Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 43 Das Finanzwesen der Gemeinden. 173 
  
übernehmen. Kleine Gemeinden bedürfen zur lbernahme der Genehmigung der Auf- 
sichtsbehörde (§ 76 Z. 12 Gemeindeordnung). 
II. Die selbständigen Gemeindesteuern zerfallen wieder in direkte und 
indirekte. Zu den direkten gehören die nach dem Gesetz, betreffend Gemeindeabgaben, 
vom 14. Dezember 1909 (G.Bl. S. 163) zu erhebende Steuer vom Werte nicht über- 
bauter Grundstücke (Grundwertabgabe), vom Umsatz der Warenhäuser und vom Halten 
von Hunden, ferner die Abgaben für Wanderlager und die Fronen, zu den indirekten 
die Verbrauchsabgaben (Oktroi), ferner der nach dem Gemeindeabgabengesetz von 1909 
zu erhebende Wirtschaftsstempel und die Kurtaxen. 
1. Die direkten Steuern. 
a) Nach § 1 des Gesetzes über die Grundwertabgabe' sind die Ge- 
meinden befugt, für nicht überbaute Grundflächen eine nach dem gemeinen Wertd 
bemessene jährliche Abgabe (Grundwertabgabe) unbeschadet der Grundsteuer zu erheben, 
sofern in ihrer Gemarkung oder in einzelnen Teilen derselben die Bodenpreise nicht 
bloß vorübergehend eine zu dem Katasterreinertrage der Grundstücke außer Verhältnis 
stehende Höhe erreicht haben. Die Einführung der Abgabe erfolgt durch Ortssatzung, 
die vom Gemeinderat beschlossen wird. Der Beschluß, ebenso wie seine Anderung und 
Ergänzung, sowie seine Aufhebung bedürfen der Genehmigung des Ministeriums 10. 
Die Grundwertabgabe bildet eine öffentliche Last 1 des Grundstücks im Sinne des 
§ 10 Abs. 1 Nr. 3 und des § 156 R.G.Zw. G. 
Die Höhe der Abgabe sowie die Gemarkungsteile, für welche die Abgabe ein- 
geführt werden soll, werden durch die Ortssatzung bestimmt. Die Abgabe darf den 
Satz von jährlich 0,50 % des gemeinen Wertes des Grundstücks nicht überschreiten 
(§ 3). Die Veranlagung der Abgabe geschieht durch das Katasteramt, soweit erforder- 
lich, unter Mitwirkung von Auskunftspersonen, welche von dem Bürgermeister zu be- 
stellen sind (§+ 4). Auf Grund der ermittelten Grundstückswerte wird von dem Kataster- 
amte die Heberolle aufgestellt und von dem Bürgermeister für vollstreckbar erklärt. 
Binnen der Ausschlußfrist von einem Monat seit der öffentlichen Bekanntmachung der 
Heberolle kann der zur Zahlung Verpflichtete gegen die ermittelten Grundstückswerte 
und gegen den Ansatz der Abgabe Einspruch bei dem unter § 2 des (Mantel-gesetzes 
vom 14. Dezember 1909 zu bildenden Steuerausschusse erheben, gegen dessen Ent- 
scheidung innerhalb Monatsfrist von der Zustellung ab Berufung an den Bezirksrat 
zulässig ist. Die Entscheidung des Bezirksrats ist endgültig (8 5). 
Die Kosten der Veranlagung, der Aufstellung der Heberolle und der Erledigung 
der Einsprüche und Berufungen hat die Gemeinde der Staatskasse nach einem von 
dem Ministerium festzusetzenden Tarife zu vergüten; daneben sind die Kosten für die 
Auskunftspersonen von ihr zu ersetzen (§ 8). 
b) Die Abgabe für Wanderlager, d. h. für solche „Unternehmungen, bei 
welchen außerhalb des Wohnorts des Unternehmers und außer dem Meß= und Markt- 
verkehr, ohne Begründung einer dauernden gewerblichen Niederlassung, von einer festen 
Verkaufsstätte aus vorübergehend Waren, gleichviel ob zum Verkauf aus freier Hand 
oder im Wege der Versteigerung, feilgeboten werden“, wird neben der Wandergewerbe- 
steuer für jeden Ort des Betriebes besonders erhoben 12. Die Höhe der Wander- 
" Vegen der Bemessung des „gemeinen Wertes“ vgl. Reichszuwachssteuergesetz v. 14. Febr. 
1911 § 12; Eion, Komm., 1912. ç 
10 Befreit von der Grundwertabgabe find: 1. die Grundstücke, welche sich im Besitze des 
Kaisers befinden: 2. die dem Reiche, ElsahLothringen, den Bezirken oder der Gemeinde gehörigen 
Grundstücke; 3. die Hofraite= und Hausgartenflächen, welche bei der Gebäudesteuerveranlagung ihrem 
Werte nach bereits berücksichtigt sind; 4. die zu gewerblichen Zwecken dauernd benutzten, nach Maß- 
abe des § 4 des Gesetzes, betr. die Lerwendung der Erträge der Kapitalsteuer, und der Lohn= und 
Fiochungssteueer, v. 13. Juli 1901 (G. Bl. S. 80) besteuerten Grundstücke; 5. die Grundstücke, welche 
von den Eigentümern zum Betriebe von Handelsgärtnereien benutzt werden, sofern diese der Gewerbe- 
steuer unterliegen. § 2 des Ges. 
11 Die also z. B. der Nießbraucher eines Grundstücks zu tragen hat. § 1047 B. G.B. 
½ 88 24 1, 30 Ges. v. 8. Juli 1896 (G. Bl. S. 44). Nicht als Wanderlager gelten der 
Verkauf auf öffentlichen Ausstellungen, in festen Verkaufsstätten in Kur= und Badeorten, von ge- 
Ppfändeten Waren durch Gerichtsvollzieher, Steuerboten (§ 28 d. G). Ausf. Best. v. 5. März 1897
	        
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