Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

186 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. 8 45 
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der Bezirks= und Vizinalstraßen von gemeinsamem Interesse, die Bezeichnung der Ge- 
meinden, welche zu ihrer Unterhaltung beitragen müssen, ferner die Anerbieten von 
Gemeinden, Genossenschaften und Privaten, zu der Ausgabe für diesbezügliche Arbeiten 
und Unternehmungen beizutragen; 5. die Verwendung verfügbarer Gelder, die von 
Anleihen oder außerordentlichen Zuschlägen herstammen. 6. Die Einnahmen und Aus- 
gaben der Irrenanstalten, die Genehmigung der mit öffentlichen oder Privatirren- 
anstalten geschlossenen Verträge; 7. die Bezirkswaisenpflege; 8. die Erhebung von 
Klagen und die Einlassung auf solche im Namen des Bezirks 35, ferner die Vergleiche 
und Schiedsverträge im Namen des Bezirks; 9. die Annahme oder Ausschlagung 
von Schenkungen oder Vermächtnissen unter 5000 Mark sowie von solchen über 
5000 Mark, sofern dieselben nicht mit Lasten verbunden sind, keine Belastung von 
Liegenschaften mit sich bringen und keine Beschwerden der Erben veranlassen 3“. 
Die vorerwähnten, vom Bezirkstage endgültig gefaßten Beschlüsse sind voll- 
streckbar, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Sessionsschluß wegen Kompetenz- 
überschreitung oder Gesetzesverletzung durch eine landesherrliche, vom Statthalter zu 
vollziehende Verordnung für ungültig erklärt sind:5. 
Außerdem kann die Ausführung der Beschlüsse, soweit sie Bezirksarbeiten, Be- 
zirks= und Vizinalstraßen, die Irrenanstalten und die Bezirkswaisenpflege betreffen, 
durch ein binnen zwei Monaten zu erlassendes landesherrliches Dekret auf unbestimmte 
Zeit aufgeschoben werden 36. 
Daß der Bezirkstag über die Einnahmen und Ausgaben des Bezirks (Budget) 
im allgemeinen zu beschließen hat, bedarf keiner besonderen Erwähnung; es gelten hier- 
für die gewöhnlichen Grundsätze. 
6. Als begutachtende Koörperschaft äußert sich der Bezirkstag a) über die 
beantragte Anderung der Bezirks-, Kreis-, Kantons= und Gemeindegrenzen sowie über 
die Bestimmung über ihre Hauptorte 37; b) über alle Gegenstände, deren Begutachtung 
ihm gesetzlich obliegt oder seitens der Verwaltung verlangt wird; c) über den Erlaß 
gewisser Polizeiverordnungen 8; d) über Streitigkeiten wegen Verteilung von Ausgaben 
für Unternehmungen, welche mehrere Gemeinden angehen . 
7. Gewisse autonome Befugnisse hat der Bezirkstag beispielsweise hinsichtlich 
gewerblicher Gegenstände. 
8. Der Bezirkstag hat weiterhin Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung, 
insbesondere Ernennungsbefugnisse; so wählt er die Enteignungsgeschworenen 
(§ 3 Gesetz vom 20. Juni 1887), das bürgerliche Mitglied der Oberersatzkommission 
(§ 30 R. Mil. Ges. vom 2. Mai 1874), ein Mitglied (und dessen Stellvertreter) des 
Schauamts, das zur Ausführung der durch Gesetz vom 5. April 1880 vorgeschriebenen 
Untersuchung der Zuchthengste für jeden Bezirk gebildet ist“!, drei Mitglieder des 
33 In dringlichen Fällen kann der Bezirkspräfident ohne vorherige Ermächtigung des 
Bezirkstages prozessieren. Art. 36 Ges. v. 10. Mai 1838. Bei Klagen gegen den Bezirk ist die 
Einreichung einer Denl#chritt erforderlich (deine Ausnahme gilt für Besitzklagen), welche den Lauf 
de, Verjährung unterbricht. Die Klage darf erst zwei Monate nach Einreichung der Denkschrift er- 
oben werden. 
# 3“ Art. 1 Ziff. 5 Ges. v. 18. Juli 1866. Vgl. Molitor-Stieve S. 40 f.; Kisch S. 141. 
Liegen die oben bezeichneten besonderen Voraussetzungen vor, so ist die Genehmigung des Ministeriums, 
7 diejenige des Bezirkspräsidenten erforderlich. Die Genehmigung im Sinne des Art. 86 E.G. 
B.G.B. ist ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt, der durch eine amtlich kundgemachte Verfügung. 
auf welche die vom bürgerlich-rechtlichen Standpunkte aus Interessierten keinen Einfluß haben, zu- 
ande kommt. 
!6 Art. 14 Ges. v. 22. Juni 1833; Art. 3 Ges. v. 18. Juli 1866. Ist der Beschluß noch 
nicht ausgeführt, 8 ist auch eine spätere Nichtigkeitserklärung noch möglich. 
36 Nach Ablauf der zwei Monate ist ein derartiges aufschiebendes Dekret, das nicht nur aus 
Rechts-, sondern auch aus Zweckmäßigkeitsgründen erlassen. werden kann, nicht mehr möglich. Art. 1 
Ges. v. 18. Juli 1866. :37 Art. 6 Ges. v. 10. Mai 1838; § 3 Gem.O. 
as BB B. § 49 Feldpolizeistrafgesetzbuch v. 9. Juli 1888. 
39 Syndikatsgesetz v. 11. Juni 1902 (G.Bl. S. 55). 
•0 § 142 Gew.O.; Bek. d. Min. v. 23. März 1892 (Centr. Bl. S. 171). Die betreffenden 
statutarischen Bestimmungen unterstehen der Genehmigung des Bezirkspräsidenten und können bei 
Gesebesverlethung vom Ministerium aufgehoben werden. s 1 S. 376. 
*1 § 1 Abs. 4 Ges. v. 3. Mai 1880 (G.Bl. S. 117).
	        
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