244 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 64
Dem Vorstand (Direktor) ist eine Aufsichtskommission zur Seite gegeben,
welche aus fünf vom Bezirkspräsidenten ernannten Mitgliedern besteht, und aus der
jährlich ein Mitglied ausscheidet Sö. Die Mitglieder dieser Kommission können nur mit
Genehmigung des Ministeriums entlassen werden. Die Kommission ernennt ihren
Vorsitzenden und ihren Schriftführer #. Sie tritt mindestens einmal im Monat zu-
sammen, kann aber öfters vom Bezirkspräsidenten berufen werden. Der Vorstand und
der Hauptarzt dürfen den Sitzungen als beratende, aber nicht als beschließende Mit-
glieder beiwohnen; sie müssen sich zurückziehen, wenn die Kommission über Verwaltungs-
rechnungen oder über unmittelbare Berichterstattung an den Bezirkspräsidenten Be-
schluß faßt. Die Kommission übt, und zwar nur in Verwaltungs-, nicht in Heilungs-
angelegenheiten eine begutachtende Tätigkeit aus . Für den ärzlichen Dienst ist lediglich
der Haupt(Ober-arzt verantwortlich.
Die Regelung der Einnahmen und Ausgaben der Anstalt steht allein dem Be-
zirkstag zus.
Das Rechnungswesen besorgt ein besonders für die Anstalt bestellter Rechner;
soweit nicht besondere Bestimmungen Piatz greifen, gelten die für Spitäler und Wohl-
tätigkeitsanstalten getroffenen Bestimmungen ?. Die Einziehung der der Anstalt ge-
schuldeten Beträge geschieht durch das Verkehrssteueramt 10.
2. In öffentlichen Kranken= und Pflegehäusern können Abteilungen für Geistes-
kranke eingerichtet werden, wenn die Aufnahme von mindestens 50 solcher Personen
möglich ist. Es bedarf in diesem Falle der Einsetzung eines verantwortlichen, vom
Bezirkspräsidenten bestätigten Vorstehers dieser Abteilung, welcher alle Pflichten eines
Vorstandes einer öffentlichen Irrenanstalt hat. Die Befugnisse der Auffichtskommission
werden in diesem Falle von der Verwaltungskommission des Spitals wahrgenommen 11.
3. Die Errichtung einer Privatirrenanstalt ist von einer Erlaubnis des Be-
zirkspräsidenten abhängig. (Gew.O. § 30). Die landesrechtlichen Bestimmungen über
die staatliche Beaufsichtigung dieser Irrenanstalten sind bestehen geblieben 12.
II. Die Aufnahme und die Entlassung der Kranken. 1. Die Auf-
nahme von Geisteskranken in eine öffentliche Irrenanstalt erfolgt entweder von
Amts wegen durch die zuständige Behörde oder auf Grund freiwilligen Ent-
schlusses des Geisteskranken oder seiner Angehörigen. a) Die Unterbringung von Amts
wegen wird durch den Bezirkspräsidenten angeordnet, wenn der zerrüttete Geistes-
zustand einer Person die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit von Personen ge-
fährden könnte. In letzterer Beziehung kann auch die eigene Sicherheit des Geistes-
kranken den Grund zur Aufnahme bilden 16. Der Beschluß, durch welchen die Auf-
nahme verfügt wird, ist mit Gründen zu versehen, welche das Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen erkennen lassen. Gegen die Verfügung des Bezirkspräsidenten ist
Beschwerde an das Ministerium zulässig (Art. 22 zit.). Von der amtlichen Unter-
bringung oder Entlassung eines Geisteskranken ist dem Ministerium, dem Ersten Staats-
5 Die Au chtstom#iissionen find nach § 21 II A.G. unverändert bestehen geblieben.
* Art. 2 18. Dez. 1839; § 58 Gem.O. findet auf Irrenanstalten keine Anwendung.
7 Val. Art. " Cer. v. 18. Dez. isng. Bezüglich der in der Anstalt untergebrachten Perfonen
hat sie nicht mehr die Besugnis der Vermögensverwaltung usw. vgl. § 87 Ges. v. 29. Nov. 1899.
* Das Anstaltsbudget ist ein Teil des Bezirksbudgets Ges. v. 18. Juli 1866 Art. 1 Nr. 15.
°Ord. v. 18. Dez. 1839 Art 16, Dekr. v. 21. Mai 1862 Art. 571- 574.
10 Art. 27 Abs. 3 Ges. v. 30. Juni 1838.
11 Art. 11, 12 Ord. v. 18. Dez. 1839.
12 Es gelten im wesentlichen die gleichen Vorschriften wie für öffentliche Anstalten. Der Erste
Staatsanwalt hat iedoch in jedem Viertel jahr eine Besichtigung vorzunehmen. Der Bezirks-
dräffdent ist ermächtigt, im Falle der Einstellung des Betriebs durch den Unternehmer oder den
orstand einen n verantwortlichen Leiter zu ernennen.
Die Act. 5, 6 des Gesetzes v. 1838 und die Art. 17—33 der Ordonnanz v. 18. Dez.
1839 find durch gies Gewerbeordnung aufgehoben v. 24. Dez. 1888 und Ausführungsanweisung
v. 27. Dez. 1888. Die Erlaubniserteilung zur Errichtung einer Privatirrenanstalt ist stempel-
pflichtig ar auch Einführungsverordnung § 12 Stempelgesetz v. 21. Juni 1897.
1 In gleicher Weise kann der Bezirkspräsident die zwangsweise Zurückhaltung solcher Personen,
die freiwillig in die Anstalt gekommen find, verfügen. K. 21 Ges.