288 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 70
berechtigten. Bestehen Ortsgebräuche und Verordnungen nicht, so greift, weil es sich
um ein öffentliches Interesse handelt, die Verwaltung ein; die Verteilung erfolgt als-
dann durch Verordnung des Statthalters. In gleicher Weise geschieht eine Neu-
regelung, wenn die Ortsgebräuche oder Verordnungen dem öffentlichen Interesse nicht
mehr entsprechen. Der Verordnung hat ein Untersuchungsverfahren vorauszugehen, in
welchem nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen 3“ eine Offenlegung des vom
Ministerium festgestellten Entwurfs und eine Prüfung der etwaigen Einwendungen
durch eine Kommission stattzufinden hat. Durch die Verordnung kann auch in die
privatrechtlichen Ansprüche der einzelnen Nutzungsberechtigten eingegriffen werden, ohne
daß dieselben hieraus einen Schadensersatzanspruch gegen den Fiskus oder gegen einen
Dritten (etwa aus Bereicherung) herleiten könnten. Die durch die Verordnung ge-
troffene Wasserverteilung ist für die Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Wässerungs-
berechtigten bindend 355. Die Verteilung des Wassers im Sinne der §§ 9 und 10 W. G.
erfolgt zumeist durch Regelung der zeitlichen Benutzung desselben, indem bestimmt
wird, an welchen Tagen und Stunden die verschiedenen Berechtigten das Wasser be-
nutzen dürfen; in gewissen Fällen kann auch die Menge des von den einzelnen Be-
rechtigten zu beanspruchenden Wassers festgesetzt werden.
Die zur Ausführung der Ortsgebräuche oder Verordnungen erforderlichen An-
ordnungen erläßt die Verwaltungsbehörde, die gleichzeitig auch die Verteilung der etwa
entstehenden Kosten regelt (§ 10 1) 86.
1. Besondere Verpflichtungen der Grundeigentümer: a) im Interesse der Land-
wirtschaft. Der Eigentümer eines Grundstücks muß sich gegen Entschädigung ge-
wisse Anlagen gefallen lassen, die im landwirtschaftlichen Interesse zur Be-
wässerung oder Entwässerung anderer Grundstücke notwendig sind. Vorauzgesetzt ist
ferner, daß die Anlage auf andere geeignete Weise nicht zweckmäßig ausgeführt werden
kann, daß der Nachteil, welcher den Eigentümern der dazwischen liegenden Grundstücke
erwächst, nicht außer Verhältnis zu dem aus der Bewässerungsanlage für den Unter-
nehmer zu erwartenden Nutzen steht, und daß schließlich zur Leitung des Wassers nicht
Gebäude oder mit Gebäuden zusammenhängende Höfe, Gärten, Parke und sonstige ein-
gefriedete Grundstücke in Anspruch genommen werden müssen. (6§ 11, 12). Auf
öffentliches Staatsgut erstreckt sich diese Bestimmung nicht.
Ob die tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 11, 12 vorliegen, entscheidet die
Verwaltungsbehörde, während über die Entschädigungsansprüche die ordentlichen Ge-
richte zu entscheiden haben.
· Die Eigentümer, über deren Grundstücke in Ausführung der vorgenannten Be-
stimmungen Anlagen zur Bewässerung oder Entwässerung geführt werden, haben das
Recht der Mitbenutzung hinsichtlich der Anlagens' nach Verhältnis der ihnen ge-
hörenden Grundfläche. Machen sie von diesem Recht Gebrauch, so haben sie einen
entsprechenden Teil der Anlage= und Unterhaltungskosten und bei späterem Anschlusse
außerdem diejenigen Kosten zu tragen, welche durch die erforderlichen Anderungen ver-
ursacht werden (§ 18).
b) Eine weitere Dienstbarkeit begründet das Gesetz (§ 14), wenn zum Zwecke
Ausführungsvorschriften, betreffend die Wasserverteilung. die Unterhaltung von Wasser-
läufen und die Bildung von Flußbauverbänden, v. 1. Febr. 1903 (Centr. Bl. S. 19) u. Ergänzung
hierzu v. 17. Juli 1912 (Centr. Bl. S. 159). Z " « .
*5 Handelt es sich nicht um eine Wasserverteilung zwischen einer Vielheit von Triebswerks-
befitzern und Wässerungsberechtigen, die zur Sicherung der wirtschaftlichen Lage einer ganzen Gegend
erforderlich ist, sondern um eine Privatstreitigkeit zwischen einzelnen Wässerungsberechtigten (zum
Beispiel einer Gemeinde und einem Triebwerksbesitzer), so muß die Negelung der Wasserbenutzung
gegebenenfalls im ordentlichen Prozeßwege erfolgen. Vgl. Huber S. 233 f.
- Bezüglich der Einziehung dieser Kosten und der Rechtsmittel gegen die Veranlagung finden
die Vorschriften über die direkten Steuern Anwendung. § 10 II W.G.
a Das Mitbenutzungerecht bezieht sich nur auf die Anlagen, nicht auf das Wasser. Wegen
der Nittbenußung des durchströmenden Wassers ist eine Einigung unter den beteiligten Interessenten
dahin zu treffen, daß dieselben Anlagen entweder zeitlich getrennt kbgt oder beie Kleichzetiger Be-
nutzung die Anlagen in dem Umfange hergestellt werden, daß sie das Wa i nupungs-=
berechtigte aufzunehmen vermögen. Huber S. 247.
er für sämtlich