346 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. § 79
IX. Die Kosten, welche die Ausführung und Unterhaltung des gesamten
Straßennetzes erfordern, werden von dem Staat, den Bezirken und den Gemeinden
getragen.
1. Der Staat zahlt die Kosten der Staatsstraßen, ferner zahlt er Beihilfen zu
den Bezirks= und Vizinalstraßenbauten. Reichen die Einnahmen der Bezirke nicht aus,
so können Zuschläge zu den direkten Staatssteuern, einschließlich der Bergwerkssteuern,
erhoben werden 3°.
Der Bezirk zahlt Beihilfen zu den Vizinalstraßenkosten, und zwar in Form von
regelmäßigen i für die Vizinalstraßen des großen Verkehrs und von außer-
ordentlichen für die übrigen Vizinalstraßen.
Der Bezirkstag beschließt über die für die Vizinalstraßen aufzuwendenden
Mittel, und zwar: a) hinsichtlich der Jaschüst im Falle der Unzulänglichkeit der
Gemeindebeiträge durch Bewilligung von Bezirksauflagen und Verteilung von Bezirks-
zuschüssen an die einzelnen Wegeverbände sowie durch Verteilung der für diese
Straßen bewilligten Beihilfen des Landes; b) hinsichtlich der Gemeindebeiträge durch
Feststellung des Frontarifs“1.
Weiterhin übt der Bezirkstag die Kontrolle über den Eingang und die Ver-
wendung der Mittel für die Vizinalwege aus, und zwar durch Einsicht des Ver-
zeichnisses der zwangsweise aufgelegten Gemeindebeiträge und der über die Verwendung
der Gemeindemittel und sonstigen Einnahmen für Vizinalstraßen zu legenden Rech-
nungen 2.
3. Der Bezirkspräsident hat die gesamte Verwaltung der Staats-, Be-
zirks= und Vizinalstraßen. Er bestimmt insbesondere die Vornahme von Bauten und
genehmigt die Kostenanschläge; er setzt weiterhin das Beitragsverhältnis und die jähr-
lichen Beiträge der dem Wegeverband angehörenden Gemeinden in Geld= und Fron-
leistungen nötigenfalls zwangsweise fest und regelt die Vizinalstraßenetats innerhalb
der durch die Bewilligung des Bezirkstages gezogenen Grenzen 45.
Zur Ausführung des Vizinalwegegesetzes sind von den Bezirkspräsidenten nach
Anhörung des Bezirkstages Vizinalwegeordnungen ju erlassen, welche der Be-
stätigung des Ministeriums bedürfen "“. Dieselben haben Bestimmungen über die höchst-
zulässige Breite der Wege, über die Fronen /5, das Rechnungswesen und die Vergebung
der Arbeiten, das Alignement usw. zu enthalten 1.
Jedem Bezirkspräsidium sind zur Ausführung der technischen Arbeiten Bauräte
3. Ges. v. 29. Aug. 1898 (G. Bl. S. 85) § 4. Das am 1. April 1899 in Kraft getretene
Gesetz hat die Verminderung der Geld= und namentlich der gtronleistungen der Gemeinden zum
Gegenstand. Es sollen jährlich außer den bisherigen Beihilfen für Bezirks= und Bizinalstraßen (in
Höe von 286 900 Mk.) weitere 200 000 Mk. in den Landeshaushalteetat eingestellt werden, aus
welchen die Bezirke Zuschüsse erhalten, die für Unterelsaß höchstens 77000 Mk., Oberelsaß höchstens
33000 Mk. und Lothringen höchstens 90 000 Mk. betragen.
40 Art. 8 Ges. v. 1836; Art. 1 Ziff. 7 Ges. v. 18. Juli 1866.
"11 Art. 4 Ges. v. 1836. 4# Art. 5 Ges. v. 1836.
*# Art. 6—9 Ges. v. 1836. #
bind ⅛ Leoni-Mandel S. 222. Nach der Bestätigung find sie auch für die Bezirkspräfidenten
indend.
“ Es sind dies Naturalleistungen, die in keiner Beziehung zu den früheren Feudalrechten der
Herrschaften, welche seit 1789 sämtlich beseitigt sind, stehen. Jeder Haushaltungsvorstand, der zur
direkten Steuer veranlagt ist, muß für seine Person und für jede arbeitsfähige männliche Verson
von 18—60 Jahren, welche zu seinem Hausstand gehört, ferner für jedes bespannte Fuhrwerk und
für jedes Last-, Zug= und Reittier, welches in seinem Dienste in der Gemeinde verwendet wird,
Leistungen in Form von höchstens vier Arbeitstagen oder Geldbeiträgen erbringen. Die leptteren
werden nach Art der direkten Steuern veranlagt. Vgl. oben S. 175.
“ Ein Ministerialzirkular v. 21. Juli 1854 hat eine Musterverordnung aufgestellt. Möll.
Smlg. II S. 760. Unterelsaß v. 9. Okt. 1854, 15. Sept. 1874 und 18. Febr. 1891; Oberelsaß v.
21. Aug. 1854; Lothringen v. 20. Aug. 1854 und 20. April 1883. De Abänderung der Art. 57
bis 82 des Vizinalwegeregl. v. 9. Ott. 1854 ist genehmigt durch Erlaß des Min. v. 6. Sept. 1908.
Die Verordnungen enthalten Bestimmungen über die Einsetzung von Wegebaukommissionen,
welche aus Mitgliedern des Bezirkstages, der Kreistage, Bürgermeister und sonstigen an der Wege-
unterhaltung intereffierten Personen bestehen und vom Bezirkspräsidenten ernannt werden. Den
Kommissionen kommt nur eine beratende Tätigkeit zu. Art. 274—280.