Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

336 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 
§ 78 
zu beschleunigen, ist von der Behörde die Bauerlaubnis für Ausbesserungen aller Art, 
welche als Festigung der Frontmauer (travaus confortatifs) angesehen werden 
können, zu versagen 51. Befinden sich Gebäude, die von dem allgemeinen Baufluchten- 
plan ergriffen werden, hinter einer Trennungsmauer, so ist zur Vornahme von Bauten 
und Ausbesserungen, die sich hinter dieser Mauer halten, eine aus dem Alignement 
herzuleitende Erlaubnis nicht erforderlich ; mit dem Wegfall der Trennungsmauer ist 
indessen auch das Schicksal der hahinter liegenden Gebäude besiegelt. 
Wenn infolge der Veränderung der Straßenflucht ein Teil der Straße frei wird, 
so erlangt mit der polizeilichen Baugenehmigung der Anlieger das Recht, mit seinem 
Eigentum bis zur nunmehrigen Straßengrenze vorzurücken, und erwirbt in dem Augen- 
blick, in welchem er von diesem Rechte Gebrauch macht, das Eigentum an der frei 
gewordenen Fläche 558. Weigert sich der Anlieger, das freigewordene Gelände zu erwerben. 
so kann er durch die Verwaltungsbehörde seines ganzen Besitzes gegen Entschädigung 
im Wege der Zwangsenteignung entsetzt werden. Solange die entbehrlich gewordenen 
Straßenstreifen nicht aus dem öffentlichen Eigentum ausgeschieden sind, ist für alle 
Bauten an der alten Grenze die Erlaubnis nachzusuchen?“. 
V. Zuständig für die Erteilung der Bauerlaubnis an den Staats-, Bezirks- 
und Vizinalstraßen des großen Verkehrs ist der Bezirkspräsident, wenn kein allgemeiner 
Baufluchtplan vorliegt, andernfalls der Kreisdirektor 55. Hinsichtlich der Vizinal wege 
ist der Bürgermeister zuständig, doch bedarf die von ihm erteilte Erlaubnis noch der 
Genehmigung durch den Kreisdirektor 36; für die übrigen öffentlichen Ortsstraßen bedarf 
der Bürgermeister keiner Genehmigung. Gegen die Entscheidung der vorgenannten 
Behörde ist Beschwerde an die nächsthöhere Instanz gegeben. 
Wird dem Eigentümer durch die Baufluchtfestsetzung Grund und Boden entzogen, 
so erfolgt die Entschädigung nach den Vorschriften des Enteignungsgesetzes?. 
Gegen die Verfügungen des Bezirkspräsidenten, durch welche die Bauflucht fest- 
gesetzt, die polizeiliche Erlaubnis zu baulichen Arbeiten erteilt oder die Ausführung 
eines Baues verboten beziehungsweise verhindert und der bereits begonnene oder vollendete 
Bau beseitigt wird, ist der Rekurs an den Kaiserlichen Rat gegeben, der jedoch nur 
darauf gestützt werden kann, daß die angefochtene Entscheidung eine Verletzung des 
bestehenden Rechts darstelle 5. 
  
51 Beschluß des Staatsrats v. 27. Febr. 1765. Was als Bau-- und Festigungsarbeiten an- 
usehen ist, ist Tatfrage. Das Zirkular v. 20. Sept. 1858 (Art. 9—11) gibt eine Aufzählung der 
estigungsarbeiten. Auf alle Fälle gehören hierher die Verstärkung der Grund= und der Front- 
mauern. Nicht hierher zu rechnen find das Betünchen und Bemalen der Frontmauern (vgl. 
Porud.Giraud S. 94 f.) sowie das Errichten eines Lattenzauns (Rais. Rat v. 20. April 
r. 
5#r Aucoc III S. 1013; Leoni-Mandel S. 198 N. 7 (im Anschluß an den Staatsrat) 
gegen Féraud-Giraud S. 107. Werden die Bauten hinter der Frontmauer baufällig, so bedarf 
es auch zu ihrer Ausbesserung der Erlaubnis. 
58 Ges. v. 16. Sept. 1807 Art. 54. Da es sich um einen einseitigen Eigentumserwerb auf 
Grund eines gesetzlichen Titels handelt, so ist weder die Beobachtung der für die Veräußerung von 
Gemeindeeigentum bestehenden Vorschriften noch die Errichtung einer notariellen Urkunde geboten: 
ebensowenig ist der Eigentumserwerb durch die vorherige Einigung mit der Gemeinde über die an 
dieselbe zu entrichtende Ertschödigung und durch die Zahlung der letteren bedingt. O.-L.G. Colmar 
v. 29. Lenabon, Els.-I. Z. 22, S. 320. grwerb 5 chen Fliche is nicht fiatthaf 
in Zwang gegen den Anlieger zur Erwerbung der fraglichen e ist nicht statthaft. 
5“ Kass. v. 31. Mai 1855, D.P. 55. 1. 253. Die Erlaubnis muß in diesem Falle erteilt 
werden. Leoni-Mandel S. 199 N. 1. 
655 Ges. v. 4. Mai 1864; Ges. v. 28. Plur. VIII Art. 3; Regl. v. 21. Juli 1854 Art. 286. 
66 Leoni-Mandel S. 199 N. 3, im Anschluß an das Regl. v. 21. Juli 1854 (Art. 283. 285). 
? Ges. v. 16. Sept. 1807 Art. 53; Foertsch-Caspar S. 29; Leoni-Mandel S. 199. 
Vorausbezahlung der Entschädigung ist nicht erforderlich. And. Ans. de Lalleau, Traité de 
I’expropriation, S. 1103. 
58 Ver. v. 22. April 1902 (G. Bl. S. 32) § 1 Ziff. I 8, § 4. Handelt es sich um eine reine 
Ermessensfrage der Behörde, so ist nur der Weg der Verwaltungsbeschwerde an die höhere Instanz 
gegeben. Kais. Rat v. 30. April 1904 Nr. 387. Vgl. Kais. Rat v. 17. Nov. 1906 Nr. 455. 
Z Die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung in dem Verfahren über eine Bauerlaubnis ist 
nicht möglich. Kais. Rat v. 16. Febr. 1910 Nr. 554.
	        
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