8 42 Die Verwaltung des Gemeindevermögens. 165
gelten diejenigen Sachen, die entweder im Gemeingebrauch stehen oder die die notwendige
Grundlage sür die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben juristischer Personen des öffentlichen Rechts,
in erster Linie des Staates, darstellen. Man faßt die zur letztgenannten Gruppe gehörigen Obiekte
unter dem Namen Verwaltungsvermögen zusammen und bringt dieses wiederum in Gegensatz
zum Finanzvermögen, d. h. demjenigen Vermögen des Staates, der Gemeinde usw., das nicht
unmittelbar zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben bestimmt ist, sondern welches dem Staate, der
Gemeinde usw. entweder aus seinem Stamm oder aus seinen Erzeugnissen Einkünfte verschafft,
G. B. Forsten), die zur Befriedigung staatlicher Bedürfnisse verwendet werden können 8.
II. In Elsaß= Lothringen nimmt das öffentliche Eigentum (domaine public) im
Anschluß an die Gestaltung. die ihm das moderne französische Verwaltungsrecht5 gegeben hat, eine
ganz besondere Stellung ein. Grundsätzlich sind die öffentlichen Sachen der Herrschaft des Privat-
rechts entzogen 6; Streitigkeiten über die Benutzung der öffentlichen Sachen, ferner Schadensersatz-
ansprüche, wegen Beschädigung durch mangelhaft unterhaltenes öffentliches Eigentum unterstehen
nicht der Beurteilung der ordentlichen Gerichte. Von diesem Grundsatze haben aber doch infolge der
neueren Gesetzgebung — vergleiche namentlich den § 40 a des A.G. B.G. B. — und infolge der
Theorie und der Praxis der Gerichte ganz erhebliche Abweichungen stattgefunden 7.
1. Was insbesondere das Verwaltungsvermögen anlangt, so ist bezüglich aller dazu
gehörigen Sachen als wesentliches Moment die Zweckgebundenheit zu erachten; dementsprechend
ist die Verwendung der Sache zu einem anderen als dem bestimmten öffentlichen Zwecke in der
Regel ausgeschlossen. Den öffentlichen Zweck bestimmt entweder das Gesetz oder ein besonderer Akt
der kompetenten Verwaltungsbehörde.
2. Zu den Sachen im Gemeingebrauch zählen alle Sachen, die ohne eine besondere
Erlaubnis der Behörde von jedermann frei benutzt werden können. Es gehören hierher vor allem
die öffentlichen Wege, Straßen, Plätze und die öffentlichen Gewässer. Die Frage, wann ein Weg
oder eine Straße „öffentlich“ ist, beantwortet sich danach, ob die zuständige öffentliche Behörde den
Weg dem öffentlichen Bekehr gewidmet hat; es genügt also nicht, daß das Publikum den Weg,
tatsächlich als Verkehrsweg benutzt 5.
eigentum angewandt worden (vgl. Ges. v. 24. Juli 1867 Art. 1 Z. 5. Aucoc II 497; Leoni-
Mandel 73 N. 1); es handelt sich hierhei lediglich um eine Dezentralisation der staatlichen Ver-
waltung (Molitor-Stieve S. 178). Vgl. über den Begriff des domaine public Barckhausen
in Rev. du droit public 1903 Bd. 1 u. 1902 Bd. I, ferner über die Umwandlung des Begriffs
im els.-l. Recht Bei me in Els.-I. 3. 19183 S. 144.
2 Val. Fleiner, Instit., S. 282 Molitor--Stieve S. 176, O.L.G. Colmar v. 25. Juni
12 in # Z. 23 S. 193 u. v. 4. Okt. 1899 eod. 24 S. 144; ferner O. Mayer in Off. Arch.
" 1#6 den Begriff der Sachen im Gemeingebrauch vgl. die Kommentierung durch Molitor-
Stieve S. 178 II. Es besteht eine Tendenz, die Grenzen des öffentlichen Gutes möglichst eng
zu ziehen; man rechnet, was die Gemeinden betrifft, zum öffentlichen Gut, die im Gemeindebann
liegenden Vizinalstraßen und Wege, die Brücken, Brunnen, Beleuchtungs= und Kanalisationsanlagen,
die Gemeindekirchhöfe, Schulgebäude und wohl Museen, Bibliotheken (and. Ans. bezüglich der letzteren
beiden Bruck 1 S. 315); wenn letztere auch nicht unmittelbar zu dem Verwaltungsbereich der Ge-
saeinden gehören, so dienen fie doch Kulturaufgaben, die in den Rahmen moderner Gemeindetätig-
eit fallen.
5 Dessen Grundsätze wiederum von Mayer, Frz. V. N. S. 227, (derselbe im Öff. Arch.
Bd. 21 (1907] S. 499; vgl. auch Kischt Els.-l. Landesprivatrecht § 67) angenommen worden sind.
Vgl. für das franz. Recht Hauriou; Précis de droit administratif 7 ed. S. 659.
* Während im übrigen Reichsgebiet, mit Ausnahme von Sachsen, wo sich O. Mayerz
Theorie vom öffentlich-rechtlichen Eigentum durchgesetzt hat (Fleiner S. 287 N. 2), auf die öffent-
lichen Sachen teils öffentliches, teils Privatrecht Anwendung findet.
.Denkbar wäre es, daß z. B. der Fiskus zum Festungsgelände gehörige Wiesen all-
jährlich verpachtet, deß en nicht, daß ein dingliches Nutznießungsrecht daran begründet wurde.
Ebenso wäre ausgesch oßen die Verpfändung, die Ersitzung einer öffentlichen Sach-, solange der
öffentliche Gebrauch dauert.
8s O. Mayer, D.V. R. II § 40. Streitigkeiten über die Offentlichkeit eines Weges unter-
liegen nicht der Entscheidung der ordentlichen Gerichte. Auch Gemeindefeldwege gehören zu den
öffentlichen Wegen, wenn sie von der Gemeinde als öffentliche Wege erklärt sind. (Leoni-Mandel
S. 254, Kisch S. 389, Molitor-Stieve S. 184.) Wegen des Unterschiedes gegenüber bloßen
chemins d'exploitation vgl. Molitor-Stieve a. a. O. Will die Verwaltung einen Weg zu
einem „öffentlichen“ machen, so ist Voraussetzung, daß fie auch die entsprechende privatrechtliche Ver-
fügungsgewalt über den Wegestreifen hat. Bezüglich der Gewässer ist dem Gemeingebrauch ein
weites Feld eröffnet; es kommen als öffentliche Gewässer die schiff= und flößbaren Wasserläufe in
Frage, und zwar entscheidet die tatsächliche Schiff= und Flößbarkeit. Andrerseits entzieht die aus-
drückliche Erklärung der Nichtschiffbarkeit einem Wasserlauf die Eigenschaft als öffentliches Gut. Der
Gemeingebrauch wird ganz allgemein polizeilich und strafrechtlich geschützt. Vgl. R. Str. G. B. § 366 Z. 10.