166 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. * 42
3. Fälle von gesteigertem Gemeingebrauch liegen vor, wenn Gebrauchsmöglichkeiten
an der öffentlichen Sache eingeräumt werden, die über den normalen Gemeingebrauch hinausgehen.
Zum Beispiel es wird einem Untenehmer gestattet, Baumaterialen auf einem öffentlichen Platze zu
lagern, oder einem Kaufmann, einen Schaukasten an seinem Laden anzubringen. Ob ein solches
weitergehendes Benutzungsrecht gestattet wird, hängt von der Bewilligung der Polizei ab (Ge-
brauchserlaubnigs). Die Gebrauchserlaubnis ist widerruflich und kann von der Zahlung von
Gebühren und der Einhaltug von Bedingungen abhängig gemacht werden.
4. Endlich können an Sachen im Gemeingebrauch auch Sondernutzungsrechte einzelner
(Konzessionen) bestellt werden. Durch die Konzession wird dem Konzessionär eine bestimmte teil-
weise Rechtsmacht an einer öffentlichen Sache zu einem bestimmten, regelmäßig dauernden Zweck er-
teilt. Man denke an die Errichtung von Stau= und Turbinenanlagen in öffentlichen Flüssen, an
das Recht, Röhren und Kabel in öffentliche Straßen zu legen usw. Die Konzession wird durch
einen einseitigen hoheitlichen Akt der Verwaltung verliehen und schafft ein
subjektives Recht an einer öffentlichen Sache, verbunden mit einem Besitz-
recht an derselbeno. Wie weit das Recht des Konzessionärs geht, ist in der Konzessionsurkunde
des Näheren beschrieben; hier wird auch in der Regel die Höhe der dem Konzessionär auf-
erlegten Abgabe bestimmt. Das Recht des Konzessionärs braucht sich nicht auf den Boden zu
beschränken, es kann sich auch auf den öffentlichen Luftraum beziehen. Als subiektives öffentliches
Necht ist die Konzession übertragbar und vererblich; sie kann gegen Beeinträchtigungen seitens der
Verwaltungsbehörden auf dem Verwaltungsrechtsweg und gegen Störungen Privater auf dem
ordentlichen Rechtsweg Schutz suchen. Die Konzession darf naturgemäß den Hauptzweck, dem die
öffentliche Sache zu dienen bestimmt ist, nicht gefährden; ist dies der Fall, so kann die Konzession wider-
rufen werden, einer besonderen Zwangsenteignung bedarf es in diesem Falle nicht; der Konzessionär
hat jedoch alsdann einen Entschädigungsanspruch.
III. Das private Eigentum der Gemeinde. Das private Eigentum wird eingeteilt
in das persönliche Vermögen (biens patrimoniaux) 11 und in die Gemeinde= oder Allmend-
güter (biens communaux) . Die Rechtsverhältnisse beider sind nach bürgerlichem Recht geregelt.
Diese Einteilung ist indessen keine solche, die sich nach dem historischen Ursprung oder nach der Natur
des betreffenden Gemeindeguts bestimmt, sondern in ter Art seiner Verwaltung begründet (Leoni-Mandel
Besonderes Interesse bransprucht das Recht der Straßenanlieger. Fleiner S. 303: „Der
Anlieger besitzt keine höheren Ansprüche auf den Gemeingebrauch als jeder andere Ortseingesessene;
was ihn vor Anderen auszeichnet, ist lediglich ein tatfächliches Moment: die Lage seiner Liegen-
schaft.“ And. Aus. das Reichsgericht. Civils. Bd. 70 S. 77; vgl. auch Jéze, Rev. du droit
public 1910 S. 695: Molitor-Stieve S. 159. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Staat
oder die Gemeinde ist nur gegeben, wenn er durch Rechtssatz besonders ausgesprochen ist. Dies ist in
E.-L. der Fall, § 40 à Abs. II A.G. B. G. B.
Andere Beispiele sind: Standgelder auf Märkten, Errichtung von Kiosken, Droschkenhaltestellen.
Gebühren können auch schon erhoben werden, wenn die Benutzung nicht über den normalen
Gemeingebrauch hinausgeht, z. B. Chausseegelder, Kanalgebühren, Brückenzoll, Pflastergebühren.
Bei Gebraucheerlaubnissen ist die Gebührenerhebung die Regel. Dieselben werden auch dann
erhoben, wenn verschiedene öffentlich-rechtliche Subjekte in Frage kommen: Staat und Gemeinde.
Bezüglich der natürlichen Wasserstraßen kommt Art. 54 Abs. 4 R.V. in Betracht, wonach
Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt
sind, erhoben werden dürfen. (Vgl. Sten Ber. d. d. Reichstags 1903/04 S. 2018 f.) Gegenüber
dieser reichsrechtlichen Vorschrift müssen allfalfige landesgesetzliche Bestimmungen (z. B. 55P 55. 76
Z3Z. 10 Gem. O.) zurücktreten.
Von diesen Gebühren für Gebrauchserlaubnisse sind wieder gesondert zu halten die sogenannten
Anerkenungsgebühren, mit denen z. B. die Verhinderung der Ersitzung einer Servitut erstrebt
wird; z. B. eine Gemeinde duldet das Durchführen einer Telegraphenleitung durch ihren Wald und
läßt sich vom Reich dafür jährlich eine Anerkennungegebühr in Höhe von 1 Mk. zahlen.
1° Ein dingliches Recht an der Sache wird durch die Konzession nicht begründet.
Die Gegenstände, die der Konzessionär mit der öffentlichen Sache verbindet, z. B. Schienen,
Mauern, werden nicht zu Bestandteilen der öffentlichen Sache; sie bleiben vielmehr (§ 95 B.’G. B.)
t des Konzessionärs und können deshalb von ihm besonders verpfändet oder verkauft werden.
Fleiner S.
Eine besondere Stellung nehmen die Eisenbahn= und unter diesen wieder die Straßenbahyn-
ktonzessionen ein. (Vgl. Fleiner S. 307, serner Theissig in Fischers Z. Bd. 37 S. 1 f.,
Kittel in Egers Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. 23 S. 191 f., 327 f. und Eger, Das preußische Gesetz
über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen v. 28. Juli 1892 2. A. S. 102 f.) Hier hat die Be-
hörde abgesehen von der verkehrspolitischen Seite der Frage, zu prüsen, ob der Bahnbetrieb mit dem
Gemeingebrauch der Straße vereinbar ist.
» 11 Die biens patr. bilden Gegenstände, die einem öffentlichen Dienst gewidmet find, aber
nich dem Gemeingebrauch unterliegen, so Rat-, Schulhäuser, Gefängnisse, Pfarrhäuser. Vgll. Bruck,
½ Die biens comm. bestehen aus Wald- und Feldnutzungen.