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also ein unbeschränktes Genehmigungsrecht der Ortspolizeibehörde.
Die Aufsichtsbefugnis derselben beschränkt sich nicht etwa bloß auf die Erhaltung der
äußeren Ordnung und Sicherheit während der Aufführung (Festsetzung des Anfangs
und Beginns, Maßnahmen gegen Überfüllung, im Interesse der Feuer= und Bau-
polizei usw.), sondern sie erstreckt sich auch auf die Sorge für das öffentliche Wohl im
allgemeinen (Verhütung von politischer Erregung, von gewaltsamen Bestrebungen auf
sozialem Gebiet usw.). Die Ortspolizeibehörde kann nicht bloß Vorschriften bis ins
einzelne erlassen (Inhalt der Vorträge, Anzug der Schauspieler), sie kann sogar die
Vorstellung abbrechen und das Theaterlokal schließen lassen. Es besteht also in dieser
Richtung ein erheblicher Unterschied gegenüber den nach § 32 Gewerbeordnung kon-
zessionierten Schauspielunternehmern, da hier die Entziehung der Konzession nur nach
Maßgabe der §§ 53, 54 Gewerbeordnung erfolgen kann.
Theateraufführungen und sonstige Darbietungen in Privatkreisen (geschlossene
Gesellschaften) bedürfen auf keinen Fall der polizeilichen Genehmigung.
IIII. Die Abhaltung von öffentlichen Tanzlustbarkeiten richtet sich
nach den landesrechtlichen Bestimmungen (§ 33f6 Gewerbeordnung). Besondere ge-
setzliche Bestimmungen existieren nicht, es kommen nur polizeiliche Verordnungen in
Frage, für die sowohl der Bürgermeister wie der Bezirkspräsident zuständig ist s.
§ 59. Die Sicherheitspolizei gegenüber Einzelnen. I. Melde= und
Paßpflicht. 1. Das Meldewesen dient dazu, die Behörden über den Fremden-
verkehr auf dem laufenden zu halten. Die einschlägigen Vorschriften find der Landes-
gesetzgebung überlassen, und zwar auch auch in bezug auf:
A. Reichsangehörige. 1. Unmittelbar verpflichtet zur Meldung von
Fremden, einerlei, ob es sich um In= oder Ausländer handelt, sind nur Gastwirte
und diejenigen, welche gewerbsmäßig Zimmer vermieten und Fremde beherbergen. Die
Genannten haben die Fremden in ein von der Behörde kontrolliertes Register einzutragen.
Dekr. v. 6. Jan. 1864 fallen. Das L.G. Straßburg v. 22.) Febr. 1913 (gegen Lapp) C 5080/12 (in
ähnlichem Sinne Kais. Rat v. 25. Juni 1910, Sammlg. Nr. 563) hat die Frage bejaht mit folgender
Begründung: Die kinematographische Darbietung als Wiedergabe von im Zusammenhang stehenden
Peeietrad aufgenommenen Bildern in rascher Aufeinanderfolge mit dem Erfolg eines scheinbar
natürlichen Lebensvorgangs ist mit den in Art. 6 des zit. Dekrets hervorgehobenen Darbietungen
(spectachle de curiosité) verwandt und unterscheidet sich von ihnen hauptsächlich nur durch eine
durch die Errungenschaften neuerer Zeit bedingte Vervollkommnung. Der Gesetzgeber hat auch
spätere Entwicklungen dieser Gattung in den Kreis des Verbots einziehen wollen; er # deshal
huch von autres établissements du meme genre“. Das O.L.G. Colmar hat das Urteil des
.G. bestätigt.
Unter § 33a Gew.O. fallen kinematographische Aufführungen nicht, dagegen an sich unter
§ 33b Gew.O. Die sogenannten „Wanderkinematographen“ bedürfen auf alle Fälle der Erlaubnis
nach § 33b. Polizeiverordnungen, betr. die Sicherheit der kinematographischen Vorführungen, be-
stehen für den Bezirk Oberelsaß v. 1. Sept. 1910; Unterelsaß v. 1. Sept. 1910; Lothringen v.
1. Sept. 1910 (Centr. Bl. S. 195). "
Kinematographische Aufführungen unterstehen dem Zensurverbot; die Vorstellungen
gehen über ein bloßes Ausstellen von Bildern im Sinne des Preßgesetzes (8 3) hinaus; pr. O. .G.
52, 289 und v. 21. Juni 1909, Pr. Verw. Bl. 31 S. 241; Hellwig, Kinematographenzensur,
Annal. 1910 S. 32; anders verhält es sich mit Filmtiteln, sie sind Prßerzen mise, und daher
ist ein präventives Einschreiten nicht Trkaattet= ähnlich wie bei Zeitungstiteln; vgl. K.G. v. 14. April
1892, Joh. 13 S. 256; May, Pr. Verw. Bl. 1911/12 S. 718.
Zulässig find auch Vorschriften zur Uberwachung des Kinematographenbesuches durch Kinder.
Val. K.G. v. 6. März 1911, Reger 32 S. 578. Die Anordnungen beruhen auf der Sorge für die
Bewahrung der bffanwoachsenden Jugend vor Schädigungen durch den Besuch kinematographischer
Vorstellungen; die Uberwachung der Kinematographen in dieser Hinsicht gehört zu den Aufgaben der
Polizei und greist nicht in die Auffichtsrechte der Schule und des Elternhauses hinüber, da weder
den Schulbehörden noch den Eltern etwas geboten oder verboten, sondern nur den Unternehmern
kinematographischer Vorführungen Anweisungen gegeben werden, wie sie spielen dürfen.
Möglich ist auch die bedingungsweise erteilte Gfrehmigung zur Aufführung kinemato-
graphischer Vorführungen, z. B. Genehmigung mit dem Zusatz, daß Kinder nicht zur Vorstellung
zugelassen werden. K.G. v. 10. Okt. 1912, D.J.Z. 1918 S. 357. Wird die Bedingung (Auflage)
nicht eingehallten, a67 gilt die Vorstellung, nicht als genehmigt.
s Vgl. Kafsat. v. 18. Aug. 1832; Dalloz, Rép. ve Commune, Nr. 1183; Nelken
zu § 33C.
Ilschbach., Elsaß Lotwmingen. 15