182 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. 8 45
aufgehoben und an ihrer Stelle Verwaltungedistrikte mit der Bezeichnung départements eingeführt
wurden. Ursprünglich besaßen die Departements keine Rechtspersönlichkeit; eine solche ergab sich
auch nicht nach dem die Verwaltung der Bezirke regelnden Gesetz vom 28. pluv. VIII; auch der
Code civil erwähnt die départements nicht neben den Gemeinden als juristische Personen. In-
dessen war der Keim zu ihrem Selbständigwerden schon damals dadurch gegeben, daß fie selbst die
der Departementsverwaltung gewidmeten Gebäude zu unterhalten hatten, daß die Ausgaben des
Staates und der Departements getrennt verwaltet wurden, und daß in der Form des Generalrats
(conseil général) von vornherein ein Organ geschaffen war, das die Interessen der Departements-
bewohner zu wahren hatte #. Das Dekret vom 9. April 1811, welches den Departements die zu
Verwaltungszwecken notwendigen Gebäude zu Eigentum überwies, bedeutete in dieser Hinsicht einen
weiteren Fortschritt, bis das Gesetz vom 10. Mai 1838 endgültig zugunsten der Rechtspersönlichkeit
des Departements entschied“.
Die Bezirke sind wie die Gemeinden als Selbstverwaltungskörper einer gewissen staatlichen
Aussichtsgewalt unterworfen, die indessen, namentlich durch das Gesetz vom 18. Juli 1866, erheblich
eingeschränkt worden ist.
I. Der Bezirkspräsident und der aus allgemeinen direkten Wahlen hervor-
gehende Bezirkstag sind die gesetzlichen Organe der Bezirksverwaltung als solcher.
Daneben ist der Bezirkspräsident auch Staatsbeamter und repräsentiert in dieser
Eigenschaft den Bezirk als Staatsverwaltungsdistrikt. Im Gegensatz zum Bürgermeister
ist aber der Bezirkspräsident auch als Organ des Bezirks als Selbstverwaltungskörper
Staatsbeamter und an die Weisungen des Ministeriums gebunden 3. Die Rechte ung
Pflichten des Bezirkspräsidenten als Landesbeamter bestimmen sich nach dem Be-
amtengesetz.
1. Als Bezirksorgan ist der Bezirkspräsident der „représentant des in-
téréts départementaux“; er vertritt den Bezirk nach außen und insbesondere in
Prozessen. Er ernennt die Bezirksbeamten, soweit sie nicht gleichzeitig Staatsbeamte
sind; er bereitet die Bezirkstagsverhandlungen vor und leitet sie; auch hat er die vom
Bezirkstag gefaßten Beschlüsse auszuführen. Die Beschlußfassung des Bezirkstages ist
in allen Angelegenheiten von finanzieller Tragweite erforderlich.
2. Als Staatsorgan übt der Bezirkspräsident alle diejenigen Funktionen
aus, welche früher dem Präfekten zustanden. Indessen ist seine in Art. 3 des Gesetzes
vom 28. pluv. VIII mit den Worten: „le prefet sera chargé seul de l’admini-
stration“ tressend gekennzeichnete Stellung unter deutscher Herrschaft immer mehr zu-
gunsten des Ministeriums und der Kreisdirektoren geschmälert worden 6.
2 An der Spitze der généralités standen die königlichen Intendanten, deren Machtbefugnisse
diejenigen der Präfekten weit überschritten; der Intendant nannte sich intendant de justice police
et finance. Er war nach dem König der typischste Vertreter des „ancien régime“.
8 Dekr. v. 22. Dez. 1789 Sekt. III Art. 1 Z. 4; Ges. v. 28. pluv. VIII Tit. II Art. 6.
4 Die Gesetzgebung der Bezirke (départements) als Selbstverwaltungskörper ist in folgenden
- enthalten: v. 22. Juni 1833 über die Einrichtung der Generalräte u. Kreistage, v. 10. Mai
1 über die Befugnisse derselben, v. 3. Juli 1848, v. 7. Juli 1852 u. v. 18. Juli 1866. Unter
deutscher Herrschaft sind hinzugekommen das Gesetz v. 24. Jan. 1873, betr. die Bezirks= und Kreis-
vertretungen und die Wahlen für die Gemeinderäte; vgl. dazu § 1 Ver. v. 28. April 1876.
5. Tritt eine Pflichtenkollision in der Person des Bezirkspräsidenten hinsichtlich der Staats-
und der Bezirksinteressen ein, z. B. im Falle eines Prozesses, so hat der Bezirkspräfident den Staat
und sein amtlicher Stellvertreter den Bezirk zu vertreten. Leoni-Mandel S. 88; Ges. v. 28. pluv.
VIII Tit. 2 Art. 3; Ges. v. 10. Mai 1838 Art. 3—5; Ges. v. 18. Juli 1866 Art. 1—3.
* Die bschaffung der Bezirke als Staatsverwaltungedistrikte ist schon längere Zeit "er
plaut und wäre auch im Interesse der Vereinfachung und Verbilligung des Verwaltungsapparates
zu begrüßen. # 6 v *.5. 6 6 «
Durch folgende Gesetze sind bisher die Befugnisse der Bezirkspräfidenten verringert worden:
Ges. v. 30. . 1871 überträgt die Verwaltung der Zölle, der Verbrauchssteuern, der Enrezistre
ments einem besonderen Direktor, der durch Ges. v. 27. Febr. 1884 dem Ministerium unmittelbar
unterstellt wird; Ges. v. 16. Dez. 1873 bezeichnet das Ministerium als Oberbergbehörde; Ges. v.
30. Dez. 1871 § 6 Z. 3 überträgt die Verwaltung der Strombauten des Rheins, der Mosel sowie
der Schiffahrtskanäle dem Ministerium: durch das Etatsgesetz v. 30. März 1896 (G.Bl. S. 5) § 12
werden dem Bezirkspräsidenten weitere Befugnisse bezüglich der direkten Steuern genommen: Ges. v.
19. April 1886 (G. Bl. S. 59) § 1 beseitigt die Mitwirkung der Bezirkspräsidenten bei der Ver-
waltung und Beaufsichtiguung der Strafanstalten sowie der Untersuchungs= und Bezirksgefängnisse.
Durch Ges. v. 22. April 1902 (G. Bl. S. 31) wird die Zuständigkeit der Bezirkspräfidenten in
Wasser= und Meliorationsangelegenheiten vermindert usw.