8 40 Der Gemeinderat. 157
sind, für die Dauer von fünf Jahren angerechnet, an dem die Strafe verbüßt, ver-
jährt oder erlassen ist, sofern nicht der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf eine
längere Dauer ausgesprochen ist?; für Personen, welche als Landstreicher oder Bettler
verurteilt find, für die Dauer von drei Jahren, von dem Tage an gerechnet, an
welchem die Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist.
3. Wählbar zum Gemeinderat sind alle wahlberechtigten Gemeindebewohner,
sofern sie zur direkten Staatssteuer veranlagt sind, und ferner die nicht in der Ge-
meinde wohnenden Eigentümer von Grundstücken im Gemeindegebiet, wenn sie in der
Gemeinde ihres elsaß-lothringischen Wohnsitzes wählbar sind (§ 30)8. Mitglieder,
welche die Wählbarkeit verlieren, scheiden ohne weiteres aus dem Gemeinderat aus.
Ülber die Fähigkeit, Gemeinderatsmitglied zu werden, ferner über die Frage der In-
komptabilität wird im Verwaltungsstreitverfahren entschieden .
Eine Verpflichtung des Gewählten, das Amt als Gemeinderatsmitglied zu über-
nehmen, besteht nicht; es kann ferner auch jederzeit der Austritt aus dem Gemeinde-
rat erklärt werden; die entsprechende Erklärung muß dem Gemeinderat gegenüber ab-
gegeben werden (p. arg. § 62 Gemeindeordnung).
II. Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder bestimmt sich nach der Zahl der
durch die letzte amtliche Volkszählung ermittelten ortsanwesenden Ziovilbevölkerung.
Die Zahl der Mitglieder des Gemeinderats beträgt in Gemeinden von weniger als
500 Einwohnern 10 und steigt bei Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern auf
36 Mitglieder (§ 43). Die Zahl der hiernach in den einzelnen Gemeinden zu wäh-
lenden Mitglieder bestimmt die Aufsichtsbehörde.
In den kleinen Gemeinden wird der Gemeinderat in gewissen Fällen durch
die Höchstbesteuerten 1° verstärkt, wenn es sich um die Aufnahme von Anleihen,
die Erhebung von Zuschlägen zur Deckung einmaliger Ausgaben, die Errichtung
ständiger Gemeindeämter und die Ausstattung der Stellen der Bürgermeister und Bei-
geordneten mit einer Besoldung handelt 11.
7 Vgl. die Ubersicht im Amtsblatt 1896. S. 20 f.
* § 40 Gem.O. zählt eine Reihe von Amtern auf, deren Bekleidung gleichzeitig mit der
Stellung eines Gemeinderatsmitgliedes unvereinbar ist (incomptabilité). Auch hier wird das Ge-
meinderatsmitglied vor die Wahl gestellt, entweder das bisher innegehabte Amt zu behalten oder
Gemeinderatsmitglied zu werden. Die hierher gehörigen Beamtenklassen sind folgende: Beamte und
Mitglieder von Behörden, welche die Aufsicht über die Gemeinde führen, Militärpersonen des
Friedensstandes mit Ausnahme der Militärbeamten, die Gemeinderechner und die von der Gemeinde
esoldeten Beamten, die im Amt befindlichen Religionsdiener und die Lehrer an öffentlichen Elementar=
schulen, die Polizeibeamten und die Gendarmen. ·
In Gemeinden von 500 und mehr Einwohnern dürfen ferner Vater und Sohn, Schwieger-
vater und Schwiegersohn sowie Brüder nicht zugleich Mitglieder des Gemeinderats sein. Niemand
kann weiterhin gleichzeitig gewähltes Mitglied des Gemeinderats in mehreren Gemeinden sein.
Zur Geltendmachung des Einspruchs ist jeder Wahlberechtigte, ferner die Aufsichtsbehörde
befugt. Der Einspruch, der an keine Frist gebunden ist, ist bei der Auffichtsbehörde einzureichen: es
wird über denselben durch den Bezirksrat endgültig entschieden. Der Rekurs an den Kais. Rat ist
nur dann zulässig, wenn der Einspruch sich nicht direkt gegen das Recht zur Dekleidung der Ge-
meinderatsstelle richtet, sondern mit der Behauptung der Unfähigkeit die Gültigkeit einer Wahl an-
gefochten wird. (Leoni-Mandel S. 63 N. 4). §§ 42, 70 Abs. 3 u. 4 Gem.O.
Im Verwaltungsstreitverfahren ist nur über die Gültigkeit der Wahl, nicht aber auch darüber
Entscheidung zu treffen, daß an Stelle einer Person, deren Wahl für ungültig erklärt ist, eine andere
Person als gewählt zu verkündigen sei. Ausnahmen sind nur bei Unrichtigkeiten rein formaler
Natur zulässig. Kais. Rat 2. Okt. 1896, Nr. 112 der Samml. v. 1908.
10 Es find das diejenigen wählbaren, dem Gemeinderat nicht angehörigen Lerinen, welche
in der Gemeinde zu der Gesamtheit der (vier) direkten Staatssteuern mit den höchsten Beträgen ver-
anlagt sind. Bei gleichen Steuerbeträgen entscheidet erforderlichenfalls das Los. » «
11 Weiterhin kommen noch in Betracht: die gutachtliche Anhörung des Gemeinderats über
Anträge auf Abänderung der Gemeindebezirke (§ 3 Abs. 2), über die Auferlegung eines vierten Fron
tages Gel. v. 17. Juli 1884 (G.BBl. S. 105), über die übernahme der Bürgschaft für die Verbind-
lichkeiten einer Sparkasse (Ges. v. 14. Juli 1895 § 31 (G.Bl. S. 87|]; Ver. v. 19. Jan. 1897
grh S. 81) § 1), über den Verzicht, bestimmte Personenklassen zu den Gemeindezuschlägen für die
ewerbe-, Lohn- und Besoldungssteuer zu veranlagen (Ges. v. 13. Juli 1901 (G. Bl. S. 80] 8 5:
Ges. v. 13. Juli 1901 (G. Bl. S. 69) § 29).