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bestimmt. Die Einberufung muß schon mit Rücksicht auf das zu beratende Bezirks-
budget jährlich mindestens einmal erfolgen. Die Sitzungen zerfallen in ordentliche
und außerordentliche, in denen gleichmäßig alle Bezirksangelegenheiten verhandelt
werden können “.
Die Auflösung des Bezirkstags erfolgt durch Kaiserliche Verordnung; binnen
drei Monaten nach dem Tage der Auflösungsverfügung haben Neuwahlen statt-
zufinden 25.
4. Die Verhandlungen zum Bezirkstage sind nicht öffentlich: # Dem Bezirks-
präsidenten und den von ihm bezeichneten Personen ist es jedoch ausdrücklich gestattet,
den Sitzungen beizuwohnen; auch muß der Bezirkspräsident auf sein Verlangen gehört
werden. Bei der Genehmigung der Rechnungslegung hat er sich jedoch zurückzuziehen.
Die Eröffnung und Schließung der Sitzung erfolgen durch den Bezirks-
präsidenten, der auch bei der Eröffnung die Kaiserliche Verordnung über die Berufung
des Bezirkstags zu verlesen und neueintretende Mitglieder zu vereidigen hat.
Zur Beschlußfähigkeit des Bezirkstages ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte
der gesetzlichen Anzahl von Mitgliedern anwesend ist. Auf Antrag von mindestens
vier anwesenden Mitgliedern muß geheime Abstimmung erfolgen 27. Über die Ver-
handlungen, die grundsätzlich in deutscher Sprache zu führen sind?s, wird ein Proto-
koll geführt; außerdem wird ein täglicher Sitzungsbericht abgefaßt.
5. Die Zuständigkeit der Bezirkstage ist eine festumgrenzte und beschränkt
sich auf Beschlußfassung.
Die Beschlüsse können sein endgültige (décisions definitives), genehmigungs-
bedürftige (d. soumises à approbation), begutachtende (avis) und schließlich solche,
welche Wünsche (veeux) des Bezirkstages zum Ausdruck bringen ??. Die Zahl der
endgültigen Beschlüsse ist die überwiegende; die Genehmigung der nicht endgültigen
Beschlüsse wird vom Ministerium oder durch eine Kaiserliche, vom Statthalter zu voll-
ziehende Verordnung erteilt 36.
Hauptgegenstand der Beschlußfassung des Bezirkstages ist die Verwaltung des
Bezirksvermögens; die diesbezüglichen Beschlüsse sind endgültige.
Im einzelnen gehören zur selbständigen Beschlußfassung des Bezirkstages: 1. die
Verfügung über das bewegliche und das unbewegliche Vermögen des Bezirks, einerlei,
ob es sich um öffentliches oder privates Gut handelts!, ferner jede Bestimmungs-
änderung der Gebäude des Bezirks mit Ausnahme der Gebäude der Bezirkspräsidien,
Kreisdirektionen und Landgerichte 332; 2. die Art und Weise der Verwaltung des Be-
zirkseigentums, insbesondere die auf die Pacht und Miete bezüglichen Bestimmungen;
3. die Versicherung der Bezirksgebäude; 4. die Entwürfe, Pläne und Voranschläge
zu allen Bezirksarbeiten und -unternehmungen, die Klassierung, Deklassierung, Richtung
! Bruck I S. 372 Note 5. Berät oder beschließt der Bezirkstag über nicht zu seiner Zu-
ständigkeit HBehörige Angelsgenheiten, sa so hat das keine rechtliche Bedeutung.
rt. 9 Ges. Juni 1833.
?6 Jeder Bezirksbewohner oder Steuerpflichtige ist befugt, von den Beschlüssen des Bezirkstags
an Ort und Stelle Einsicht zu nehmen und sich ch Mbschrift zu fertigen. Art. 3 Ges. v. 23. Juli 1870.
:7 Art. 13 Ges. v. 22. Juni 1833.
28 Nur für den lothringischen Be Prkstag kann Durch Lerorhuun des Ministeriums der Mit-
gebrauch der französischen Sprache gestal et werden. es. v. 24. Jan. 1873.
½ Das Recht der endgültigen Beschlußfassung en die Bezirkstage erst durch Ges. v. 18. Juli
1866 erhalten (das französische fin E.-L. nicht geltende] Ges. v. 18. Aug. 1871 hat die Befugnisse
der conseils généraux zur endgültigen Beschlußfassung noch bedeutend erweitert). Das Ges. d
10. Mai 1838 gab den 1veuseil généraux nur die beratende Beschlußfassung (déeliberakione) 4##
Haurion S. 333; Dufour, Traité général de droit admin. appliqué, Bd. IV S 0 f.;
Leoni-Mandel S. 93 N. 7.
30 Als Beispiel für die endgültige Beschlußfassung sei erwähnt die Bestimmungsänderung
von Gebäuden (Art. 1 Nr. 4 Ges. v. 18. Juli 1866) und für die genehmigungsbedürftige Beschluß-
faffung das Budget, die Aufnahme von Anleihen.
1 Zu ersterem gehören beispielsweise die Bezirksstraßen, zu letzteren die einem öffentlichen
Dienst gewidmeten Gebäude.
* Bezüglich dieser Gebäude a gorzeit nicht Etatsfragen in Betracht kommen, das Ministerium
zuständig. Leoni-Mandel S. 9