8 78 Die Bau- und Feuerpolizei.
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a) Das Gesetz von 1879 bestimmt in seinem § 1, daß nach der Bekannt=
machung des festgestellten Bebauungsplanesss auf dem durch die Er-
weiterung der Umwallung von Straßburg der Stadt zuwachsenden Boden Gebäude
nur unter Beobachtung des Alignements 35 und der besonderen Bedingungen er-
richtet werden dürfen, welche im Gesundheits= und Entwässerungsinteresse in einer
von dem Bürgermeister zu erlassenden und zugleich in zwei der für gesetzliche
Publikationen bezeichneten Zeitungen zu veröffentlichenden Verordnung vorgeschrieben
werden. Alle Neubauten sowie Um-- und Ausbauten, welche vom Tage der Bekannt-
machung des Bebauungsplanes ab auf den zur Anlegung von Straßen und öffentlichen
Plätzen bestimmten Grundflächen errichtet werden, bleiben, wenn die Straßen gebaut
und der betreffende Boden dem Eigentümer im Wege der Zwangsenteignung entzogen
wird, bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt (§ 2 1) 84.
Die Eröffnung und Instandhaltung einer Straße erfolgt auf Beschluß des
Gemeinderats, sie muß erfolgen, sobald die nach der Fassadenlänge zu berechnende
Mehrheit der an die betreffende Straße angrenzenden Grundeigentümer sich verpflichtet,
ihre Grundstücke zu überbauen (§ 3).
Die Angrenzer haben im Verhältnis der Fassadenlänge ihrer Grundstücke außer
der Bezahlung des Wertes des Grund und Bodens die Kosten der ersten An-
lage der Straße 35, der Einebnung, Entwässerung, des Pflasters und des Trottoirs
zu tragen. Dabei kann der einzelne Eigentümer nicht für mehr als die Hälfte der
v. 1879 und 1892 können ganz oder teilweise durch K. Verordnung auf andere Städte aus-
edehnt werden. Kais. Rat v. 11. Febr. 1911 Nr. 591. Die Gesetze v. 1879 und 1892 erstrecken
66 et Stadtgebiete, für welche bisher ein Bebauungsplan nicht aufgestellt war (vgl. § 1
es. v. .
* Der Bebauungsplan ist eine Sammlung baupolizeilicher „Anordnungen“, durch welche
festgestellt wird, welche auf dem Weichbild einer Stadt belegenen Grundstücke mit Gebäuden besetzt
werden können, und welche Grundstücke, als zu öffentlichen Straßen und Plätzen bestimmt, unbebaut
gela en werden sollen. Vgl. Obertrib. in Strieth. Arch. 75 S 217; R.G. v. 12. Nov. 1901, Jur.
och. 1902 S. 48, und in Gruchots Beitr. 47 S. 1117. Vgl. ferner R.G. v. 22. März 1901,
Jur. Woch. 1901 S. 318. Der Bebauungsplan ist aber weiterhin nicht bloß für die Bauflucht,
sondern auch für die verschiedenen Rechte und Pflichten der Gemeinde und Grundeigentümer maß-
ebend (Kais. Rat v. 19. März 1910). Er schafft insofern eine „Rechtslage" unter den Be-
eiligten. Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte,
ss V. O.L.G. Colmar v. 25. Jan. 1898, Elf.-l. Z. 23 S. 248 und v. 27. Nov. 1899
Bd. 25 S. 149. Z
8 Vgl. (für preuß. Recht) bezüglich der Entschädigungspflicht der Gemeinde R.G. v. 27. Mai
1910, E. 30 S. 18.
38 Es find dies die sogenannten Straßenkostenbeiträge, die zu vielen Prozessen Veranlassung
geben.
Das Gesetz spricht ausdrücklich von den „Kosten der ersten Anlage der Straße"; Anlieger
bereits ausgebauter Straßen können zu den Kosten solcher Straßenbauten nicht herangezogen
werden, die kur Durchführung eines später gesteigerten Verkehrs erforderlich geworden find. Soweit
Bebauungspläne auf Grund der früheren Bestimmungen (insbes. des Dekr. v. 26. März 1852) fest-
gesetzt sind, ist für die Gesetze v. 1879 und 1892 kein Raum.
Vgl. Kais. Rat v. 11. Dez. 1911 Nr. 591. Die Bauleitungskosten können nicht auf
die Strabenkoften verrechnet werden (Kais. Rat v. 18. Febr. 1911 Nr. 592), wohl dagegen die zur
Entwässerung der Straße notwendigen Kanalisationskosten (Kais. Rat v. 3. Okt. 1908 Nr. 510). Vgl.
ferner Kais. Rat v. 12. Okt. 1907 Nr. 475 und v. 20. April 1904 Nr. 383.
Bezüglich der rechtlichen Natur der Straßenkostenbeiträge ist zu beachten, daß sie zum
mindesten seit dem 1. Januar 1900 gemäß § 6 A.G. Z. V.G. als dungliche Rechte am Grund-
stück anzusprechen find. Es handelt sich um öffentliche Lasten des Grundstücks (5 10 Zw.G.;
Kais. Rat v. 23. Juni 1906 Nr. 443). Es besteht indessen keine gesetzliche Bestimmung, wonach mit
dem Eigentumsübergang auch die persönliche Verpflichtung des bieherigen Eigentümers zur Zahlung
der Straßenbaukosten auf den Erwerber übergeht (Kais. Rat v. 19. Dez. 1908 Nr. 508). Als Zeit-
vunkt für die Entstehung des Anspruchs auf die Straßenkostenbeiträge hat die Fertigstellung
er Straße zu gelten, nicht die eanntmachung des Bürgermeisters nach § 2 Abs. 3 des Ges. v.
1892; letztere ist lediglich ein Beweismittel für die Fälligkeit der Beiträge (Kais. Rat v. 2. Jan.
1909 Nr. 509). Die zuletzt zitierte Entscheidung gibt auch Aufschluß über die Berechnung der
Fassadenlänge. Vgl. auch O. L.G. Colmar v. 14. Mai 1912, Els.-l. 3. 38 S. 304.
Hat der Anlieger die Straßenkosten beiträge vorausbezahlt, und wird demnächst die geplante
Straße nicht bergestent, so kann er gemäß §& 812 B.G. B. seine Beiträge zurückverlangen. R.Gv.
13,. Jan. 1911, E. (Civ.) 75 S. 145.
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