Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

266 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 
daß Natur und Zusammensetzung der Mittel dem großen Publikum — nicht bloß 
Sachverständigen — unverständlich sind 100. Die auf Grund 8 6 Gew.O. erlassene 
Kaiserliche Verordnung vom 22. Oktober 1901 101 befaßt sich lediglich mit der Frei- 
gabe des Handels mit ungefährlichen Heilmitteln, nicht aber mit einer erschöpfenden 
Regelung des Verkaufs von Apothekerwaren. Was die Ankündigung usw. von 
Geheimmitteln anlangt, so ist zu beachten, daß dieselbe nur insoweit verboten werden 
kann, als der Handel mit solchen Heilmitteln strafbar ist. Die Strafbarkeit kann 
weiterhin nur unter der Bedingung als vorliegend erachtet werden, daß die Zusammen- 
setzung der Zubereitung (nach Stoffen und deren Verhältnis) der Ankündigung nicht 
ausdrücklich beigelegt ist 108. 
IV. Hebammen bedürfen zur Ausübung ihres Berufes eines Prüfungs- 
zeugnisses, welches von einer durch das Ministerium bezeichneten Prüfungskommission 
ausgestellt wird 1068. Ermächtigt zur Ausstellung der Zeugnisse sind die Prüfungs- 
kommissionen an den Hebammenschulen zu Straßburg, Metz und Kolmar 10"0. Die 
Hebammenschulen stehen unter Aufsicht der Bezirkspräsidenten. Die persönlichen Kosten 
des Unterrichts werden aus Landesmitteln, die sachlichen aus Bezirksmitteln geleisiet. 
Der Unterricht selbst erfolgt unentgeltlich. Vor Beginn der Ausübung des Gewerbes 
hat sich die Hebamme bei dem zuständigen Kreisarzt zu melden. Bei Ausübung ihres 
Berufes hat die Hebamme die Vorschriften der Hebammenordnung 16°5 zu beachten. Die 
Rechtsverhältnisse des sonstigen niederen Heilpersonals mit Ausnahme der 
Krankenpfleger 106 sind nicht geregelt. 
V. Zur Medizinalverwaltung gehört schließlich auch die Sorge für Heilanstalten, 
Gesundbrunnen und Bäder. Die einschlägigen Vorschriften, namentlich was die Kon- 
zession (§ 30 Gew.O.) anlangt, befinden sich in der Gewerbeordnung. 
Fünftes Kapitel. 
§* 67. Die Sittenpolizei. Die Förderung der Religion, der politischen Ge- 
sinnung und der Sittlichkeit gehört nicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord- 
nung im Sinne des Polizeirechts, sondern zu den Aufgaben der Wohlfahrtspflege im 
weiteren Sinne. Von Sitten polizei im eigentlichen Sinne kann man daher nicht 
sprechen. Im einzelnen bringt man unter diesen Begriff die Vorschriften zur Be- 
kämpfung der Spielsucht, der Trunksucht, des Müßigganges, der Unzucht usw., durch 
welche der Staat den Einzelnen vor wirtschaftlichem Ruin bewahren, das Familien- 
leben fördern und andere materielle und ethische Interessen fördern will. 
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100 Der Begriff des Geheimmittels im Sinne des Art. 36 Ges. v. 21. germ. XI setzt ferner 
voraus, daß es sich nicht um Apothekerwaren handelt. O.#V# G. Colmar v. 9. Fetr. 1892, Els.-I. Z. 
22 S. 357. Nach einem Urteil des K G. v. 12 Febr. 1891 J. 11 S. 332 ist Geheimmittel ein 
angeblich mit besonderer Heilkraft begabtes, staatlich nicht anerkanntes. in Arzneiform dem mensch- 
lichen Körper einzuführendes Heilmittel gegen Krankheit oder Körperschäden, dessen Natur, Zu- 
bereitung und Zummensetzung nicht dentlich erkennbar gemacht wird. # 
161 In E.-L. sind infolge des Bundesratsbeschlusses v. 23. Mai 1903 Bezirktspolizeiverord- 
nungen erlassen, und zwar für Unterelsaß v. 5. Jan. 1908 (Centr. Bl. S. 20), für Oberelsaß v. 
5. Jan. 1908 (Centr. Bl. S. 27), für Lothringen v. 5. Jan. 1908 (Centr. Bl. S. 28). . 
Die Kais. Ver. v. 1901 bezeichnet in 1, 2 und den zugehörigen Anlagen Au. B diejenigen 
Heilmittel, welche außerhalb der Apotheken nicht feilgehalten werden dürfen. Alle hierbei nicht er- 
wähnten Stoffe und Zubereitungen sind also reichsgesetzlich dem freien Verkehr überlassen: mangels 
eines Vorbehalts für die Landesgesetzgebung ist die Verordnungsbefugnis der Polizei somit in dieser 
Richtung ausgeschlossen. O. L.G. Colmar v. 15. Juni 1909, Els.-I. g 1910 S. 645. ç 
182 O.L.G. Colmar v. 9. Febr. 1892, Els.-I. 3Z. 22 S. 357. — Über das Verbot des Feil- 
bietens von Arznei= und Geheimmitteln im Umherziehen (Wandergewerbebetrieb) vgl Kais. Rat v. 
18. Juni 1898 Nr. 196. Vgl. ferner O. L.G. Colmar v. 15. Juni 1909, Els.-l. 3. 1910 S. 345. 
103 § 30 Abs. 3 Gew.O.; Einf.Ver. v. 24. Dez. 1888. Das Prüfungszeugnis hat nur Geltung 
für E.--L. Der Titel Hebamme ist freigegeben, dagegen nicht derjenige als Geburtshelfer. R.G. v. 
14. Jan. 1887, E. 15 S. 181. 
104 Ges. v. 25. März 1889 (G. Bl. S. 33); Ver. d. Min. v. 24. April 1889 (Centr. Bl. S. 105). 
10% H.O. v. 24. Mai 1889 (Beil. zu Nr. 22 Centr. Bl. 1889); ergänzt durch Ver. v. 6. Dez. 
1895 (Centr. Bl. S. 231) und v. 29. Jan. 1901 (Centr. Bl. S. 43). Für den Grenzpverkehr gilt die 
Bek. v. 17. Juni 1887 (Centr. Bl. S. 125). 
1% Dieselben haben eine staatliche Prüfung abzulegen. Ver. v. 29. Juni 1908 (Centr. Bl. S. 217).
	        
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