8 70 Das Wasserrecht. 283
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fugnisse schließen natürlich die Befugnis der Verwaltungsbehörden, kraft ihres Auf-
sichtsrechts über sämtliche Wasserläufe des Landes durch Polizeiverordnungen bzw.
zverfügungen den ungehinderten Ablauf und die zweckmäßige Wasserbenutzung zu sichern,
nicht aus. Durch diese polizeilichen Anordnungen werden indessen die gegenseitigen
privatrechtlichen Beziehungen der Uferangrenzer nicht berührt. Entstehen unter den-
selben Streitigkeiten, so haben die Gerichte darüber zu entscheiden"; bei ihren Ent-
scheidungen haben die Gerichte kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung neben dem
Schutze der Rechte des einzelnen die Interessen der Landwirtschaft und der Industrie
zu berücksichtigen (§ 47 A.G. B. B. G.).
Stehende Gewässer, wie Seen und Teiche, unterliegen nicht den für Wasser-
läufe geltenden Grundsätzen 5. Das gleiche gilt von Quellen, auf welche lediglich
die Grundsätze des Privatrechts anzuwenden sind. Die Quelle gehört dem Eigentümer
des Grundstücks, auf welchem sie entspringt (§ 57 A.G. B.G.B.). Der Eigentümer
darf das Wasser der Quelle für seine Zwecke verwenden; er darf jedoch den Lauf der
Quelle dann nicht ändern, wenn sie den Einwohnern einer Gemeinde oder einer Ort-
schaft das zu ihrem persönlichen Bedürfnis oder zur Pflege des Viehes erforderliche
Wasser liefert (§ 58 I A.G. B. G. B.)7.
II. Zu den künstlichen Wasserläufen gehören die Kanäle , die Festungs
gräben und die Stauweiher. Die aus Staatsmitteln erbauten und vom Staate oder
einem anderen öffentlich-rechtlichen Verbande unterhaltenen Schiffahrtskanäle gehören
zum öffentlichen Gut (§ 44 II A.G. B G.B); soweit vorgenannte Voraussetzungen
nicht zu treffen, gehören sie zum Privateigentum . Letzteres gilt auch von den künst-
lichen Be= und Entwässerungskanälen, die auf privatem Grundbesitz angelegt sind 10.
Das Gesetz vom 2. Juli 1891, betreffend Wasserbenutzung und Wasserschutz,
findet auf Schiffahrtskanäle keine Anwendung. Ihre Benutzung richtet sich nach be-
sonderen Polizeiverordnungen 11.
Die Stauweiher werden als der öffentlichen Wohlfahrt dienende Unternehmungen
zum öffentlichen Gut gerechnet 12.
B. Der staatlichen Organisation der Wasserverwaltung liegt die Einteilung in
schiffbare und nichtschiffbare Wasserläufe zugrunde; erstere gehören in den Bereich der
Wasserbau-, letztere in den der Meliorationsbauverwaltung. Zu den An-
gelegenheiten der Wasserbauverwaltung gehören die Schiffahrt und die Flößerei, das
" Falls die Beteiligten sich nicht gütlich einigen und auch eine Regelung der Wasserverteilung
gemäß §§ 9, 10 Wass. Ges. nicht eintritt.
# 5 Jacob-Fecht S. 9, 70. Seen find natürliche, Teiche künstliche stehende Gewässer. Soweit
nicht gewisse größere Seen, z. B. die großen lothringischen Weiher, zum öfentiichen Gyut gehören,
finden auf sie die Grundsätze des Privatrechts Anwendung. Igl. auch §51 A.G. B. G. B. Uber Teiche
und das Ficchereirecht in denselben vgl. Zrein Füch.d. § 6 Anm. S. 43 u. § 33 Abs. 6 S. 87.
Die Mineralquellen sind durch das Gesetz v. 14. Juli 1856, welches durch § 51 Nr. 3 des
Gesetzes v. 2. Juli 1891 ausdrücklich aufrechterhalten worden ist, besonders geschützt. Sie können
durch Kaiserliche, vom Hiatthglter zu vollziehende Verordnung als Hemeinntzig erklärt werden und
gieen Schußtr erhalten. Über das Verfahreu vgl. Dekr. v. 8. Sept. 1856. Bruck III S. 145;
i . .
7DerEigentümerkannaberindiesemlleeinenSchadensersatzanfprnchgeltendmachen
Styx-s II zit.), falls die Gemeinde oder Ortschaft sich nicht auf einen Gebrauchstitel (z. B. Ersitzung)
ützen kann.
6# Dagegen nicht die kanalisierten Flüsse. Die Kanäle fallen überhaupt nicht unter das
Wassergesetz von 1891. Bygl. auch Pol. ver. (des Min.) v. 1. Okt. 1905, betr. die Schiffahrtskanäle
Mn. kanalis. Flüsse in Elsaß-Lothringen (Centr.-Bl. S. 103) und v. 17. März 1910 (Centr.-Bl. S. 367).
Staatsrat v. 21. Juli 1870, D.P. 1872. 3. 20. Leoni-Mandel S. 206.
1% Kisch S. 675.
11 Dieselben erläßt das Ministerium. § 3 Ges. v. 22. April 1902 (G. Bl. S. 31). Min. Pol.Ver.
für die Schiffahrtskanäle und kanalisierten Flüsse v. 1. Okt. 1905 (Centr. Bl. S. 361). Für gewisse
Kanäle bezw. Kanalstrecken (Rhein-Marne-Kanal von der französischen Grenze bis Straßburg,
Saarkanal einschließlich kanalisierte Saar bis zur preußischen Grenze, Rhein-Rhone-Kanal von
Straßburg bis Mülhausen und Kolmarer Kanal) werden Abgaben (0,18 Mk. pro Tonnenkilometer)
erhoben. Ges. v. 26 Mai 1892 (G. Bl. S. 49) u. v. 30. März 1896 (G. Bl. S. 5), § 13. — Auf
natürlichen Wasserstraßen dürfen Schiffahrtsabgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten,
die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt find, erhoben werden. R.V. Art. 54.
7: Molitor-Stieve S. 178.