Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

350 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 80 
Die Kosten der Anlage und der Unterhaltung der Feldwege hat die Gemeinde zu tragen. 
Zu diesem Zweck können die Gemeinderäte, in den kleinen Gemeinden unter Zustimmung 
der Höchstbesteuerten, mit Genehmigung des Bezirkstages die Auferlegung eines vierten 
Frontages 7'“ beschließen. Ferner dürfen diej digen Gemeinden, die ihre klassierten 
Vizinalwege vollständig ausgebaut haben, den Uberschuß der Fronleistungen bis höchstens 
zu einem Drittel des Gesamtbetrages mit Genehmigung des Bezirkstages auf die 
öffentlichen Feldwege verwenden, wenn sie zum Unterhalt ihrer Vizinalstraßen vom 
Staat und Bezirk keine Unterstützung erhalten 7é. 
Zur Anlegung und Unterhaltung von Feldwegen 77 können Syndikatsgenossen- 
schaften (Feldwegegenossenschaften) gebildet werden 18. An eine solche Genossenschaft 
dürfen durch Beschluß des Gemeinderates mit Genehmigung des Bezirkspräsidenten ' 
Gemeindefeldwege unentgeltlich abgetreten sowie die von der Genossenschaft hergestellten 
Privatfeldwege für die Gemeinde erworben werden. Durch das Gesetz vom 30. Juli 
1890 wurde den Genossenschaften in ihrem Verbandsgebiet die Herbeiführung einer 
zwangsweisen Vertauschung der Grundstücke gegen neu zu bildende Grund- 
stücke unter der Bedingung gestattet, daß die Regelung von Feldwegen (oder von Be- 
wässerungen) nur unter Neueinteilung des beteiligten Grundeigentums ausführbar ist. 
Bei diesem Verfahren geht das Eigentum mit der Hinterlegung des Zuteilungswerkes 
auf dem Amtsgericht unmittelbar auf die neuen Erwerber über. 
Einen weiteren Schritt vorwärts bedeutet das Gesetz, betreffend die 
Abtretung von Grundeigentum zu Meliorationszweckenso vom 30. Juli 
1907 (G.Bl. S. 97). Hiernach können die autorisierten Genossenschaften auch ohne 
Neueinteilung der beteiligten Grundstücke in einem Zwangsverfahren unmittelbar die 
zur Durchführung ihres Unternehmens erforderlichen Grundstücke gegen Entschädigung 
erwerben. Das Eigentum (§. 7) geht hier mit der Hinterlegung des Zuteilungswerkes 
beim Amtsgericht auf die Genossenschaft über. Mit dem gleichen Zeitpunkte sind die 
an den erworbenen Grundstücken bestehenden Rechte, soweit sie nicht an dem Zuteilungs- 
werk ausdrücklich vorbehalten sind, erloschen. Die Berechtigten haben an der Ent- 
schädigungssumme dieselben Rechte, die ihnen im Falle des Erlöschens ihres Rechts 
durch Zwangsversteigerung an dem Erlöse zustehen. 
§ 80. Das Enleignungsrecht. I. Die Zwangsenteignung von Grundstücken 
ist ein besonderer Fall der öffentlich-rechtlichen Entschädigung als solcher 1, es ist die 
im öffentlichen Interesse erfolgende zwangsweise Entziehung von unbeweglichem Privat- 
eigentum gegen vorherige Entschädigung. Die Entziehung erfolgt durch einen öffentlich- 
rechtlichen Akt der Verwaltung, sie erzeugt aber zum großen Teil privatrechtliche 
Wirkungen . Das Enteignungsrecht gehört daher in erster Linie dem öffentlichen und 
nur in zweiter Linie dem Privatrecht an? (vogl. Art. 109 E.G. B. G. B.). 
Zirk. v. 16. Nov. 1839 klassiert worden find, öffentliches Eigentum darstellen. Darüber hinaus wird 
dies noch angenommen bei NFeldwe en, die dem öffentlichen Verkehr dienen, und bezüglich derer der 
Wille der Gemeinde, den Weg als öffentlichen 4Pr behondeln, — Widerspruch der Interessenten 
bekundet ist (O. L.G. Colmar v. 22. Nov. 1902, S. 462), sowie dann, wenn fie seit 
unvordemklicher Zeit bestehen und von Suren Sngele sind. Kisch S. 389. 
Ges. v. 17. Juli 1884 (G. Bl. S. 105). Der Bezirketag kann den Bezirkspräfidenten er- 
wachtigen sür sihm die Genehmipung zu werteilen. Verh. Bezirkstag des Unterelsaß 1898 S. 160; 
Bruck III es. v. 21. Juli 1870. 
V77 de alter ung der Entwürfe zu Feldwegeanlagen und deren Ausführung gehört zum aus- 
schließlichen Geschäftsbereich der Meliorationebauverwaltung, die diese Arbeiten von Amts wegen zu 
leiten hat. Die Ausführung der gleichen Arbeiten hinsichtlich der klafjierten Vizinalwege und der 
Ortsgassen ist dagegen Sech- der Wegebauverwaltung. Min.Verf. v. 15. Jan. 1906 IV 16 508. 
8 Ges. v. 21. Juni 1865, 11. Mai 1877 und 14. April 1884; Kisch S. 525; Molitor- 
Stieve S. 24, 240. 4. 
*½ Die dem Bezirkspräsidenten obliegenden Funktionen können durch das Ministerium anderen 
Behörden übertragen werden. 
80 Ausführungsbestimmungen v. 15. Okt. 1908 (Centr. Bl. S. 289). 
I5 80 1 Fleiner S 2353. Kisch S. 530 f. 
erkwürdigerweise bringen aber weder Leoni-Mandel noch Bruck eine zusammen- 
hangende Darstellung des Enteignungsrechts, wohl dagegen ist dies in den zivilrechtlichen Lehrbüchern
	        
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