d 80 Das Enteignungsrecht 353
Rekurs kann gestützt werden 20 auf: Unzuständigkeit, Machtüberschreitung, Unzulässigkeit
des Rechtsweges und Verletzung wesentlicher Formvorschriften 21.
5. Mit der Verkündung des Enteignungsurteils verliert der Eigentümer sein
Privateigentum, ferner erlöschen alle an dem Grundstück bestehenden dinglichen
und persönlichen Rechte sowie der Besitz ?2. Der Eigentümer erwirbt dafür einen An-
spruch auf die Entschädigungssumme (Art. 17 III, 18), die entweder für jedes
Recht oder für jeden Anspruch besonders bestimmt oder in der Entschädigungssumme
des Eigentümers einbegriffen wird (Art. 51—54, 109). Erklärt sich der Eigentümer
oder die übrigen Berechtigten mit der angebotenen Entschädigung nicht einverstanden
(Art. 24, §§ 1, 2 Ges. 1887), so werden sie seitens der Verwaltung bzw. des Unter-
nehmers vor die Geschworenenbank geladen. Dieselbe wird durch die Zivil-
kammer des Landgerichts gebildet; sie besteht aus einem richterlichen Vorsitzenden und
zwölf Enteignungsgeschworenen 253, die alljährlich vom Bezirkstag aus den berichtigten
Urlisten für Schöffen und Geschworene für jeden Kreis gewählt werden. Aus der
(etwa 25—30 Personen umfassenden) Liste werden durch die Zivilkammer sechzehn
Geschworene und vier Hilfsgeschworene behufs Bildung der Bank ausgelost . In
der Sitzung werden die Geschworenen beeidigt; es werden denselben die Angebote und
Forderungen?5, die Parzellarpläne und die von den Parteien vorgelegten Erwerbs-
und sonstigen Urkunden vorgelegt 5. Auf Grund öffentlicher Verhandlung entscheidet
sodann die Bank mit Stimmenmehrheit über die Höhe des Entschädigungsanspruchs?.
Der Spruch wird sodann nach Unterzeichnung der Geschworenen verkündet, nachdem
er mit Kostenentscheidung versehen 28 und für vollstreckbar erklärt ist (Art. 38,
41 Ges. von 1887 §§ 5, 6). Die zugebilligte Entschädigung darf nicht geringer sein
als das Angebot der Verwaltung ? und nicht höher als die Forderung der Beteiligten.
20 Auch gegen ein den Antrag auf Zwangsenteignung ablehnendes Urteil ist der Kassatione-
rekurs geerben, O.L. G. Colmar v. 14. Jan. 1903, Els.-l. Z. 28 S. 467. Bgl. ferner O.L. G. Colmar
v. 11. März 1905, Elf.-l. 3. 30 S. 570.
Nach Rechtskraft des Enteignungsurteils kann die Gültigkeit der die Enteignung als im
öffentlichen Nutzen liegend erklärenden K. Verordnung nicht mehr in Zweisel gezogen werden. O. L. G.
Colmar v. 9. März 1906, Els.-l. 3. 32 S. 240. Auch anderweite, an sich den Kassationsrekurs be-
gründende Verstöße können nach Rechtskraft des Enteignungsurteils nicht mehr zum Gegenstand eines
gegen die Kutschetdung der Geschworenen im Entschädigungsfestltellungsverfahren einzulegenden
Kassationsrekurses gemacht werden. O L.G. Colmar (Kass.) v. 29. Sept. 1907, Els.-l. Z. 33 S. 80.
21 Die Prüfungspflicht ist bei Zwangsenteignung nach dem Ges. v. 1841 eine erheblich
weitergehende als nach dem Ges. v. 30. März 1831. Vgl. O.L.G. Colmar (Kass.) v. 23. April 1909,
Els.-I. Z. 34 S. 339.
3# Der Eigentüner hat binnen acht Tagen nach Zustellung des Urteils die Entschädigungs-
berechtigten, z. B. Nießbraucher, Pächter usw., der Verwaltungsbehörde bzw. dem Unternehmer
bekanntzugeben. Art. 63. (Als Unternehmer im Sinne dieses letzten Artikels gilt auch der Reichs-
militärfiskus. Els.-lI. Z. 34 S. 113.) Die Verwaltung bzw. der Unternehmer gibt dem Eigentümer
bzw. den #eeren ihr bekannt gegebenen Berechtigten das Ertschädigungsangebot bekannt.
3:3 Uber die Entschädigung der Geschworenen val. Els.-I. Z. 26 S. 215.
2. Beteiligte find ausgeschlossen. Über die Ladung zum Verfahren u. a. vgl. Art. 30—35.
2„5 Die Entschädigungsforderung des Enteigneten muß der Höhe nach bestimmt sein. O.L.G.
Colmar (als Kass.) v 11. #we 1969, Elf.-l. Z. 34 S. 451.
2e Vgl. hierüber O. L.G. Colmar Kass. v. 10. Mai 1907, Els.-I. Z. 33 S. 33 S. 77.
?7 Der Enteignete soll vollkommen entschädigt werden, mithin auch für diejenigen Nach-
teile, die aus der Ausführung des die Enteignung veranlassenden gemeinnützigen Unternehmens auf
dem enteigneten Teil des Grundstücks dem dem Eigentümer verbliebenen Teil desselben entspringen.
O. L. G. Colmar v. 20. Febr. 1899, Els.-l. Z. 24 S. 351.
#286 Gemäß § 47 A.G. C.P.O. sind die Vorschriften der Civilprozeßordnung auf die Kosten-
festiehun im Zwangsenteignungsverfahren anzuwenden (O.L.G. Colmar v. 30. Mai 1904, Elf.-l. 3.
30 S. 32), wie überhaupt ganz allgemein die prozeßrechtlichen Bestimmungen der Civilprozeßordnung
r*Wx fürt de Erteignungsgeset in Betracht kommen. O.L.G. Colmar (Kass.) v. 7. Gn 1898,
lII. -I. Z. 18 . 218.
9. eine von irrigen Grundsätzen bei der Verteilung. der Kosten des Verfahrens ausgehende
Entscheidung des Direktors der Geschworenenbank ist auch dann, wenn die Entscheidung der Ge-
schworenenbank über die Höhe der Entschädigung rechtskräftig geworden ist, Kassationsrekurs zulässig.
O.L.G. Colmar (Kass.) v. 13. Okt. 1905, Els.-I. Z. 1908 S. 240. Über Anwaltsgebühren im Ent-
eignungsverfahren Els.--I. Z. 26 S. 139.
* Bl. O. L.G. Colmar (Kass) v. 10. Dez. 1909, Els.-l. Z. 35 S. 517, und Kisch S. 535 N. 25,
Fischbach, Elsaß Lothringen. 23