8 36 Die Rechtsverordnungen.
gleichen Weise bekanntgemacht wird 20. Die Versagung der Genehmigung hat keine
rückwirkende Kraft; die auf die Verordnung gegründeten Rechtsverhältnisse bleiben
unberührt.
Erteilt der Landtag die Genehmigung, so verwandelt sich die interimistische Gesetzes-
kraft der Verordnung in eine endgültige. Angemessen erscheint auch hier die Bekannt-
machung im Gesetzblatt, daß die Verordnung die Genehmigung des Landtags erhalten
hat. An dem rechtlichen Charakter der Verordnung als solcher wird aber dadurch
nichts geändert. Ist für die Verordnung nicht eine Wirkungsdauer bestimmt, oder läßt
sich ihre Dauer nicht aus der Sachlage oder aus dem Inhalt der Verordnung ent-
nehmen, so ist ihre Aufhebung nur im Wege eines formellen Landesgesetzes zulässig.
Solange die Notverordnung von einer oder von beiden Kammern nicht zum
Gegenstand der Beschlußfassung gemacht worden ist, oder solange die eine Kammer
die Genehmigung erteilt, während die andere dieselbe versagt, behält die Verordnung
ihre provisorische Gesetzeskraft, weil der „Landtag“ als solcher die Genehmigung nicht
versagt hat (Laband a. a. O.)21. Dem Kaiser bleibt es in einem solchen Falle un-
benommen, durch eine neue Verordnung die Notstandsverordnung wiederaufzuheben,
und zwar auch dann, wenn der Notstand noch besteht, da ja der Landtag nunmehr
versammelt und zur Gesetzgebungsarbeit herangezogen werden kann.
Von der Versagung oder Erteilung der Genehmigung ist der Fall zu unter-
scheiden ?, daß der Landtag oder eine der beiden Kammern zwar die Genehmigung
erteilt, aber erklärt, daß die Voraussetzungen zum Erlaß der Verordnung nicht vor-
gelegen haben, oder daß unter Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen der
Wortlaut (die Fassung) oder die getroffenen Maßnahmen nicht gebilligt werden.
Solche Beschlüsse enthalten nur ein Tadelsvotum des Parlaments, das sich an
den verantwortlichen Minister wendet; das tatsächliche Bestehen der Verordnung wird
dadurch nicht in Frage gestellt.
B. Das Verordnungsrecht des Statthalters. Der Statthalter, das
Ministerium, der Bezirkspräsident und der Bürgermeister können Rechtsverordnungen
nur erlassen, wenn sie hierzu durch Gesetz ausdrücklich ermächtigt sind.
Durch die auf Grund des Gesetzes vom 4. Juli 1879 geschlaffene Möglichkeit,
daß der Kaiser dem Statthalter landesherrliche Befugnisse überträgt, ist auch gleich-
zeitig für zulässig erklärt, daß der Statthalter in solchen Angelegenheiten Rechts-
verordnungen erläßt. Durch die Kaiserliche Verordnung vom 23. November 1907 ist
gegenüber den früheren Verordnungen (z. B. vom 5. November 1891) insofern eine
Erweiterung der Befugnisse des Statthalters eingetreten, als ihm im Interesse
einer Förderung der Einheitlichkeit des elsaß-lothringischen Polizeirechts der Erlaß all-
gemeiner Polizeivorschriften übertragen worden ist, so daß von diesem Zeitpunkte an in
weiterem Umfange als bisher, an Stelle von Bezirkspolizeiverordnungen, Landes-
polizeiverordnungen des Statthalters ergehen können. Der eigentliche Träger der Ver-
ordnungsgewalt bleibt in diesem Falle jedoch der Kaiser, der stets selber an Stelle des
Statthalters die Verordnung erlassen kann. Durch die Verordnung vom 23. November
1907 (R.G.Bl. S. 759) ist dem Statthalter die Vollziehung allgemeiner Polizei-=
verordnungen, insbesondere auch über den Fuhrverkehr, die Anlegung von Dampf-
kesseln und den Verkauf giftiger Stoffe, als landesherrliche Befugnis übertragen. Seine
Zuständigkeit ist dadurch eine erheblich erweiterte geworden.
Diese durch kaiserliche Verordnung dem Statthalter übertragene Kompetenz ist
wohl zu unterscheiden von der ihm kraft Gesetzes übertragenen Verordnungsbefugnis;
in letzterer Beziehung ist ein Eintrittsrecht des Kaisers ausgeschlossen.
25 So mit Recht Laband II S. 264.
1 Heim (S. 109) meint, daß im Falle der Versagung der Genehmigung durch eine der
beiden Kammern die Verordnung „von Rechts wegen“ beseitigt sei; indes widerspricht dies dem
Worrlaut des Gesetzes, das einer Kammer allein eine so weitgehende Befugnis sicher nicht über-
tragen wollte.
22 Laband a. a. O.