176 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. 8 43
tage von den Bezirkstagen für die einzelnen Gemeinden in Geld umgesetzt (Art. 4 1
Gesetz von 1836). Die Ableistung der Fronen durch persönliches Arbeiten erfolgt in
Tag= oder Werkaufgeben; die Entscheidung über die Art der Ableistung steht dem
Bürgermeister, für die Vizinalstraßen dem Bezirkspräsidenten zu.
3. Die indirekten Stenern. a) Das Oktroi?1. a) Geschichtliches. Durch das Gesetz
vom 5. vent. VIII wurde es für zulässig erklärt, alle Gegenstände der consommation locale, soweit
dieselben nicht ausdrücklich der Besteuerung entzogen waren, für abgabenpflichtig zu erklären. Durch das
Dekret vom 17. Mai 1809 (Art. 16) und die Ordonnanz vom 9. Dez. 1814 wurde der Kreis der unter die
consommation locale fallenden Gegenstände bestimmt abgegrenzt, während das Gesetz vom 28. April 1816
(Art. 148), welches noch jetzt Geltung hat, wiederum grundsätzlich alle Gegenstände der consommation
locale für versteuerbar erklärte. Daraus ergibt sich die Wichtigkeit einer genauen begrifflichen Ab-
grenzung der cons, loc., was durchaus nicht gleichbedeutend ist mit örtlichem Verbrauch (Konsum)jzes fallen
vielmehr unter den genannten Begriff 25 der Untergang durch gänzliche Vernichtung (destruction),
durch Verarbeitung (transformation) und durch dauernde Verbindung mit einer unbeweglichen Sache
(incorporation). „Locale“ ist die consommation, wenn sie innerhalb des Oktroibezirks stattfindet;
hinzu kommen aber noch die weiteren Erfordernisse, daß die cons. eine purement oder exclusive-
ment locale und ferner eine cons. domestique, d. h. eine unmittelbar den Bedürfnissen einzelner
Einwohner des Oktroibezirks bzw. der in diesem Bezirk befindlichen Personen dienende sein muß;
die im Gegensatz hierzu stehende cons. industrielle kommt sonach nicht in Fragess.
Bei der Frage nach der rechtlichen Natur des Oktrois werden hauptsächlich zwei Ansichten ver-
treten; die meisten Schriftsteller sehen in dem Oktroi entweder im wesentlichen einen Einfuhrzoll oder eine
Verbrauchssteuer; richtig ist indessen eine vermittelnde Ansicht?, die in dem Oktroi eine Kombination
dieser beiden Besteuerungsformen erblickt, und zwar unter Vorwiegen der rechtlichen Natur des Einfuhr-
zolls. Niemals jedoch ist die Oktroipflicht an den bloßen Besitz eines oktroipflichtigen Gegenstandes
geknüpft; dieselbe entsteht erst dann, wenn eine gesetzliche bestimmte Handlung vorgenommen wird's.
Ob die Gemeinde Oktroi erheben will, steht in ihrem eigenen Ermessen. Uber die Einführung
des Oktrois sowie über den Kreis der oktroipflichtigen Gegenstände, über die Höhe der Abgaben und
die Dauer der Steuererhebung hat ein Gemeinderatsbeschluß zu ergehen (§ 66 Gem O.), welcher der
landesherrlichen Genehmigung bedarf #é.
beiden begutachtet und an den Bezirksrat übersandt. Gegen die Entscheidung dieses ist Rekurs an
den Kaiserl. Rat zulässig.
21 Vr dazu Leoni-Mandel S. 83 f.; Bruck I S. 331 f.; vor allem Rosenberg in
Els.ol. 3 Bd. 36 S. 421 f.; neuerdings noch Jeröme Levy, Das Oktroi in E.-L. 1913.
2 Rosenberg, a. a. O. S. 424 f. und die dortselbst Zitierten.
22 Eine consommation locale kommt sonach nicht in Frage, wenn 1. Brennmaterialien und
Rohstoffe in Fabriken verbraucht und verarbeitet werden; 2. wenn fertige Verbrauchsgegenstände
ihrer Bestimmung gemäß nicht verbraucht, sondern nur abgenutzt werden (Möbel); 3. wenn Steine
und Baumaterialien zum Bau bzw. zur Unterhaltung von Staats-, Bezirks-, Vizinalstraßen für
den großen Verkehr oder von Pmeinfamem Interesse verwendet werden, weil sich diese naturgemäß über
den Oktroibezirk hinaus erstrecken; 4. wenn Röhren usw. zum Bau von Wasserleitungen verwendet werden
(aus dem gleichen Grund wie zu 3.); 5. wenn Waren durch den Oktroibezirk nur hindurchgeführt werden;
6. wenn Eisenbahnschienen, Holzschwellen usw. zum Bau eines tramway inter communal (Gegensatz:
urbain) verwendet werden. 7. Bezüglich der Eisen bahnen gilt nach Art. 13 Abs. 1 des Dekrets v.
12. Febr. 1870 grundsätzlich das gleiche; indessen hat die Rechtsprechung als Gegenstände der consomma-
tion locale das Baumaterial für ein Stationsgebäude, die Scheiben für ein Glasdach, die Platten
für einen Bahnsteig usw. bezeichnet. Vgl. Rosenberg S. 429 f.; O. L.G. Colmaz v. 17. März 1911,
Els.-I. Z. 37 S. 337 f.
“ Vagl. O.L.G. Colmar v. 17. März 1911, Els.-l. Z. 37 S. 289.
25 Besteuert wird entweder das introduire oder das récolter oder das préparer ober das
fabriquer oder das abattre (O. L.G. Colmar a. a. O.). Art. 24 Ord. v. 9. Dez. 1814. Diese Be-
stimmung ist indessen eine Ausnahmevorschrift, die an der eigentlichen rechtlichen Natur des Oktrois
als Einfuhrzoll nichts ändert; es soll dadurch nur verhütet werden, daß der Einfuhrzoll wie ein
Schutzzoll wirkt. (Val. Dekret v. 12. Febr. 1870 Art. 10 u. Carpentier, R6p. gén. v. Octroi,
Nr. 30.)
*# Gem.O. § 74 Z. 1; Ver. v. 23. Nov. 1907 (N.G.Bl. 1907 S. 760). Zu einem Gemeinde.
ratsbeschluß, der die Aufhebung oder die Hrabsetun der Oktroigebühren zum Ge ensstand hat, wird
die Genehmigung durch Verordnung des Bezirkspräsidenten erteilt. § 75 Z. 3 Gem O.
Gleichzeitig mit der Einführung der Oktroipflicht muß der Gemeinderat eine Steuerordnung
(Oktroireglement) beschließen, welche ebenfalls der Genehmigung unterliegt.
Nur diejenigen Waren unterliegen dem Oktroi (oder der event. Nachsteuer), welche am Tage
der Verkündigung des Reglements bei dem Gewerbetreibenden und im Handel vorhanden waren.
Diejenigen Waren also, die an dem genannten Tage im Besfitze von Privatpersonen sich befanden,
bleiben steuerfrei. O.L.G. Colmar v. 23. Juni 1911, Els.--l. Z. 37 S. 289.