Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

360 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 81 
  
ublies, soweit Eisenbahnen in Betracht kommen?“. Soll öffentliches Gut daher 
eichszwecken gewidmet werden, so kann die Anderung der Widmung, etwa durch 
Unterdrückung oder Verlegung des Weges, nur durch Zusammenwirken des Statthalters 
als der obersten elsaß-lothringischen Verwaltungsinstanz mit dem Reichskanzler geschehen. 
Eine Entscheidung des Bundesrats (§ 24 II V.G.) kommt hierbei nicht in Frage, 
da derselbe nur dann zur Entscheidung berufen ist, wenn über den Umfang der der 
Reichsverwaltung zustehenden Rechte, im Sinne von Zuständigkeiten auf Grund be- 
stehender Rechtsnormen, Meinungsverschiedenheiten bestehen, nicht dagegen, wenn es sich 
um die Schaffung von Rechtslagen handelt?. 
Durch die Gestattung der Mitbenutzung eines Teils der Straße zur Anlage 
der Bahn wird die rechtliche Eigenschaft der Straßenflächen, auf welche die Mit- 
benutzung sich erstreckt, jedenfalls nicht berührt 25, was wiederum die Folge hat, daß die 
Unterhaltung der von der Eisenbahnverwaltung mitbenutzten Wegestrecken Sache der 
Straßenbauverwaltung bleibt. 
VIII. Durch das Gesetz vom 15. Juli 1845 sind die vom Staat gebauten 
oder konzessionierten Eisenbahnen als Teil der grande voirie erklärt worden; sie ge- 
hören infolgedessen zum öffentlichen Gut (des Reiches oder des Landes), und das 
Eigentum an diesen Bahnen, zu welchen auch die Klein= und Straßenbahnen der Ge- 
meinden oder der Konzessionäre gehören, steht sonach dem Reich bzw. Lande zu. Nach 
§ 44 A.G. B.G. B. ist indessen die Eigenschaft als öffentliches Gut auf die Schienen- 
wege (einschließlich Böschungen, Brücken, Tunnels usw.) beschränkt 7. 
IX. Soll die Bahn eines privaten Unternehmers an die Reichseisenbahn- 
verwaltung abgetreten werden, so bedarf es keiner Mitwirkung der Landesgesetz- 
gebung (vgl. § 49 A. G. B. G. B.), da die Einwilligung der Landesoerwaltung zur 
Ubernahme des Betriebes durch die Reichseisenbahnverwaltung nicht den Charakter der 
Veräußerung von Staatsgut hat. Da der einmal eröffnete Eisenbahnweg mit Zubehör, 
gleichviel, ob er vom Staat oder einem konzessionierten Unternehmer hergestellt oder 
betrieben wird, im öffentlichen Eigentum (domaine public) steht und diese Eigenschaft 
behält, solange er überhaupt dem Eisenbahnzweck dient, so kann er die Form von 
veräußerlichem Staatsgut überhaupt nicht annehmen. Durch den Rückkauf oder den 
Heimfall der Konzession tritt weder einerseits ein Eigentumserwerb ein, noch stellt 
andererseits der Verzicht auf diese Rechte einen Verzicht auf Grundeigentum oder auf 
den Erwerb von Grundeigentum dar. 
X. Reichsrechtliche Bestimmungen. Nach dem Gesagten hätte es der 
Einführung der Bestimmungen der Reichsverfassung in Elsaß-Lothringen gar nicht be- 
durft, da das' Reich hier im Gegensatz zu den Einzelstaaten von vornherein alle aus 
der Eisenbahnhoheit fließenden Rechte ausüben konnte. Diese Bestimmungen lauten 
Molitor-Stieve S. 182 im Gegensatz zu O. Mayer, Off. Arch. 15 S. 511. 
:5 Wenn die Landesverwaltung eine Eisenbahn (mit Zustimmung des Reiches) baut oder zum 
Bau von Straßenbahnen die Konzession erteilt, und zum Bau die Inanspruchnahme von öfentlichem 
Gut der Bezirke oder der Gemeinden erforderlich wird, nimmt sie selbst (d. h. regelmäßig der Minister 
der öffentlichen Arbeiten) die Widmungsänderung vor; denn die Landesregierung selbst bestimmt in 
erster Linie die Zwerckbestimmung, des öffentlichen Gutes. Die Bezirke oder Gemeinden haben kein 
Widerspruchsrecht. Wenn nun Molitor-Stieve (S. 580 Nachtrag, im Anschluß an franzöfische 
Schriftsteller) noch außerdem verlangen, daß der Staat den beanspruchten Teil des öffentlichen Gutes 
übernehme, insbesondere also Straßen, die er benötige, zu Staatsstraßen klassiere, so ist ein Rechts- 
grund für diese weitergehende Forderung nicht ersichtlich. # 
26 Eine Veräußerung solcher Straßenflächen, auch durch Austausch, in der Weise, daß die 
Eisenbahnverwaltung das zur notwendigen Verbreiterung der Straße erworbene und für Straßen= 
bauzwecke verwendete Terrain als Gegenwert anbeetet, ist nicht statthaft. Es handelt sich um ein 
beschränktes Mitbesitzrecht an einer öffentlichen Sache. O. Mayer, Off. Arch. 17 S. 235; Schmidt 
in Pr. Verw. Bl. 30 S. 390. 
27 Der Begriff des Schienenweges ist nicht zu eng zu fassen: es gehört dazu auch das ganze 
Planum bis an die Verwaltungsgebäude der Tahn, dagegen nicht der Bahnhof als solcher, die 
Schuppen, die industriellen Anschlußgleise. Zur Erbauung der letzteren, die kein öffentliches 
Gut bilden, ist eine Konzession nicht erforderlich. Bilden sie sich jedoch zu öffentlichen Verkehrs- 
wegen aus, etwa dadurch, daß ein größerer Kreis von Interefssenten Güter auf diesen Gleisen be- 
fördert, so wird nachträglich noch die Konzession nachgesucht werden müssen.
	        
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