Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

220 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 56 
  
  
2. Es besteht nach § 10 Preßgesetzes eine Verpflichtung des verantwortlichen 
Redakteurs einer jeden periodischen Druckschrift, welche Anzeigen aufnimmt, die ihm 
von öffentlichen Behörden mitgeteilten amtlichen Bekanntmachungen auf deren Ver- 
langen gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren in eine der beiden nächsten 
Nummern des Blattes aufzunehmen. 
3. Von besonderer Wichtigkeit ist die Berichtigungspflicht der Presse 
(§ 11). Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift ist nämlich ver- 
pflichtet, eine Berichtigung?" der in letzterer mitgeteilten Tatsachen 23 auf Verlangen 
einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder Weg- 
lassungen aufzunehmen, sofern die Berichtigung von dem Einsender unterzeichnet ist, 
keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche Angaben beschränkt. Der Ab- 
druck muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht 
bereits abgeschlossenen Nummer, und zwar in demselben Teil der Druckschrift und 
mit derselben Schrift wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels geschehen. Die 
Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu be- 
richtigenden Mitteilung überschreitet; für die über dieses Maß hinausgehenden Zeilen 
sind die üblichen Einrückungsgebühren zu entrichten ?s. 
4. Offentliche Bekanntmachungen durch die Presse sind verboten: 
a) in Zeiten der Kriegsgefahr oder des Krieges?" über Truppenbewegungen oder Ver- 
teidigungsmittel, falls der Reichskanzler eine entsprechende öffentliche Kundmachung 
erläßt Ii“ 15); b) wenn sie bezwecken, die wegen einer strafbaren Handlung erkannten 
Geldstrafen und Kosten aufzubringen (§ 16) 25; c) Üüber den Inhalt der Anklageschrift 
oder anderer amtlicher Schriftstücke eines Strafprozesses, bevor dieselben in öffentlicher 
Verhandlung kundgegeben sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat (§ 17)286. 
Weiterhin wird nach Art. 15 des Dekrets vom 17. Februar 1852 ganz allgemein be- 
straft die Veröffentlichung oder Wiedergabe falscher Nachrichten durch die Presse (vgl. 
O.L. G. Colmar vom 18. Dezember 1909, Els. -I. Z. 1911 S. 98). 
5. Das Verteilen von Druckschriften. Nach § 5 Preßgesetz kann die 
nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften durch die 
Ortspolizeibehörde denjenigen Personen verboten werden, welchen nach § 57 Nr. 1, 
2, 4, 57 a, 57b Nr. 1 und 2 Gewerbeordnung ein Legitimationsschein versagt werden 
darf?7. Nach § 30 II Preßgesetz bleibt das Recht der Landesgesetzgebung, Vorschriften 
21 Die druckfertig sein muß. R. G. v. 26. Mai 1910, E. 44 S. 5. 
22 Der Begriff der „Tatsachen“ umfaßt hier nicht nur äußere, sondern auch innere Tatsachen, 
nämlich Motive, Absichten, Ziele. L.G. Colmar v. 29. Sept. 1908, Els.-l. Z. 34 S. 442. 
:2 Die §§ 6—11 des Pr. G. finden auf die von den deutschen Reichs-, Staats= oder Gemeinde- 
behörden, von dem Reichstage oder von der Landesvertretung eines deutschen Bundesstaates (wohl 
auch Elsaß-Lothringens) ausgehenden Druckschriften, soweit sich ihr Inhalt auf amtliche Mitteilungen 
beschränkt, keine Anwendung. § 12. Desgleichen unterliegen den Bestimmungen des Pr G. nicht 
die auf mechanischem oder chemischem Wege vervielfältigten periodischen Mitteilungen, sofern fie aus- 
schließlich an Redaktionen verbreitet werden. § 13. 
24 Ganz abgesehen davon, sind die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten 
Kriegs-(Belagerungs-) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in bezug auf die Presse bestehenden 
besonderen gessi Bestimmungen in Kraft geblieben. 
75 Ebenso verboten sind öffentliche Bescheinigungen mittelst der Presse über den Empfang der 
zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge. 
6 36 S Quch die ahrkafs ige Begehung zieht Bestrafung nach sich. R.G. v. 16. April 1903, 
27 §5 Pr. G.; Strafbest. § 148 Gew.O. Vgl. die Ausf. Best. Art. 14. 
Der Begriff der „unentgeltlichen Verteilung“ war lange Zeit der Gegenstand erheb- 
licher Kontroversen zwischen dem preuß. K.G. und dem preuß. O. V.G. Nach der Ansicht des ersteren 
Gerichtshofs bestand die Unentgeltlichkeit in dem Mangel einer Vergütung für den Verteiler der 
Druckschrift (K.G. v. 30. Mai 1910, Joh. E. 37 C 6081,, nach derjenigen des preuß. O V. G. (V. v. 
24. Juni 1910, E. 57 S. 305) liegt unentgeltliche Verteilung vor, wenn der Empfänger der Druck- 
schrift kein Entgelt dafür zu zahlen hat; ob der Verteiler von seinem Auftraggeber ein Entgelt für 
das Verteilen erhält, ist gleichgültig. In einer Entsch. v. 2 Okt. 1911 (Joh. 38 Nr. 52) hat sich 
das K.G. nunmehr der allein richtigen Anficht des preuß. O. V.G. angeschlossen. Agl. Gerland, 
Pr. Verw. Bl. 33 S. 54, 818.
	        
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