Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

240 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 
g 62 
  
– — — — — — — — — — ——. — —— — 
obligatorische. Letzteres ist der Fall hinsichtlich der Anstaltspflege von hilfs- 
bedürftigen Geisteskranken, Blöden, Epileptischen, Taubstummen und Blinden, „soweit 
sie der Anstaltspflege bedürfen“ und der unheilbaren Kranken, soweit sie mit einer abschrecken- 
den oder ansteckenden Krankheit behaftet sind 3. Zur Aufnahme ist hier zunächst 
derjenige Landarmenverband verpflichtet, dem der vorläufig unterstützungspflichtige 
Ortsarmenverband angehört. Dieser kann aber von dem endgültig zuständigen Land- 
armenverband Ersatz der aufgewendeten Kosten verlangen?2“. 
Fakultatiov ist die Fürsorge für Sieche (unheilbar körperlich Kranke) und für 
Krüppel, ferner die Errichtung von Wanderarbeitsstätten und Pflegestationen. Der 
Landarmenverband muß die Fürsorge jedenfalls allen Ortsarmenverbänden abnehmen; 
er kann andererseits auch jederzeit wieder Abstand von dieser Fürsorge nehmen, in- 
dessen bleiben generelle statutarische Beschlüsse bis zu ihrer formellen Aufhebung für 
ihn bindend. 
Der Landarmenverband trägt die allgemeinen Verwaltungskosten der Anstalten 
sowie die Kosten einer von der Anstalt bewirkten Beerdigung. Von den übrigen Kosten 
ist, sofern es sich nicht um einen Landarmen handelt, der Landarmenverband berechtigt, 
von dem endgültig unterstützungspflichtigen Ortsarmenverbande ganz oder teilweise 
Ersatz zu verlangen, und zwar nach einem vom Bezirkstage festzusetzenden Beitrags- 
verhältnis. (§ 20 A.G.) 
In jedem Bezirke befindet sich eine Siechenanstalt?, die seit dem 1. April 1910 
in die Verwaltung des betreffenden Landarmenverbandes übergegangen ist. (§ 21.) 
Die Anstalten stehen unter Leitung je eines Direktors, der auf Vorschlag des Be- 
zirksrats von dem Bezirkspräsidenten ernannt und entlassen wird. Dem Direktor steht 
als beratendes Organ ein Aufsichtsrat zur Seite. Derselbe setzt sich aus fünf von 
dem Bezirkspräsidenten auf Vorschlag des Bezirkstages ernannten Mitgliedern zusammen, 
von denen jährlich eines ausscheidet. Die Aufsichtsbehörde bildet der Bezirks- 
präsident, dessen Verwaltungsanordnungen der Direktor Folge zu leisten ver- 
pflichtet ist. Zu allen die Inanspruchnahme der Bezirksfinanzen, die Festsetzung und 
Anderung der Statuten sowie die Aufnahmebedingungen regelnden Fragen ist die Zu- 
stimmung des Bezirkstages erforderlich, der auch das Budget zu prüfen hat. 
Falls die Einnahmen der Anstalt nicht ausreichen, hat der Bezirk Zuschüsse zu leisten. 
Die Aufnahme der Siechen erfolgt durch Beschluß des Bezirkspräsidenten; ebenso 
kann auch die Entlassung nur mit der Zustimmung des Letzteren geschehen. 
3. § 62. Armenpolizei. Gothaer Bertrag. Eisenacher Konvention. 
1. Armenpolizei: Den Zwecken der Armenpolizei dienen zunächst strafgesetzliche 
Bestimmungen! und ferner die Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes 2. Nach letzteren 
hat eine Gemeindes die Befugnis, solchen Personen, die den Unterstützungswohnsttz in 
der Gemeinde nicht besitzen, den Aufenthalt daselbst zu untersagen, unter der strikten 
Voraussetzung, daß eine andere Gemeinde zur Aufnahme des Ausgewiesenen verpflichtet 
ist". Die Abweisung erfolgt ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit, wenn der 
Auszuweisende nachweisbar nicht hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht 
arbeitsfähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen, und er den 
Unterhalt auch nicht aus seinem eigenen Vermögen bestreiten oder infolge einer gesetzlichen 
38 § 19 A.G. 
Gemeinden können ausnahmsweise eigene Taubstummen-, Siechen-, Blindenanstalten mit 
Genehmigung der Aufsichtsbehörde errichten. 
29 Brunn, Rechtsprechung des Bundesamts, S. 537. 
(5 621 ½ Str. G. B. d 38 I. S. 361 3. 3—5, 362. 
eel. v. k. S# 4.—. 
3 Zuständig ist der Bürgermeister als Gemeindevorstand § 4 1II Freiz.G.; istsjedoch der U. W.G. 
anskuihuweisenben zwischen zwei Gemeinden streitig, so ist die vorgesetzte höhere Verwaltungsbehörde 
zuständig. 
Freiz.Ges. § 6 II. In dieser Bestimmung liegt der wesentliche Unterschied der armen- 
polizeilichen von der sicherheitspolizeilichen Ausweisung. Leoni-Mandel S. 177. Läßt sich der 
Unterstützungswohnsitz des Armen nicht feststellen, so kann eine Ausweisung nicht stattfinden. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.