtsgebühren
(§ 5 Abs. 6).
Nach Ablauf der Auslegefrist wird die Liste vorbehaltlich derjenigen Anderungen,
welche infolge der Entscheidung über erhobene Einwendungen notwendig werden,
geschlossen. Nach Schluß der Liste können Einwendungen nicht mehr vorgebracht
werden. Die abgeschlossene Liste wird auf dem Bürgermeisteramt aufbewahrt und dem
Wahlvorsteher des in Frage kommenden Wahlbezirks zur Benutzung bei der Wahl eine
beglaubigte Abschrift übersandt (§7 Wahlordn.). Den in der Wählerliste eingetragenen
werden alsbald Ausweiskarten 16 übersandt, indessen sind dieselben nicht unbedingtes
Erfordernis bei der Stimmabgabe; sie sollen nur die Legitimation des Wählenden
erleichtern 17.
Mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde kann der Bürgermeister zum
Zwecke der Stimmabgabe die Gemeinde in Stimmbezirke einteilen 18.
Die Berufung der Wahlberechtigten zur Wahl erfolgt durch den Bürgermeister
mindestens acht Tage vor dem Wahltag mittelst ortsüblicher Bekanntmachung 16. Das
Wahlrecht wird in Person durch Abgabe eines Stimmzettels in eine abgeschlossene
Wahlurne ausgeübt. Die Stimmzettel müssen von weißem Papier sein, dürfen kein
äußeres Kennzeichen aufweisen und sind von dem Wähler in einem mit amtlichem
Stempel versehenen Umschlag, der sonst kein Kennzeichen haben darf, abzugeben (§ 8).
Die aäi sollen den im Verordnungswege zu erlassenden Normatiobestimmungen
entsprechen.
Die Wahl sowie die Ermittlung des Wahlergebnisses erfolgt öffentlich (§ 9); jeder-
mann kann also, auch nach getaner Wahlhandlung das Wahllokal betreten 20. Über die
Wahlhandlung und über die Ermittlung des Ergebnisses der Abstimmung in den
Gemeinden und Stimmbezirken gibt die Wahlordnung vom 31. Juli 1911 (G. Bl.
S. 45) (§§ 7—14) eingehende Vorschriften 21.
1 So auch Heim, S. 153, And. Anf. Schultze, § 5 W.G. Bem. 3.
sai Durch Min. Ver. v. 4. Aug. 1911 (Zentr. Bl. S. 99) ist hierfür ein besonderes Formular
vorgeschrieben.
17 Denkbar ist auch die Legitimation durch andere Urkunden. Heim, S. 154.
Z 18 Wer bei Schluß der Wblerist dem Stimmbezirk, in dem er seinen Wohnsitz hat, noch
nicht drei Monate angehört, wählt in dem Stimmbezirk, in dem er drei Monate vor Schluß der
Tähltrlite seinen Wohnsitz gehabt hat. Diese Vorschrift ist entsprechend anzuwenden, wenn ein
### sberschigter, seinen Wohnsitz innerhalb der Gemeinde aus einem Wahlkreis in einen anderen
verlegt (( .G.).
1 Die Bekanntmachung muß den Raum, in dem die Wahl stattfindet, Tag, Stunde und
Dauer der Wahl und, falls die Gemeinde in Stimmbezirke eingeteilt ist, deren Abgrenzung bezeichnen.
Die Wahl dauert mindestens vier Stunden und höchstens acht Stunden; sie daul nicht vor 10 Uhr
morgens beginnen, und der Schluß muß spätestens auf 6 Uhr abends festgesetzt werden. Im Interesse
der gewerblichen Arbeiter usw. ist bestimmt, daß der Wahltag ein Sonntag sein muß (§ 7).
Der Tag der allgemeinen Wahlen wird durch Verordnung des Statthalters festgesetzt und im
els.I. Gesetzblatt bekanntgemacht (§ 8 II). 20 Bezüglich des Näheren vgl. Wahl.O § 20f.
» 21 Die Wahlhandlung wird von einem Wahlvorstand geleitet, der aus dem Wahlvorsteher,
vier bis sechs Beisitzern und dem Schriftführer besteht (§7 W.O.). Der Wahlvorstand hat auch das
Ergebnis der Abstimmung zu ermitteln und über die Gültigkeit und Ungültigteit von Simmzetteln
zu entscheiden. (8) 16, 17 W.O.) Vgl. bezüglich des Näheren Heim S. 158, Schultze S. 137.
Wahlvorsteher ist der Bürgermeister oder bei dessen Verhinderung der gesetzliche Stellvertreter.
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