Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 37 Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts im allgemeinen. 147 
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des betreffenden Kommunalverbandes. Pflichtausgaben sind solche Geldleistungen 
öffentlich-rechtlicher Natur der Kommunalverbände, welche der Staat auf Grund einer 
ihn hierzu ermächtigenden gesetzlichen Bestimmung zwangsgenehmigen kann. Es muß 
sich also um eine gesetzliche Leistungspflicht für den Gemeindeverband handeln, und 
diese Leistungspflicht muß ferner erzwingbar sein 18. Der Staat kann eine solche 
Leistung zwangsgenehmigen, d. h. er ist nicht ohne weiteres verpflichtet hierzu; wenn 
z. B. die Gemeinde nicht leistungsfähig ist, kann der Staat von der Erzwingung der 
Leistung Abstand nehmen. Was materiell unter den Begriff der Pflichtausgabe 
fällt, läßt sich nicht allgemein abgrenzen; es ist dies nach dem jeweiligen Stand der 
Gesetzgebung zu beurteilen 15. 
Bevor die Zwangsetatisierung erfolgt, muß festgestellt werden, daß die Leistung zu den in 
der Form der Zwangsgenehmigung erzwingbaren Ausgaben gehört (Feststellung der Aus- 
gabenpflicht), und dann erst erfolgt die Bestimmung, inwiefern und inwieweit die Ausgabe er- 
zwingbar sein soll (Feststellung der Pflichtausgabe als solcher) ¼. Nur die zuständige Be- 
hörde ½ kann eine rechtlich bindende Festsetzung der Pflichtausgabe, richtiger des Pfllichtausgaben- 
anspruchs, vornehmen. Besteht über Grund und Höhe der Pflichtausgabe kein Streit, so kann 
unter Abstandnahme von dem Feststellungsverfahrern sogleich zu dem eigentlichen Zwangs- 
etatisierungsverfahren (Pflichtigerklärung) übergegangen werden 16. 
Die formelle Entscheidung in der Pflichterklärung erstreckt sich auf die sachliche und 
sunktionelle Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde; die materielle Entscheidung befaßt sich mit der 
Prüfung der Voraussetzungen und mit der Sache als solcher selbst, insbesondere, ob die betreffende 
Gemeinde leistungsfähig ist. Deshalb hat der Pflichtigerkläruug die Aufforderung an die Gemeinde 
vorauszugehen, die Ausgabe zu bewilligen, widrigenfalls die Zwangsgenehmigung erfolgen werde ½. 
Die im Weigerungsfalle in die Pflichterklärung zu setzende Summe slellt den Höchstbetrag dar, für 
12 Vgl. f. E.-L. §§ 65, 73 Gem.O. 18 Relative Vollstreckbarkeit. Wißmann S. 370. 
14 Die Ansicht von Jebens (S. 36), daß es überall da an Raum für die Zwangsetatifierung 
fehle, wo überhaupt eine andere Form zur Durchführung in dem Gesetze vorgesehen ist, geht jeden- 
falls zu weit. Entschädigungsansprüche gegen Gemeinden oder Ansprüche aus Verträgen sind rein 
zivilrechtlicher Natur und gehören daher, weil kein öffentliches Interesse vorliegt, nicht hierher; 
anders steht es z. B. mit Beamtengehältern. Früher hat das preuß. O. V. G. die Zwangsetati- 
sierung der von Zivil= oder Verwaltungsgerichten gegen Gemeinden erkannten geldlichen Verpflich- 
tungen als zulässig angesehen oder wenigstens ern ähnt (O. V.G.E. Bd. 17 S. 31). In neueren 
Entscheidungen (E. 18 S. 142; 28 S. 295) bleibt es aber ausdrücklich ausgesprochen, daß die gericht- 
lichen Entscheidungen ausschließlich im Wege des besonderen Verfahrens zu vollstrecken sind. 
15 Wißmann S. 375; Weinreich S. 508. Die Zwangestatiserung darf erst erfolgen, 
wenn die dem Kommunalverband gesetzlich obliegende Leistung von der Behörde innerhalb der 
Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellt ist. Es muß sich um gesetzliche Leistungen handeln, wobei 
der Begriff des Gesetzes als Rechtsnorm im weitesten Sinne aufzufassen ist. Die Zwangeetatisierung 
ist nach Ansicht des preuß. O. V.G. (E. 19 S. 167; 28 S. 89, 95) nicht auf Leistungen beschränkt; 
zu welchen die Gemeinde als öffentlich-rechtliche Korporation verpflichtet ist, sondern sie umfaßt alle 
Leistungen, die durch eine nach Maßgabe der Gesetze gefaßte Entschließung der dazu berufenen Be- 
hörde den Gemeinden auferlegt sind; auch wenn die Verpflichtung für Private entstehen kann, soll 
sie zulässig sein, sofern nur nicht ausschließlich die Gerichte, sondern neben ihnen oder an ihrer Stelle 
eine öffentliche Behörde zu einer für die Gemeinde verbindlichen Feststellung im Hinblick auf das 
öffentliche Interesse berufn ist. Verbindlichkeiten, welche von der Gemeinde als Wirtschaftssubjekt 
lediglich durch privatrechtlichen Vertrag übernommen sind, für die demnach ausschließlich der ordent- 
liche Rechtsweg zulässig ist, scheiden jedenfalls aus. E anso sonstige nach dem Privatrecht zu be- 
urteilende Schadensersatzansprüche. Dagegen sind den gesetzlichen Leistungen auch solche unter- 
zuordnen, welche sich zwar nicht unmittelbar aus dem Inhalt der Gesetze ergeben, aber nach Maß- 
gabe dieser von der zuständigen Behörde dem Kommunalverband als bffentlich-rechtliche Körperschaft 
oder als Träger von Privatrechten aufgegeben sind. Zu den ersteren gehören Armenlasten, Polizei- 
kosten, zu den letzteren diejenigen Leistungen, welche der Gemeinde als Eigentümerin von gewerblichen 
Anstalten, von Grundstücken, Fem usw. durch behördliche Entschließung auferlegt werden. 
18 Pr. O. V. G. v. 18. Nov. 1801, in Pr. Verw. Bl. 27 S. 26. 
11 Die Gemeinde kann die Einrede der mangelnden Leistungsfähigkeit geltend machen. In 
der Pflichtigerklärung ist festzustellen, daß diese Einrede unbegründet ist. Es handelt sich für die 
festsetzende Behörde lediglich um eine Ermessensfrage; daher ist die Entscheidung über die Leistungs. 
fähigkeit im Verwaltungsrechtsweg nicht anfechtbar. (Vgl. fran. Staatsrat v. 9. April 1889; 
alloz, Réc. 1891. 3. 29; Fuzier-Herman, Par. com. Nr. 1315; Wißmann S. 456.) 
Dagegen ist sowohl dem an der Pflichtausgabe Interessierten (Empfangsberechtigten — wenn die 
Leistungsfähigkeit verneint ist, wie auch dem Kommunalverband, wenn sie bejaht ist — gegen die 
Entscheidung (Pflichtigerklärung) der zuftändigen Behörde das Beschwerderecht im Dienstaufsschtswege 
gegeben. Vgl. Fuzier-Herman N. 1314 f. 
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