Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

290 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 70 
  
  
Schiffszug stattfindet, 7,80 m nicht übersteigen. Im letzteren Falle kann außer- 
dem verlangt werden, daß auf einem weiteren Raume bis zu einer Breite von 1,95 m 
keine Gebäude, Einfriedigungen oder Gräben angelegt werden (§ 18). Werden Wasser- 
läufe erst nachträglich für schiff= oder flößbar erklärt, oder wird ein Schiffszug auf 
einem Ufer, auf welchem derselbe bisher nicht bestand, neu eingeführt so finden die gleichen 
Grundsätze Anwendung, die Grundeigentümer haben jedoch einen, Entschädigungsanspruch, 
der vom Ministerium vorbehaltlich des Rechtsweges festgesetzt wird (§ 19). 
IIII. Der Wasserschutz. 1. Die Pflicht zur Unterhaltung der schiffbaren 
und nichtschiffbaren Wasserläufe umfaßt a) die Reinigung (Ausräumung auf Normal- 
breite und -tiefe, sowie Auskrautung) des Bettes und b) die Instandhaltung sowie 
die erforderliche Verbesserung der Ufer-, Damm= und Kunstbauten, einschließlich der 
Flutgräben 1. (§ 21.) Die diesbezüglichen Unterhaltungsarbeiten liegen grundsätzlich 
dem Staate ob (§ 27), doch können zu den Kosten, sofern es sich nicht ausschließlich 
um Arbeiten im Interesse der Schiffahrt handelt, folgende Personenklassen heran- 
gezogen werden: a) diejenigen Grundeigentümer, deren Grundstücke durch die Unter- 
haltung vor Abbruch, Versumpfung oder Überschwemmung geschützt werden; 5) die- 
jenigen Privatpersonen oder Körperschaften, welche das Wasser als Triebkraft oder zu 
anderen Zwecken für einen bleibenden Betrieb " benutzen (§ 27 W. G.). Der dem 
Staat verbleibende Teil der Kosten darf aber nicht weniger als 10 % derselben 
betragen. Die Anteile der beiden beteiligten Personenklassen sowie die für die Einzel- 
verteilung zu beobachtenden Grundsätze werden durch eine Verordnung des Statthalters 
auf Grund eines Vorverfahrens bestimmt (§§ 24, 25, 26, 27 Abs. 2 und 3 W. G.). 
2. Zur Unterhaltung der nicht schiff= oder flößbaren Wasserläufe" sind 
die Grundstückseigentümer und die Triebwerksbesitzer (§ 22 W. G.) gemeinsam 
verpflichtet “. Soweit Ortsgebräuche oder Verordnungen bestehen, richtet sich die Ver- 
4! Wegen der Räumung von Wasserläufen, welche teilweise in Frankreich liegen. val. Zusatz- 
konvention zum Frankfurter Friedensvertrag v. 10. Mai 1871 (G. Bl. 1872 S. 63) Art. 15. 
Die Unterhaltungepflicht an den Wasserläufen umfaßt nur die Räumung des Bettes der 
Wasserläufe zwischen den Ufern und bis zur naturwüchsigen Sohle sowie die Instandhaltung und 
Ausbesserung der bestehenden Uferkunstbauten in ihren vorhandenen Abmessungen. Die Grenz- 
linie zwischen der Wassersohle und den Böschungen (Uferlinie) läßt sich beim natürlichen Wasserlauf 
nur annähernd bestimmen und ist einem fortgesetzten Wechsel unterworfen. Die obere Grenze der 
Böschungen wird burh die Wasserlinie bei bordvollem Fluß gebildet, d. h. bei dem Wasserstande, 
bei dem der Fluß auf der betreffenden Strecke seines Laufes da und dort anfängt überzutreten. 
Diese Grenzlinie ist die tatsächlich bestehende Uferlinie, und aus ihr und den eeebr des 
Wasserlaufes wird die zu Recht bestehende Uferlinie gebildet. Jacob-Fecht S. 54 N. 2 b. 
Unter dem Ausdruck „bleibender Betrieb“ ist die Benutzung mit bleibender Stau= oder 
Ableitungsanlage zu verstehen, ohne Rücksicht, ob die hierzu nötige Ausnußung des Wassers eine 
ununterbrochene oder aussetzende ist. Huber S. 266. Jacob-Fecht S. 57. 
* Es muß sich jedenfalls um einen Wasserlauf und nicht um eine von Menschenhand 
zeitweise angelegte Rinne zum Abzug des Regenwassers handeln. Im letzteren Falle wären nicht 
die Voraussetzungen zum Erlaß einer Räumungsordnung, sondern bei vorliegendem öffentlichen 
Interesse zum Enteignungsverfahren gegeben. Vor Durchführung des Enteignungsverfahrens brauchten 
die Grundstückseigentümer sich das Betreten ihrer Grundstücke zu Demarkationszwecken nicht gefallen 
zu lassen. Über die Frage, ob ein Wasserlauf n Frage kommt. entscheidet, als über eine Voraussetzung 
um Erlaß eines Verwaltungsaktes, die Verwaltungsbehörde selbst und nicht das Gericht. (O. Maver, 
Franz. Verw. R. S. 142, Jakob-Fecht S. 58 N. 1.) Agl. Kais. Rat v. 12. Dez. 106 Nr. 464. 
" Die §§ 22, 23 W. G. sind mangels besonderer Räumungsordnungen anzuwenden. § 23 
kann wiederum, da er die Verteilung der Unterhaltslast unter die Verpflichteten regelt, erst dann 
Platz greifen, wenn die Voraussetzungen des § 22 erfüllt sind, wenn also die Verpflichtung zur 
Unterhaltung selbst feststeht. 
§ 22 Ziff 1 begründet eine Verpflichtung nur unter der Voraussetzung, daß das in Frage 
kommende Grundstück durch die Unterhaltung des Wasserlaufs vor Abbruch, Versumpfung usw. 
geschützt wird; das „geschützt werden“ hat hier die Bedeutung, daß die Abwendung der Gefahr der 
Versumpfung gleichzeitig die Abwendung eines Schadens im Gefolge haben muß oder umgekehrt, 
die Unterhaltung muß dem Grundstück einen Vorteil bringen. Dies ist z. B. vielfach bei Wald- 
grundstücken nicht der Fall. 
In dem W. G. ist eine Verpflichtung zur Ausführung von Räumungen, die nur im gesund- 
heitlichen Interesse gewünscht wird, nicht übersehen. Die Kosten solcher Unterhaltungsarbeiten 
müssen daher jeweils von bensenigen Beteiligten vorgenommen werden, die den Nutzen aus den 
betreffenden Arbeiten ziehen, zum Beispiel von der Gemeinde.
	        
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