180 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. 14
B. Die Gemeindeausgaben. Sie werden unterschieden in notwendige
(Pflicht-) und freiwillige Ausgaben. Die Erfüllung der ersteren kann durch die
Gemeindeaufsichtsbehörde im Wege der Zwangsetatisierung erzwungen werden "“5.
(§ 731 Gem O.).
Werden die Mittel zu freiwilligen Ausgaben nicht bewilligt, so kann der
Bürgermeister die Entscheidung der Gemeindeaufsichtsbehörde einholen; bis zum Ein-
treffen derselben kann der in Frage kommende Beschluß nicht ausgeführt werden
(§ 55 II Gem O.). ·
Die Anweisung zur Leistung sämtlicher Ausgaben erfolgt durch den Bürgermeister
oder seinen Vertreter. Im Falle der Weigerung des Bürgermeisters oder seines Ver-
treters die Anweisung zu erteilen, erfolgt dieselbe durch die Gemeindeaufsichtsbehörde “.
Die tatsächliche Leistung der Ausgaben bewirkt der Gemeinderechner.
§ 44. Das Gemeindebudget und das Gemeinderechnungswesen. I. Die
Grundlage der gesamten Einnahmen= und Ausgabenwirtschaft der Gemeinde bildet das
Gemeindebudget. Die Budgetperiode ist eine einjährige und läuft vom 1. April
bis 31. März nächstfolgenden Jahres; das Rechnungsjahr wird benannt nach dem
Jahre, in dem der größte Teil der Periode liegt 1. Einnahmen und Ausgaben, deren
Veranlassung innerhalb der Budgetperiode liegt, dürfen bis zum 30. Juni (Final-
abschluß) auf die im Budget vorgesehenen Posten bewirkt werden; nach diesem Zeit-
punkt fällig werdende Einnahmen und Ausgaben gehören dem neuen Rechnungsjahr
ohne weiteres an.
Für das Gemeindebudget gelten nach Form und Inhalt die allgemein sür alle
Budgets geltenden Vorschriften?. Die Aufstellung des Budgets erfolgt durch den
Bürgermeister (§ 64 Gem.O.), seine Festsetzung durch den Gemeinderat. Eine Ab-
schrift ist der Aufsichtsbehörde vorzulegen 3. Innerhalb der Schranken des Budgets
handelt der Bürgermeister frei von finanzieller Verantwortlichkeit. Ausgaben, welche
sich abweichend vom Budget nachträglich als notwendig erweisen, müssen in ein sogenanntes
Ergänzungsbudget aufgenommen werden, welches auch etwaige weitere Einnahmen,
insbesondere Einnahmenüberschüsse des letzten Rechnungsjahres zu enthalten hat.
Wenn auch grundsätzlich eine in der der Gemeinde verliehenen Finanzgewalt
enthaltene Verpflichtung zur Erhebung der Steuern und Gebühren besteht, so ist es
doch denkbar, daß durch Gemeinderatsbeschluß" im einzelnen Falle oder für eine
Gruppe gleichliegender Fälle die Steuern oder Gebühren niedergeschlagen oder er-
mäßigt werden.
Ist am 1. April d. J. das Gemeindebudget nicht fertiggestellt, so können
jedenfalls die dem Grunde und der Höhe nach feststehenden Pflichtausgaben ohne
weiteres geleistet werden 5; bezüglich anderweitiger Pflichtausgaben ist seitens des
Bürgermeisters bei der Rechnungslegung der Nachweis zu erbringen, daß sie auch der
Höhe nach gerechtfertigt waren; bei freiwilligen Ausgaben ist eine nachträgliche
Rechtfertigung nach Grund und Höhe erforderlich. Die Erhebung der Einnahmen
erfolgt mit Ausnahme der Zuschläge zu den Staatssteuern unabhängig von einem
Gemeinderatsbeschluß.
II. Das Rechnungs= und Kassenwesen besorgt der Gemeinderechner.
(§§ 26, 25, 67 Gem.O.). Ein besonderer Gemeinderechner versieht dieses Amt jedoch
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“ DBgl. oben S. 147f. Ist die Deckung der fraglichen Ausgaben nur durch Zuschläge möglich,
und müssen solche zu mehr als 99% erhoben werden, so ist in kleineren Gemeinden zu der dies-
bezüglichen Anordnung der Kreisdirektor zuständig
* Vgal. 8§§ 2, 3 der Anweisung über das Gemeinderechnungswesen v. 30. März 1896.
[§ 44) 1 Bek. v. 12. April 1898 (Centr. Bl. S. 163). 2 Vgl. Bruck I S. 345.
2 In den kleinen Gemeinden bedarf der Beschluß, durch den das Budget festgesetzt worden
ist, der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. & 76 Nr. 1 Gem. O. — Bezüglich der großen Ge-
meinden kommt der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf § 72 Gem.O. ein gewisser Einflh namentlich
nach der Richtung zu, ob Gesetzesverletzungen in Frage kommen.
Nicht aber vertragsmäßig. Vgl. Halley S. 204; Bruck I S. 349.
5 So schon Art. 35 Ges. v. 18. Juli 1835.