Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

  
338 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 78 
  
Ortspolizeiverordnungen der Bürgermeifter enthalten?“. Die Erlaubnis ist jederzeit 
widerruflich's. Wird das den Vorbau (lÜberhang) tragende Gebäude erst nach- 
träglich von der Bauflucht ergriffen, so ist die Beseitigung des Vorbaues nicht durch 
die einfache Anordnung der Baupolizeibehörde, sondern nur noch in den Formen der 
Baufluchtservitut oder der Zwangsenteignung möglich 7é. 
VIII. Für gewisse Gemeinden sind durch besondere gesetzliche Bestimmungen 
erhöhte Anforderungen in baupolizeilicher Hinsicht aufgestellt. 
1. Zunächst kommt hier in Betracht das Dekret vom 26. März 1852, betreffend 
die Straßen von Paris, welches auf Antrag auf andere Städte ausgedehnt werden 
kann? (Art. 9). Hiernach hat sich jeder Baufluchtplan auch auf die Höhenlage 
(nivellement) zu erstrecken. Für die Festsetzung der Höhenlage gelten die gleichen 
Formen wie für diejenige der Bauflucht 78. Wer einen Bau zu errichten gedenkt, hat 
einen Plan und einen Durchschnitt des beabsichtigten Gebäudes vorzulegen. Die Behörde 
stellt Bauflucht und Höhenlage unter Berücksichtigung der im Interesse der Sicherheit 
und Gesundheit dienenden Vorschriften fest. Hat der Gesuchsteller innerhalb zwanzig 
Tagen nach Einreichung der Pläne keinen Bescheid erhalten, so kann er mit der Auf- 
führung des Baues beginnen. Der Bau ist so zu errichten, daß er an die Abzugs- 
kanäle der Straße angeschlossen werden kann. Die Vorderseite der Häuser muß 
mindestens alle zehn Jahre geputzt oder neu gestrichen werden (Art. 5). Die Kosten 
der ersten Anlage einer Straße sind von den Straßenanliegern zu tragen“ (Art. 8). 
2. Der Grundsatz, daß die Bestimmungen über die Bauflucht 
nur auf bereits bestehende, nicht auch auf nur projektierte Straßen 
Anwendung finden, ist in weitem Maße durchbrochen worden durch das Gesetz 
vom 21. Mai 1879 (G. Bl. S. 57), betreffend Beschränkungen der Baufreiheit 
in den neuen Stadtteilen von Straßburg. Das Gesetz bezieht sich auf die 
durch das Hinausschieben der Festungswälle eingetretene Ausdehnung des Baugeländes 
intra muros 30. Das Gesetz läßt die bisherigen baupolizeilichen Bestimmungen des 
französischen Rechts bestehen, geht aber inhaltlich weit über dieselben hinaus, so daß man 
wohl von, allerdings im Interesse der Stadtentwicklung sehr heilsamen Ausnahme- 
bestimmungen reden kann. Nach § 3 des Gesetzes vom 6. Januar 1892 (G. Bl. S. 3) 
können die Bestimmungen des Gesetzes von 1879 und von 1892 durch Kaiserliche 
Verordnung auf andere Gemeinden oder bestimmte Teile derselben ausgedehnt werden, 
falls der Gemeinderat entsprechenden Antrag stellt 3#1. 
74 Ges. v. 16. Aug. 1790 Tit. XI Art. 3. 
76 Kafs. v. 26. Aug. 1859, D.P. 59. 1. 519. Für die Erlaubnis zur Anbringung von Vor- 
sprüngen werden besondere Baugebühren erhoben. Vgl. Bruck, Gem.O., S. 227. 
* Leoni-Mandel S. 200. » 
77DasDekketiftein By décret-loi und ist in E.-L. auf die Städte Straßburg (22. Juni 
1854), Metz (2. Juni 1858), Mülhausen (21. Jan. 1858) und Bolchen ausgedehnt worden. Aus- 
enommen von der Ausdehnung find die Art. 1, 7 des Dekrets. Über die gegenwärtige Geltung des 
ekrets: O. L.G. Colmar v. 16. Okt. 1899, Els.-I. Z. 25 S. 513. Wo das Dekret nicht gilt, können 
neine Wirkungen durch eine baupolizeiliche Verordnung erreicht werden. Leoni-Mandel S. 202 
. 2; Bruck II S. 205. Das Dekret ist durch die Gesetze v. 1879 und 1892 nicht aufgehoben 
worden. Eine weitere Ausdehnung desselben auf andere Städte erscheint indessen ausgeschlossen. 
76 Das Nivellement muß allgemein sein; ein Spezialnivellement ohne die Grundlage eines 
allgemeinen Nivellements wäre ungültig. Guilleaume, Trsité de la voirie urbaine, Nr. 252; 
Leoni-Mandel S. 200 N. 12. 
7° Art. 8 des Dekrets gilt nur da, wo nicht die weitergehenden Bestimmungen des Gesetzes 
von 1879 Platz greifen. 
d0 Uber die Motive des Gesetzes vgl. Landesausschußverh. 1879, 6. Ses. Rd. 1 Vorl. Nr. 2, 
Bd. II S. 17, 328, 386. Das Gesetz bezieht sich auch auf bebaute Grundstücke. O. L.G. Colmar v. 
14. Mai 1912, Elfs.-l. 7 913 S. 306. 
Das preußische Baufluchtliniengesetz v. 2. Juli 1875 war in vielen Beziehungen vorbildlich. 
Val. Friedrichs, Erläut. zum Gese von 1875, 2. Aufl. 
Ahnlich wie das preußische Baufluchtliniengesetz aus dem preußischen Enteignungsgesetz vom 
11. Juni 1874, so sind auch die Gesetze von 1879 und 1892 aus dem Enteignungsgesetz v. 1841 zu 
ergänzen (vgl. R.G.E. 31 S. 273 und Entwurf z. els. I. Enteignungsgesetz v. 1904 S. 48, Landes- 
ausschußverh. 1904). O. L.G. Colmar (Kass.) v. 3. Juni 1910 S. 5. 
*: #1 Dies ist in umfangreicher Weise geschehen. Vgl. die Aufzählung der Städte bei Bruck II 
S. 207 N. 4. Inzwischen ist eine weitere Vermehrung eingetreten. Die Bestimmungen der Gesetze
	        
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