Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

260 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 66 
  
Metz der Polizeipräsident) unter bestimmten Voraussetzungen 57 erteilt; zuständig ist 
der Kreisdirektor des Ortes, wo sich die Leiche befindet, und bei aus dem Ausland 
kommenden Leichen der Kreisdirektor des zuerst berührten Grenzortes. 
B. Die Medizinalverwaltung. I. Die Medizinalbehörden. Die 
Aufsicht und die Leitung der gesamten Medizinalverwaltung untersteht dem Ministerium 
(Abteilung des Inheren); als Referent fungiert eine im Hauptamt angestellte Me- 
dizinalperson, der Landesmedizinalrats. Esbenso befindet sich bei den drei Be- 
zirkspräsidien je ein im Hauptamt angestellter Medizinalreferent. Ferner sind 
den Kreisdirektoren Kreisärztes'e als medizinische Sachverständige im Nebenamt 
beigegeben, die das gesamte öffentliche Gesundheitswesen des Kreises zu überwachen 
haben 60; außerdem sind die Kreisärzte Gerichtsärzte 1. Schließlich sind noch zu er- 
wähnen die von dem Bezirkspräsidenten ernannten Kantonalärzte #2, die als Armen- 
ärzte fungieren, die Impfungen vornehmen, den Gewerbebetrieb der Hebammen über- 
wachen und überhaupt alle Zweige der öffentlichen Gesundheitspflege zu überwachen 
haben. Auch die Kantonalärzte sind als Gerichtsärzte bestellt. 
Als beratendes und begutachtendes Organ dienen in den Kreisen die Kreis- 
gesundheitsräte und in den Bezirken die Bezirksgesundheitsräte, die jeweils den Kreis- 
direktor bzw. den Bezirkspräsidenten zum Vorsitzenden haben. Die Hobl der Mitglieder 
des Kreis= bzw. Bezirksgesundheitsrates beträgt sieben bis fünfzehn; sie werden von dem 
Bezirkspräsidenten auf die Dauer von vier Jahren ernannt; alle zwei Jahre scheidet 
die Hälfte der Mitglieder aus. Die Gesundheitsräte haben sich jährlich mindestens 
einmal zu versammeln. An den Kantonshauptorten können von den Bezirkspräfidenten 
nach Anhörung des zuständigen Kreisgesundheitsrats Kantonalgesundheitskommissionen 
gebildet werden, deren Vorsitz der Bürgermeister des Kantonshauptorts einnimmt. 
II. Die Arzte. An sich ist die Heilkunde freigegeben und darf von jeder- 
mann betrieben werden; die vorherige Approbation ist nur nötig, wenn bei der Aus- 
übung der Heilpflege einer der im § 29 Gew.O. aufgeführten Titel wie Arzt oder 
eine arztähnliche Bezeichnung verwendet werden soll “. 
Die Arzte, die ihren Beruf öffentlich ausüben wollen, bedürfen der staatlichen 
Approbation, die vom Ministerium (Abteilung des Innern) mit Wirkung für das 
ganze Reichsgebiet erteilt wird ##. Die Namen der approbierten Personen werden im Reichs- 
anzeiger und im Zentral= und Bezirksamtsblatt veröffentlicht (§ 29 II Gew.O.). Die Appro- 
(Centr. Bl. S. 213/. über die Beförderung von Leichen auf dem Seewege Bek. v. 24. Febr. 1906 
(Centr. Bl. S. 29 f.). — Leichenpässe, die von einer zuständigen deutschen Behörde ausgestellt find, 
gelten für das ganze Reichsgebiet. 
7 Z. B. Ausweispapiere, Transport in besonderen (Zink-) Särgen usw. 
58 Ver. v. 23. Juli 1879 (G. Bl. S. 81) r 2 Nr. 7. Uber die agepelde= s. Ver. v. 8. Juni 
1908 (G. Bl. S. 71). Uber die Grenzen der Gesundheitspolizei vgl. O. L.G. Colmar v. 20. März 
1906, Els.-I. 3. 32 S. 600. 
66 Die Ernennung zum Kreisarzt wird vom Bestehen einer besonderen Prüfung abhängig 
gemacht. Ver. v. 22. Juli 1908 (Centr. Bl. S. 241); Ver. v. 11. Juni 1910 (Centr. Bl. S. 59). Über 
die Verihung des Charakters als Medizinalrat usw. Kais. Ver. v. 21. Juli 1901 (G. Bl. S. 83). 
60 Instr. v. 14. Juni 1872 (Arch. f. öff. Gesundheitspflege II S. 201). 
"1 Ver. v. 13. Juni 1879 (G. Bl. S. 61) § 17. 
Sie sind aus der früheren franzöfischen Verwaltungzrganisation übernommen. VBagl. Ver. 
des Bezirkspräs. für Lothringen v. 17. Dez. 1890 (Centr. Bl. 1891 S. 1), für Oberelsaß v. 2. Juni 
1891 (Centr. Bl. S. 103), für Unterelsaß v. 15. Juni 1891 (Centr. Bl. S. 105). — In Straßburg 
und Mi führen die Kantonalärzte den Namen Gemeindeärzte und werden von dem Bürgermeister, 
vorbehal lichder Bestätigung du ch'den Bezirkspräfidenten, ernannt. Dienstord. v. 24. Jam 1904 
(Jahrb. d. Mediz. Verw. 1905 S. 35). 
Die Kantonalärzte erhalten außer den von den Gemeinden ihnen zugewiesenen Vergütungen 
und Gebühren für die Vornahme der Impfung ein Gehalt aus Bezirksmitteln; die Gemeiuden haben 
bKuerzu, emäßt ven Vorschlägen der Bezirkstage Zuschüsse zu leisten, die Pflichtausgaben find. § 65 
. r.oem.. ç 
6# Vgl. Nelken, Gew.O. zu § 29. Impfungen können nur apbrobierte Arzte vornehmen. 
88 iser-= — Über die unfsugte Führung eines ärztlichen Titels vgl. O. L.G. Colmar v. 16. März 
1897, Elf.-I. * 22 S. 447. Uber die allenfallsige Anwendung des Unl.Wettbew. Ges. R.G. v. 27. Mai 
1902, E. 35 S. 267. 
6 58 §J 29 Gew O. Die Ausübung des Gewerbes ohne Approbation ist strafbar. § 147 Nr. 1 
ew.O.
	        
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