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Entfernung von 35 bis 40 m von der Grenze der bewohnten Ortschaft einen oder
mehrere Kirchhöfe besitzen. Ausnahmsweise können auch mehrere Gemeinden einen ge-
meinschaftlichen Kirchhof besitzen, oder es kann einer Gemeinde die Mitbenutzung des
Kirchhofs einer anderen Gemeinde gegen Entschädigung eingeräumt werden 12. Die
Gemeindefriedhöfe gehören zum öffentlichen Gut 13; die Kosten ihrer Anlage und ihrer
Unterhaltung bilden eine Pflichtausgabe der Gemeinde “.
Die Anlage, die Vergrößerung und Schließung eines Kirchhofs unterliegen der
polizeilichen Genehmigung des Bezirkspräsidenten, und zwar auch dann, wenn die
Kirchhöfe nicht der Gemeinde gehören #5; weigert sich die Gemeinde, einen Friedhof an-
zulegen, so kann der Bezirkspräsident selbständig die Anlegung verordnen"“. Dem Ge-
nehmigungsbeschlusse des Bezirkspräsidenten hat eine öffentliche Enquete vorauszugehen,
deren Form und Frist er bestimmt. Läßt sich der erforderliche Grund und Boden
nicht freihändig erwerben, so tritt Zwangsenteignung bezüglich der erforderlichen
Grundfläche ein "“.
Aus gesundheitspolizeilichen Gründen sind außer der angegebenen Entferung von
Ortschaften noch eine ganze Reihe weiterer Bestimmungen getroffen "5. Durch die Anlage von
Friedhöfen wird für die nähere Umgebung derselben eine weitgehende öffentlich-rechtliche
Servitut begründet"? So darf ohne besondere Erlaubnis in einer Entfernung von
weniger als 100 m von der Grenze des Friedhofs niemand eine Wohnstätte errichten
oder einen Brunnen graben; vorhandene Brunnen können geschlossen werden 50. Be-
reits vorhandene Gebäude in näherer Entfernung dürfen ohne Ermächtigung weder
ausgebessert noch vergrößert werden. Die Beseitigung vorschriftswidrig errichteter
Anlagen erfolgt durch eine polizeiliche Verfügung des Bezirkspräsidenten auf Kosten
des Eigentümers. Die Handhabung der Friedhofspolizei steht dem Bürgermeister zus!;
ohne seine Genehmigung darf keine Beerdiguug vor der Eintragung des Sterbefalls in
das Standesregister erfolgen 52; auch die Inschrift auf den Grabsteinen hängt von
seiner Genehmigung ab"s. Jede Beerdigung hat in einem abgesonderten Grabe zu
erfolgen. Ein neues Begräbnis in demselben Grabe ist nur nach Ablauf von fünf
Jahren zulässig '". Ausgrabungen von Leichen dürfen nur auf Grund gerichtlicher
Anordnung oder polizeilicher Verfügung, letztere, sei es von Amts wegen, sei es auf
Antrag der Angehörigen erfolgen 55.
Zur Verbringung einer Leiche vom Sterbeort an einen anderen als den be-
stimmungsmäßig in Betracht kommenden Begräbnisort ist eine besondere polizeiliche
Erlaubnis (Leichenpaß) erforderlich, welche der Kreisdirektor (in Straßburg und
im Delr- v. 3. Prair. XII, 4. Therm. XIII, 10. Febr. 1806, 7. März 1808, 26. Deg. 1813, Ord.
v. 6. Dez. .
Ebenso kann die Anlage eines Kirchhofs auf einer fremden Gemeindegemarkung gestattet
werden. Leoni. Mandel S. No# Dursy, Staatskirchenrecht, II S. 605f.
"8 Molitor-Stieve S. 186. 4 &* 65 Nr. 7 Gem.O.
“ 3. B. wenn sie im Eigentum des Militärfiskus oder israelitischer Religionsgemeinden fltehen.
Gegen die diesbezüglichen Verfügungen des Bezirkspräfidenten gibt es den Rekurs an den Kais. Rat.
Ver. v. 22. April 1902.
“ Ord. v. 6. Dez. 1843 Art. 2; Dekr. v. 23. Prair. XII Art. 7; Leoni-Mandel S. 190.
4 Ausf.Verf. v. 30. Dez. 1843; Dursy II S. 566.
“ Val. Dekr. v. 23. Prair. XII. Es handelt sich um den freien Luftdurchzug, die Umfassung
und bei geschlossenen Friedhöfen um deren Wiederverwendung zu landwirtschaftlichen oder Wohnungs-
zwecken. Dekr. v. 23. Prair. XII Art. 8, 9. In den freien Verkehr sollen die Kirchhöfe erst nach
zehn Jahren wieder gebracht werden.
4 Ohne daß die Eigentümer der belasteten Grundstücke eine Entschädigung 4 beanspruchen hätten.
5% Anlage von Brunnen (Strafe: Art. 471 Z. 15 C. p.; Dekr. v. 7. März 1808).
61 Art. 16, 17 Prair. Dekr. 52 Dekr. v. 4. therm. XII: § 60 Personenstandsgeset
*# Art. 6 Ord. v. 6. Dez. 1643: Art. 471 Z. 15 C. p. 54“ Art. 16, 5, 6 Prair. Dekr.
ob Zum Erlaß der polizeilichen Verfügung sind zuständig die Bürgermeister, die indessen die
Zustimmung des Kreisdirektors einzuholen haben. Leoni-Mandel S. 193 N. 2.
Ver. v. 20. Sept. 1873 Nr. 13 (G. Bl. S. 249); Min. Erl. v. 6. Febr. 1888 und v. 28. März
1889 (Centr. Bl. Nr. 8 Beil. bzw. S. 85), ergänzt durch Ver. v. 26. April 1395 (Centr. Bl. S. 153
(Beförderung von Leichen auf Eisenbahnen), in Verbindung mit Bek. dis Reichsk v. 14. Dez. 188
(Verkehrs O. für die Eisenbahnen Deutschlands v. 18. Juni 1902, R.G Bl. S. 236 Art. 42 f.). —
Über Ausstellung von Leichenpässen für in Lagaretten verstorbene Personen Min. Ver. v. 20. Mai 1905
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