Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 52 Organisation und Kosten der Polizeiverwaltung. 201 
  
scheidung zwischen gerichtlicher und Verwaltungspolizei als von Erheblichkeit. Im 
Interesse strafrechtlicher Verfolgung dürfen in einer Privatwohnung auch zur Nacht- 
zeit im Rahmen des § 104 Strafprozeßordnung gewisse polizeiliche Handlungen vor- 
genommen werden. 
Auch die Inhaber der dem Zutritt des Publikums offenstehenden Lokale, wie 
Verkaufsläden, Wirtschaften, unterstehen dem Schutze des Hausfriedens; so lange diese 
Lokale jedoch offenstehen, können sie auch von Polizeibeamten betreten werden 12. Die 
Räumlichkeiten geschlossener Vereine und Gesellschaften gelten als Privaträume. 
§52. Organisation und Kosten der Polizeiverwaltung. A. Man unter- 
scheidet allgemeine und besondere Polizeiorgane, je nachdem ihnen die gesamte 
Polizei, insbesondere Sicherheitspolizei, oder die Polizei für einzelne Verwaltungszweige 
übertragen ist. 
Im allgemeinen deckt sich die Organisation der Polizei mit der inneren Ver- 
waltung. Die Bürgermeister, Kreisdirektoren, Bezirkspräsidenten sind als Organe der 
inneren Verwaltung auch solche der Polizeiverwaltung 1. Für das dienstliche Verhältnis 
zwischen den staatlichen Behörden und der örtlichen Polizeiverwaltung der Bürger- 
meister sind nicht die Bestimmungen über Gemeindeaufsicht, sondern die Anordnungen 
des Ministeriums maßgebend 2. 
Die Polizei bedient sich zur Durchführung ihrer Aufgaben eigener Vollzugsorgane; 
es sind dies in Elsaß-Lothringen: die Gendarmerie, die militärisch organisierte Schutz- 
mannschaft der drei Städte Straßburg, Metz, Mülhausen und das polizeiliche Exekutio- 
personal der Gemeinden, wie Gemeindepolizeidiener, Feldhüter usw.; besonders hervor- 
zuheben sind noch die Grenzpolizeikommissare. 
I. Die Gendarmerie. Sie bildet eine Landeseinrichtung Elsaß-Lothringens 
und ist hauptsächlich Organ der Landespolizei. Wie in den Bundesstaaten, so bildet 
sie auch hier keinen Teil der Organisation des Reichsheeres; sie ist aber militärisch 
organifiert?, was Okonomie, Disziplin und innere Verfassung anlangt, und untersteht 
in dieser Beziehung der oberen Aufsicht des kommandierenden Generals des 15. Armee- 
korps in Straßburg . Was ihre dienstlichen Verrichtungen anlangt, so ist die Gen- 
darmerie dem Ministerium untergeordnet, welches des näheren die Zivilbehörden be- 
zeichnet, zu deren Verfügung die Gendarmen und Oberwachtmeister stehen (§ 3 Gesetz 
vom 20. Juni 1872). 
Die Gendarmerie ist als Brigade formiert mit einem Brigadier an der Spitze; 
außerdem besteht sie aus dem Adjutanten, 5 Distriktsoffizieren, 21 Oberwachtmeistern 
und 410 berittenen und Fußgendarmen. Daneben können im Bedürfnisfalle Hilfs- 
gendarmen eingestellt werden (§ 4 zit.). Die Anstellung der Offiziere erfolgt durch 
den Kaiser; durch die Anstellung erwerben die Offiziere die elsaß-lothringische Landes- 
angehörigkeit (§ 9 Gesetz vom 1. Juni 1871). Die Anstellung der Gendarmen und 
Oberwachtmeister erfolgt durch den Brigadier, jedoch hat die Zivilbehörde ein Veto- 
recht 5ö. Die Gendarmen haben zwar bei Dienstantritt den Diensteid der Beamten zu 
12 Leoni-Mandel S. 110. Werden se ichosen. o gelten für sie die e allgemeinen Grund- 
sätze. Ges. v. 22. Juli 1791 Art. IX; Kass. v. 12. Nov. 1840; Batbie II S. 871. 
6 528.66 können jedoch auch besondere Organe * sein, z. . die Polizeidirektionen in Straß- 
urg, 
2 Gem.O. §§ 71, 16. In der Regel ist der Kreisdirektor in polizeilicher Baizung ver Vor- 
eseßte. Ausnahmen bilden das polizeiliche Verordnungsrecht § 72 Abs. 3 Nr. 2: „Zum Erlaß von 
Peiebte. Ausnahme an Stelle des Bürgermeisters ist weder die Gemeindeauffichthdehörde noch die 
vorgesetzte Verwaltungsbehörde des Bürgermeisters befugt“, und ferner die Frstlehung der der Uusgaben 
für die Ortspolizei. Gem.JO. §§ 65 Z. 6 u. 73; Leoni-Mandel S. 71 N. 4 u 
* Nach dem im wesentlichen nach den preußischen Bestimmungen über die uune Sell 9 —S 
neuen Landesteilen (pr. Ver. v. 3. Mai 1867) nachgebildeten Gesetz vom 20. Juni 1872 (G. Bl. 
S. 441). Leoni-Mandel e "112. 
Die Offiziere der Gendarmerie find überdies ihren militärischen Vorgesetzten untergeordnet, 
können aber in wichtigen Fällen zur Anführung eines Kommandos oder zu anderen Dienstleistungen 
für die Zivilbehörden kommandiert werden; alsdann find die Anordnungen der letzteren für sie maß- 
gebend. (Dienstvorschriften § 28.) Leoni. Mandel S. 114. 
* Ver. v. 2. Febr. 1890, Armeeverordnungsbl. S. 20. Nach Leoni-Mandel (S. 112 N. 7)
	        
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