386 Fünfter Teil. Das Staatskirchenrecht. l 86
Das Vermögen jedes Priesterseminars wird von einer besonderen Kommission
verwaltet; der Schatzmeister dieser Kommission wird auf Gutachten des Bischofs und
des Bezirkspräsidenten vom Ministerium ernannt (Art. 62 Dekret vom 16. November
1813). Die vorbezeichnete Kommission verwaltet auch das Vermögen der Knaben-
seminare (Art. 3 f. Dekret vom 30. Dezember 1809).
V. Zu den kirchlichen Anstalten mit juristischer Persönlichkeit ge-
hören vor allem das bischöfliche Amt (mensa episcopalis)?21, an welchem dem jeweiligen
Bischof der Nußgenutz zusteht, ferner das Vermögen des Domkapitels, an welchem den
Domkapitularen, und das Vermögen des Pfarramts, an welchem dem Pfarrer die
Nutznießung zusteht.
Das Vermögen der Kirchenfabriken ist zur Bestreitung der Auslagen für den
Gottesdienst bestimmt 22. Der Fabrikrat und ein Pflegerausschuß vertreten die Fabrik;
letzterem liegt die eigentliche Verwaltung ob. Der Fabrikrat besteht je nach der
Einwohnerzahl der Pfarrei aus fünf bis neun teils vom Bischof, teils vom Bezirks-
präfidenten ernannten Mitgliedern; Mitglieder von Rechts wegen sind der Pfarrer und
der Bürgermeister und, falls dieser nicht katholisch ist, der Beigeordnete oder ein Ge-
meinderatsmitglied. Der Pflegerausschuß setzt sich aus dem Pfarrer und drei Fabrik-
mitgliedern zusammen. In erster Linie ist das Vermögen für den Bau und die Unter-
haltung der Pfarrkirche und des Pfarrhauses zu verwenden 26. Reicht das Vermögen
nicht aus, so ist die Gemeinde verpflichtet, zu den Kultuskosten beizutragen (§8 65,
(Art. 25). Die Kgl. Ord. v. 5. Okt. 1814 (Champ. 1I S. 471) übertrug die Leitung der genannten
Anstalten und die Ernennung des Vorstehers und der Lehrer dem Bischof. Die Ord. v. 16. Juni
1828 (eod. S. 313) verlangte für die Vorstände die Bestätigung durch das Staatsoberhaupt; das
Unterrichtsgesetz v. 15. März 1850 schränkte die Tätigkeit der staatlichen Behörden hinsichtlich der
Knabenseminare ein (Art. 17, 21, 70). Unter deutscher Herrschaft wurde von maßgeblicher Be-
deutung das Geset, v. 12. Febr. 1873 (G Bl. S. 37) und die auf Grund desselben erlassene Ver.,
von welcher die Ausf. Ver. v. 10. Juli 1873 (G. Bl. S. 166), abgeändert durch Ver. v. 20. Juni
1883 (G. Bl. S. 83), und das Regulativ für die höheren Schulen vom gleichen Tage, abgeändert
durch Reg. v. 20. Juni 1883 (Centr. Bl. S. 181), in Betracht kommen. Danach stehen die bischöfl.
Knabenseminare unter der Leitung und Aufsicht der Staatsbehörden. und zwar des Ministeriums,
seit der Ver. v. 21. April 1882 (G.Bl. S. 67) des Oberschulrats. Letzterer bestimmt die Lehr-
aufgaben und Unterrichtsstunden und sichert die Befolgung der hiernach von ihm erlassenen An-
ordnungen durch den ihm unmittelbar verantwortlichen Direktor. Dieser, ebenso wie die Lehrer,
werden vom Bischof ernannt, die Ernennung bedarf jedoch der Genehmigung des Oberschulrats.
(5§ 6, 9 Auss. Ver. v. 10. Juli 1873).
In E.-L. haben weder die Geistlichen noch die Laienmitglieder und Beamten der Kultus-
behörden die Eigenschaft von Staatsbeamten, da sie keine staatlichen Funktionen ausüben und nicht
im Namen des Staates tätig sind. Soweit ein kath. Geistlicher Religionsunterricht an öffentlichen
Schulen im Rahmen des Lehrplans erteilt, steht ihm jedoch Beamteneigenschaft und in gewissen Grenzen
ein Züchtigungsrecht zu. Es gilt dies aber nicht für den außerhalb des Lehrplans erteilten Unter-
richt (Christenlehre, Kommunionsunterricht) (O. L.G. Colmar v. 17. Mai 1898, Els.l. Z. 23 S. 543).
Wgen des Züchtigungsrechts vgl. R.G. E. (Str.) 33 S. 72, ferner R.G. v. 15. Jan. 1900, Elf.-l. 3.
1900 S. 208 u. 532; bei Reger, E. Bd. 20 S. 346. 4
*! Durch Verf. v. 24. Germ. wurden die bischöflichen Paläste wieder zur Aufnahme der
Bischöfe bereitgestellt und durch Finanzeset v. 26. Juti 1829 (Art. 8) die Mobiliareinrichtung der
Paläste ebenfalls auf die Staatskasse übernommen. Die Ord. v. 17. April 1819 u. v. 4. Jan.
1832 ordneten zugleich die Inventarifierung der Mobiliareinrichtung und sährltich Revifionen durch
den Präfekten oder dessen Stellvertreter an. Bei eingetretenem Tode des Bischofs ist über das vor-
handene Mobiliar sofort, eventuell unter Zuziehung von Bevollmächtigten der Erben, ein Inventar
aufzustellen. Während der Sedisvakanz ordnet der Kuliusminister einen Kommissar zur Verwaltung
der mensa episcopalis ab; vgl. Dursy I 65 f. Dekr. v. 6. Nov. 1813 Art. 34 f. Enz in Ver-
bindung steht damit die Siegelanlage am bischöflichen Palast und den übrigen von ihm bewohnten
Gebänden durch den Friedensrichter (Art. 37). « ·
WNachArt.liDc.-kr.v.30.5)ez.1809istdaszklzermöender.fkirrhe11fctl-tsiketcsamt-wenden-
»deveilletül’entketienetülaconsetvatioodestempes;d’adm1nistkekleoaumöneset
lesbiens,kentesetpercoptionsautotiscses par les lois et reglements, les sommes supple-
mentaires fournies par les communes, et gn6ralement tous les fonds, qui sont aftectes :„
I’exercice du culte; enfin d’'assurer cet exercice et le maintien de sa dignite dans les
éGglises, auxquelles sont attachées; soit en réglant les dépenses. qdui 7 sont pöcessaires, scit
een assurant les moyens d’y pourvoir.“ Bgl. auch Leo Ober, über die Beschlußfähigkeit der
Kirchenräte, Arch. kath. K.R. 9. II S. 415. -
» VV.dieMin.Verf.v.17.Julil911,betr.denVauunddieUntcrhaltnngvonPfarr-
kirchen und Pfarrhänsern, Instizsamml. 32 S. 560.