Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

194 Dritter Teil. Die Selbstverwaltungskörper. § 47 
  
§ 6 A.G. B. G. B. sind unberührt geblieben diejenigen Vorschriften, welche den entgeltlichen 
Erwerb der juristischen Personen des öffentlichen Rechts von staatlicher Genehmigung abhängig 
machen 20. Außerdem haben ihre Geltung behalten diejenigen landesgesetzlichen Bestimmungen, welche 
gewissen Frauenkongregationen und religiösen Genossenschaften sowie genehmigten Hilfskassen über- 
haupt den Erwerb von Todes wegen unter Universaltitel bzw. den Eigentumserwerb an Grundstücken 
untersagen. 
b) Bezüglich der gemeinnützigen Anstalten (ét. chutilité public) gelten hinsichtlich der 
Erwerbsbeschränkungen grundsätzlich die gleichen Bestimmungen. Durch die Erklärung der Gemein- 
nützigkeit kommt die gemeinnützige Anstalt zur Entstehung und wird dadurch eine juristische Person 
des Privatrechts, und zwar war nach französischem Recht die Gemeinnützigerklärung durch das Staats- 
oberhaupt die einzige Form für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit. Für die vor 1900 auf diese 
Weise entstandenen juristischen Personen blieb gemäß Art. 82 E.G. B. G. B. auch nach Einführung 
des bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich das frühere Landesrecht maßgebend, insbesondere 
die Bestimmungen der jederzeitigen Widerruflichkeit der Gemeinnützigkeit und der Genehmigungs- 
pflicht bei Satzungsänderungen. Um der dadurch hervorgerufenen Unsicherheit, aber auch der Rechts- 
ungleichheit gegenüber den nach 1900 zur Entstehung gelangten juristischen Personen zu begegnen, 
hat die Novelle zum A.G. B. G. B. von 1910 im § 7 a8 bestimmt, daß die Verleihung der Rechts- 
fähigkeit an einen Verein sowie die Genehmigung einer Stiftung nicht zurückgenommen werden kann #7. 
Die Organisation und der Zweck der gemeinnützigen Anstalten ist in ihren Statuten ent- 
halten, die zugleich mit der die Gemeinnützigerklärung aussprechenden landesherrlichen Verordnung 
genehmigt worden sind. Die Aufsicht über die gemeinnützigen Anstalten ist, wie bereits oben hervor- 
gehoben, nicht die vormundschaftliche (tutelle administrative), sondern die polizeiliche. Welchen 
Umfang dieselbe annimmt, richtet sich je nach dem Inhalt des Verleihungsaktes?5. Die in den 
Satzungen älterer Vereine vielfach vorhandenen rechtlichen Beschränkungen haben auch unter der 
Herrschaft des B.G. B. Geltung behalten und zwar auch Dritten gegenüber 3"0. Dagegen sind Satzungs- 
bestimmungen, die gegen zwingendes Recht des B.G. B. verstoßen, hinfällig geworden. Die gemein- 
nützigen Anstalten stehen nicht unter dem öffentlichen Vereinsrecht; ihre Auflösung kann nur durch 
die Zurückziehung der landesherrlichen Genehmigung erfolgen. 
Ein „gemeinnütziger“ Verein des alten Rechts kann, wenn er seinem Zwecke nach unter § 21 
B. G. B. fällt, seine Eintragung in das Vereinsregister verlangen; dadurch tritt er vollständig unter 
die Bestimmungen des B.G.B. Da aber ein solcher Schritt des Vereins eine Satzungsänderung, 
bedeutet, bedarf es hierzu der erforderlichen Genehmigung. Dagegen ist es seit 1900 nicht mehr 
möglich, Vereinen mit idealem Zweck die Rechtsfähigkeit durch Erklärung der Gemeinnützigkeit zu 
verleihen 25. 
20 Solche Vorschriften gelten für kirchliche Anstalten (Dekr. 30. Dez. 1809 Art. 63, Dekr. 
16. Juli 1810 Art. 1 f., Ges. 2. Jan. 1817 Art. 2, Ges. 24. Mai 1825 Art. 4 Z. 2), für Spitäler 
und Pflegehäuser (Ges. v. 7. Aug. 1851 Art. 9 Abs. 3, Art. 10), für Armenräte (Dekr. 13. April 
1861 Art. 6 Z. 18 Tab. A 48). Molitor- Stieve S. 43. 
21 Ges. v. 24. Mai 1825 Art. 4 Nr. 1, Art. 5. Ges. v. 26. März 1852 Art. 8. 
22 Molitor-Stieve, S. 51, 15. Die Genehmigung der Satzungsänderung ist geblieben: 
sie deckt sich überdies mit § 33 Abs. 2 B.G.B. Vgl. auch Art. 163 E.G. B. G. B., wonach also 
auf die Organwsation und den Verlust der Rechtsfähigkeit, nicht auch auf die Entstehung derselben 
nach 1900 die Vorschriften des B.G. B. gelten. 
2 Eine Genehmigung zur Prozeßführung ist nicht erfordert. 
2" So Kisch S. 114 Nr. 3. 
:5 Molitor-Stieve S. 15. Auf Aktiengesellschaften, eingetragene Genossenschaften und 
Gesellschaften mit beschränkter Haftung findet die Vorschrift des § 6 I A.G. B.G.B. keine Anwendung. 
taatsfremde deutsche und ausländische juristische Personen genießen auch in E.-L. Rechts- 
persönlichkeit. Für E % Zuwendungen aus dem Lande an fsie bedarf es ebenfalls der Ge- 
nehmigung nach § 6 A. G. B.G. B. Leoni-Mandel S. 103, Molitor-Stieve S. 89.
	        
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