Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

282 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 70 
  
die öffentlichen Behörden verpflichtet, den im Vollzuge der Reichsversicherungsordnung 
an sie ergehenden Ersuchen der Versicherungs= und anderer Behörden sowie der Organe 
der Versicherungsträger zu entsprechen. 
Sechster Abschnitt. Die wirtschaftliche Verwaltung. 
§ 70. Das Wasserrecht. A. Die Wasserläufe des Landes sind teils natür- 
liche, teils künstliche. I. Die ersteren werden wieder eingeteilt in schiffbare 
oder nicht schiffbare Wasserläufe, je nachdem sie mit Schiffen oder zusammen- 
gebundenen Flößen befahren werden können oder nicht 1. Die schiff= und flößbaren 
Wasserläufe gehören zum öffentlichen Gut (§ 44 A.G. B. G. B.), d. h. sie stehen im 
Gemeingebrauch, und es können an ihnen keine Rechte seitens Dritter erworben werden; 
die Eigenschaft als öffentliches Gut haben auch die Seitenarme, Altwasser, Gräben 
und Einbuchtungen, welche ihr Wasser aus dem schiffbaren Wasserlauf erhalten, sowie 
die zum Schiffahrtsbetrieb hergestellten besonderen Anstalten, wie Häfen, Umladeplätze, 
Korrektionswerken usw. « 
Die nichtschiffbaren Wasserläufe stehen in niemandes Eigentum, sie dienen, 
soweit nicht die besonderen Nutzungsrechte der Anlieger in Frage kommen, ebenfalls 
dem Gemeingebrauch, und es können Rechte an ihnen nicht erworben werden; trotzdem 
gehören sie nicht zum öffentlichen Gut (8 45 A. G. B. G. B.)2. Den Angrenzern 
natürlicher, nicht schiff= und flößbarer Wasserläufe steht unbeschadet der besonderen 
öffentlich-rechtlichen Genehmigung von Stauanlagen usw. gemäß § 1 Wass. Ges. von 
1891 das Recht zu, das vorüberfließende Wasser zu benutzen, insbesondere ihre Grund- 
stücke damit zu bewässern. Eine Ableitung des gesamten Wassers ist jedoch nur unter 
der Voraussetzung zulässig, daß beide Ufer demselben Eigentümer gehören, und daß 
das Wasser in das gewöhnliche Bett zurückgeleitet wird, bevor es das Grundstück 
eines Dritten berührt (§ 46 A.G. B.G.B.) s. Diese lediglich privatrechtlichen Be- 
[/§ 70) 1 Die Erklärung der Schif- und Flößberkeit der Wasserläufe oder ihrer Teile erfolgt nach 
4 Fischereigesetz v. 2. Juli 1891 durch K. Verordnung, deren Erlaß dem Statthalter übertragen 
ist. Vgl. die auf Grund des früheren Fischereigesetzes v. 15. April 1829 erlassene Ordonnanz v. 
10. Juli 1835 und die Berordnung v. 30. Okt. 1891 (G. Bl. S. 124). Die Erklärung der Schiff 
und Flößbarkeit ist jedoch nicht notwendig, es genügt der tatsächliche Zustand als schiff oder 
flößbarer Wasserlauf. Mit der Erklärung beziehungsweise Nichterklärung ist aber edenfalls über die 
Frage der Eigenschaft als öffentliches Gut (§ 24 A G. B. G. B.) entschieden. Die Grenzen des Flusses 
der Breite nach (Flußbett) werden von dem Bezirkspräsidenten als dem berufenen Hüter des öffent- 
lichen Eigentums (Art. 2 Nr. 5 u. 6 Ges. v. Jan. 1790) festgesetzt. Leoni-Mandel S. 41, 204. 
Maßgebend für den Bezirkspräsidenten sind jedoch die natürlichen Grenzen des Flusses. Wo durch 
künstliche Anlagen das Flußgebiet erweitert ist (Dämme usw.), muß ein ordnungsmäßiger Erwerbsakt 
(Vertrag, Ersitung, Enteignung) vorliegen. Vgl. Molitor-Stieve S. 197 N. 6. Uber den 
Begriff der Schifs#arkein vgl. auch R.G. (Civ.) v. 21. Okt. 1899, Reger II Erg. Bd. 1901 S. 157. 
Unerheblich ist es bezüglich der Frage der Zugehörigkeit zum bffentlichen Gut, ob der Strom oder 
Fluß von Natur schiffbar ist oder ob er es erst durch menschliche Arbeit geworden ist (N.G. v. 
8. Okt. 1912; Soergel 1912 zu C. c. 538). 
Seitenarme oder Altwässer, auch wenn sie tatsächlich nicht schiff= oder flößbar sind, gehören 
als Bestandteile solcher Wasserläufe, die letztere Eigenschaft besitzen, zum öffentlichen Gut; indessen 
können solche Seitengewässer ansdrücklich für nicht schiff= oder flößbar erklärt werden. (Vgl. Ver. 
v. 17. Sept. 1898 G.Bl. S. 91.) 
Die Möglichkeit, auf einem Wasserlauf einzelne Stämme oder Fol scheite zu flößen Licteese 
à büches perdues) begründet die Flößbarkeit nicht. Vgl. Fischba Kommentar zums Fischerei- 
gesetz, S. 24 VI; Molitor-Stieve S. 185; Kisch S. 676. 
Der höchste ordentliche Wasserstand, nicht aber der höchste Wasserstand, den der Fluß, wenn 
auch alljährlich, so doch nur vorübergehend und infolge außergewöhnlicher Ereiznifse erreicht, ist für 
die Frage, wie weit das Flußbett eines öffentl. Flusses geht, entscheidend. R.G. v. 25. Febr. 1918, 
Rhein-A. 110. S. 384; Gruch.-Beitr. 57, S. 1181. 
:2 Molitor-Stieve S. 193f. Die Festsetzung der Grenzen der nicht schiff= oder flößbaren 
Wasserläufe der Breite nach geschieht nicht durch den Bezirkspräsidenten. Indessen hat die Ver- 
waltungsbehörde auf Grund der Instr. v. 12. Aug. 1790 (chap. 6) die Befugnis, falls wasser- 
vot eiliche Interessen in Frage kommen, den Delimitationsakt vor unehmen. Vgl. auch § 37 Abs. 3 
a# ch v. 2. Juli 1891. Komm. v. Jacob u. Fecht S. 54: Molitor-Stieve S. 197 Nr. 6. 
à Weiterhin steht den Abgrenzern das Fischereirecht gemäß § 3 Fischereigesetz zu.
	        
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