Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 67 Die Sittenpolizei. 267 
  
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I. Das Glücksspiel. 1. In erster Linie kommen die Bestimmungen des 
Reichsstrafgesetzbuches (§§ 234, 285, 286, 360 Ziff. 14) in Betracht, welche das 
gewerbsmäßige Glücksspiel, das Dulden gewerbsmäßigen Glücksspiels an öffentlichen 
Versammlungsorten und die ohne obrigkeitliche Erlaubnis erfolgende Veranstaltung von 
öffentlichen Lotterien oder Ausspielungen mit Strafe bedrohen. 
2. Nach der Gewerbeordnung (8§§ 42 a, 56, 56 a„ 56e) ist der An= und 
Verkauf von Lotterielosen im Umherziehen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen 
Wegen, Straßen oder Plätzen und an anderen öffentlichen Orten sowie das Aufsuchen 
von Bestellungen auf Lotterielose und der Betrieb von Ausspielungen und Lotterien 
im Hausiergewerbe verboten. 
3. Das Lotteriewesen ist durch das Landesgesetz vom 25. April 1910 
(G. Bl. S. 23) einheitlich geregelt. Danach dürfen öffentliche Lotterien und öffentliche 
Ausspielungen in Elsaß-Uothringen nur mit Genehmigung des Ministeriums ver- 
anstaltet werden. Sofern es sich nur um die Ausspielung von anderen beweglichen 
Sachen als Geld handelt, kann das Ministerium die Befugnis zur Erteilung der Ge- 
nehmigung an andere Behörden übertragen. (§ 1) Odhne die Genehmigung des 
Statthalters dürfen Lose außerhalb Elsaß-Lothringens veranstalteter Lotterien oder 
Ausspielungen in Elsaß-Lothringen nicht verkauft und darf zur Beteiligung an solchen 
Unternehmungen nicht aufgefordert werden. Eine Ausnahme von dieser Bestimmung 
ist zugunsten der Klassenlotterien deutscher Bundesstaaten insofern vorgesehen, als 
der Statthalter ermächtigt ist, eine Vereinbarung mit einem deutschen Bundesstaat 
über die Zulassung der Klassenlotterien desselben gegen Gewährung einer jährlichen 
Rente abzuschließen 2. 
Diese Bestimmungen sind, weil sie eine gemäß § 2 Abs. 1 E.G. St. B.G. dem 
Landesstrafrecht überlassene Materie betreffen, unbedingt gültig 6. 
(5867] 1 Glücksspiel im weitererem Sinne ist jedes Spiel, dessen Ausgang für alle oder einzelne 
Beteiligte wesentlich, d. h. allein oder hauptföchlich vom Zufall, d. h. von Vorgängen, welche sich 
menschlicher Berechnung entziehen, abhängig ist. R G. v. 13. Okt. 1880 R. I S. 331. Keine Glücks- 
spiele sind Spiele, bei welchen überwiegend eine erlangte körperliche Geschicklichkeit oder eine auf 
bestimmten Regeln beruhende überlegende Anordnung und Finduug mit gleichen Vorteilen für 
gleichmäßige Spieler den Ausschlag geben. R.G.E. 21 S. 107; 28 S. 117. Über Spiel. 
automaten R. G. v. 28. Febr. 1908. Reger E. 29 S. 554; v. 26. Mai 1908 Reger E. 29 
S. 258; v. 2. Okt. 1911, Jur. Woch. 1912 S. 432; v. 16. Febr. 1912, Reger E. 22 S. 510. — 
Über den Tatbestand der öffentlich veranstalteten Ausspielung R. G.G. 25 S. 256; 27 S 94: 
Reger E. 25 S. 443: Jur. Woch 1905 S. 244 ½. — Lotterie ist ein Unternehmen, bei welchem 
jemand Anderen gegen Zahlung eines Preises das Recht gewährt, je nach dem Ausfall einer durch 
den Zufall geleiteten Auslosung (oder eines sonstigen der Loseziehung ähnlichen Zufallsspieles) ent- 
weder einen voraus bestimmten Geldgewinn zu erlangen oder aber den Einsatz ganz oder teilweise 
zu verlieren. R.G.E. 10, 245; 12. 388. Die Eigentümlichkeit des Lotterievertrags liegt darin, daß 
nach einem vorher festgestellten Plane vorgegangen wird. R.G.E. 1 S. 133. Es ist nicht erforderlich, 
daß die Ziehung allein über den Gewinn entscheidet, es kann ihr eine eigene Tätigkeit der Mit- 
spielenden (z. B. Lösung von Preisrätseln) vorausgehen. R.G.E. 16, 83, R.G. in Goltd. A. 45 
19. Uber den Unterschied zwischen Lotterie und Glücksspiel vgl. R.G. E. 18 S. 324, Jur. Woch. 
1906 S. 6082". — Uber den Begriff der Offentlichkeit der Lotterie R.G.E. 27 S. 47. (Es 
genügt, daß Lose öffentlich zum Verkauf angeboten werden.) R.G E. 1. 357. — Uber den Begriff 
des Veranstalters der Lotterie R.G.E. 1 S. 133; 5, S. 432: I1, S. 211; 36 S. 447. 
* Dabei kann bedungen werden, daß die Lose und Losabschnitte nur mit Genehmigung der 
Lotterieverwaltung vertrieben werden dürfen. § 1. 
Vgl. den Staatevertrag zwischen Preußen und Elsaß-Lothringen zur Regelung der Lotterie- 
verhöltrisse nebst Schlußprotokoll. Vom 28. April 1910 (G Bl. S. 138). Danach hat die Kal. 
preußische Regierung das ausschließliche Recht in Elsaß-Lothringen, Lose der preußischen Kiassen- 
lotterie zu vertreiben. 
* Val. Olshausen, Komm. z. Str. G. B., 9. Aufl., zu § 286, ferner R.G. v. 26. April 1906, 
Reger E.27 S. 312, ebenda Bd. 20 S. 474, ferner R.G. v. 9. April 1900 u. Bayr. Obst. L.G. v. 26. Juni 
1900. Reger, 2 Erg. Bd. (1901) S. 81. Die reichsgesetzliche Regelung des Lotterievertrags (§ 763 
B.G.B.) berührt nicht die dem öffentlichen Gewerberecht angehörenden Landesgesetze über Lotterie- 
unternehmen, insbesondere dessen Förderung durch Verffenklichung von Ziehungslisten. O.L.G. 
Colmar v. 19. April 1900. Els.-l. Z. 28 S. 42 (noch unter Berücksichtigung des alten, nunmehr 
durch & 9 aufgehobenen französischen Lotteriegesetzes v. 21. Mai 18361. — Bei allen bundesstaatlich 
genehmigten Lotterien haben jedoch landesgesetzliche Verbote des Spielens in ausländischen Lotterien 
ihre privatrechtliche Wirkung verloren. R. G. v. 11. Mai 1901, Reger E. Bd. 22 S. 81. 
 
	        
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