g 78 Die Bau= und Feuerpolizei. 333
1754 und die Staatsratsverordnung vom 27. Februar 1765 ausdrücklich aufrecht
erhält, und ferner das Sumpfgesetz vom 16. September 1807 26.
Typisch für das französische Baupolizeirecht war von jeher der überaus enge
Zusammenhang der Baupolizei mit der Straße. Nach der Straßenklasse richtet sich
auch die Zuständigkeit der Behörden hinsichtlich der Uberwachung der straßenpolizei-
lichen Bestimmungen, während das Verordnungsrecht allgemein für alle Straßen
des Bezirks dem Bezirkspräsidenten und für die zum Gemeindegebiet gehörigen
Straßen der Ortspolizeibehörde übertragen ist, und zwar der Munizipalgewalt,
nicht dem Polizeidirektor (präsidenten) als Vertreter der staatlichen Gewalt 77.
Die grundlegenden gesetzlichen Bestimmungen für die Verordnungsgewalt der
Bürgermeister sind § 16 Gemeindeordnung, das Gesetz vom 16. August 1790 (Art. 3
und 5) 28, welches die der ortspolizeilichen Fürsorge anvertrauten Gegenstände bezeichnet,
und das Gesetz vom 19. bis 22. Juli 1791; nach Tit. 1 Art. 46 des letzteren Ge-
setzes kann der Bürgermeister über jene Gegenstände arrétés (Beschlüsse, Verordnungen)
erlassen 22. Des weiteren kommen noch das Dekret vom 26. März 1852 über die
Straßen von Paris und die Gesetze vom 21. Mai 1879 und 6. Januar 1892 betreffend
die Beschränkung der Baufreiheit in den neuen Stadtteilen und Vororten von Straß=
burg, in Betracht.
Auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen können entgegen der französischen
Rechtsprechung und Praxis 70 auch ortspolizeiliche Verordnungen erlassen werden, deren
Geltung sich auch auf diejenigen Grundstücke und Gebäude erstreckt, die nicht unmittelbar
an der Straße liegen, die weiterhin sich auf den inneren Ausbau der Häuser beziehen?!,
und die für bestimmte Bauabschnitte die Art der Bauweise sowie eine Beschränkung
derselben vorschreiben können. Durch solche Verordnungen wird nicht in unzulässiger
Weise gegen die Freiheit des Einzelnen und das Eigentum verstoßen, denn es handelt
sich hierbei darum, Schädigungen des Publikums vorzubeugen, mithin um eine Haupt-
aufgabe der Polizei 32. Im übrigen enthält weder das Gesetz von 1790 noch das
Dekret von 1852 oder die Gesetze von 1879 und 1892 Bestimmungen, welche aus-
drücklich ihre Anwendung auf die öffentlichen Straßen oder die unmittelbaren Anlieger
beschränkten 36. Unerläßliche Voraussetzung ist allerdings immer, daß aus dem Bauen
des Min. Zirk. v. 1858 für das Unterelsaß erlassene Ver. v. 22. Jan. 1863 ist durch Ver. v. 18. Febr.
1891 (Centr. Bl. S. 38) auf die Bizinalstraßen ausgedehnt worden (ausgenommen die die Estanzungen
betreffenden Vorschriften des Art. 4 und des e•hten Kapitels. Leoni-Mandel S. 195 N. 3.
26 # Emerich= Baupol. Eigentumsbe chränkungen in Rhein. Z. Bd. 1 S. 433; derselbe,
Schutz des Ortsbildes S. 44d. Leoni-Mandel S. 195.
17 Verfügung des Oberpräs. v. 11. Aug. 1872 für Metz, v. 28. Febr. 1878 für Straßburg,
v. 28. Mai 188 für Mülhausen. Z
28 Vgl. O. L.G. Colmar v. 31. Okt. 1905, Els.-I. Z. 32 S. 442, Kais. Rat v. 30. Dez. 1905
Nr. 438. Die Bezirksbaupolizeiverordnungen v. 3. Juni, 31. Juli, 25. Aug. 1899 (Centr. Bl. S. 87,
o finden nur auf gewerbliche Unternehmer Anwendung. O.-L.G. Colmar v. 1. März 1904,
* Er kann sonach treffen „des précautions locales sur les objets confiés à sa vigilance
et à son autorité par les artiches 3 et 4 du titre 11 du déeeret du 16. aont 1790 sur PTorgani-
sation judiciaire“. Die sonach dem Bürgermeister anvertraute Ortspolizei umfaßt sonach: „1. tout
ßce qui interesse la süreté et la commodité du passage dans les rues, quaies, laces et
voies publiques, la démolisation ou la réparation —— menaçant ruine; l le soin
de prévenir par les pré autions convenables les accidents et les fléaux calamiteuz, tels
duc les incendies, les GCpidémies“.
20 Die vielfach schwankende Rechtsprechung des Kassationshofs und des Staatsrats (val.
Fuzier-Herman, Rép. 32 Nr. 446 f.) hängt mit der schon oben hervorgehobenen engen Ver-
bindung der Baupolizei mit dem Straßenwesen zusammen. Die Anweisung der Bauflucht wurde
zur eigentlichen Bauerlaubnis, deren Erteilung außer der Prüfung der Grenze auch Prüfung anderer
mstände mit sich brachte, die die Ordn ung, Sicherheit und Gesundheit und Bequemlichkeit der
Straße betrafen. Emerich, Rhein. Z. S. 435. O. L.G. Colmar v. 31. Okt. 1905, Els.-I. Z. 32 S. 442.
*! Namentlich können die Maße im Innern der Gebäude vorgeschrieben werden. Dekr. v.
26. Märg 1852, betr. die Straßen von Paris. O.L.G. Colmar v. 4. Juli 1899, Elf.-I. Z. 24 S. 536.
*? Vgl. O. Mayer, D.V. R. 1 S. 258 f. (Vgl. Ziff. 5 des Ges. v. 1790; O..G. Colmar
v. 81. Okt. 1905, Elf.--I. 3Z. 32 S 448; Kais. Rat v. 30. Dez. 1905 Nr. 434.)
22 Vgl. Kais. Rat v. 18. April 1907 Nr. 472. Danach kann der Bau von Wohngebäuden,
die nicht an öffentlichen Straßen liegen, untersagt werden, wenn nicht für eine hinreichende Zufahrt
dauernd gesorgt wird.