Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

* 87 Die Verfassung der Kirche Augsburger Konfession und der reformierten Kirche. 387 
  
73 Gem.O.); umfaßt der Bezirk einer Pfarrei mehrere Gemeinden, so erfolgt die Ver- 
teilung der Kosten auf die einzelnen Gemeinden nach dem Verhältnis der von ihnen 
aufzubringenden direkten Steuern “. 
Der Bischof hat das Recht, Pflichtausgaben der Kirchenfabrik, die in das 
Budget 5 überhaupt nicht oder nicht in angemessener Höhe eingestellt sind, neu ein- 
zustellen beziehungsweise zu erhöhen 26. Die Jahresrechnungen der Kirchenfabrik sind 
der Aufsichtsbehörde in Urschrift vorzulegen. 
§ 87. Die Verfassung der Kirche Augsburger Koufession und der 
reformierten Kirche !. I. Durch die Vereinigung Elsaß-Lothringens mit dem 
Deutschen Reiche sind hinsichtlich der rechtlichen Verfassung der protestanrischen und der 
reformierten Kirche keine wesentlichen Anderungen eingetreten. Die höchsten kirchlichen 
Behörden Augsburger Konfesston, das Direktorium und das Oberkonsistorium, beide 
mit dem Sitze in Straßburg, sind geblieben, während für den Conseil général der 
reformierten Kirche, der übrigens nur begutachtende Funktionen hatte, zunächst ein 
Ersatz nicht geschaffen wurde. Durch diese ihre Organisation unterscheiden sich die beiden 
elsaß-lothringischen Kirchen protestantischen Bekenntnisses wesentlich von den Landes- 
kirchen der deutschen Einzelstaaten, insbesondere Preußens. Während hier der Landes- 
herr Träger der Kirchengewalt (Kirchenregiments) ist, also den Inbegriff der der Kirche 
als Korporation über ihre Mitglieder zustehenden Rechte darstellt, besitzt in Elsaß-Lothringen 
der Landesherr diese Rechte nicht. Die Staatsgewalt hat hier gegenüber den evange- 
lischen Kirchen grundsätzlich die gleiche Stellung wie gegenüber dem katholischen und 
dem israelitischen Kultus, sie besitzt nämlich nur die Kirchenhoheit, d. h. den Inbegriff 
der dem Staat kraft seiner allgemeinen Staatshoheit gegenüber allen Glaubens- 
bekenntnissen gegenüber zustehenden Rechte 2. 
1. Inhaber der Kirchengewalt in der elsaß-lothringischen Kirche Augsburger 
Konfession sind nach dem Gesetze vom 18. Germ. X die beiden leitenden Behörden, 
das Oberkonsistorium und das Direktorium 5. Kirchliche Satzungen werden regelmäßig, 
nachdem das Oberkonsistorium ihren Inhalt festgelegt und das Ministerium von Staats- 
aufsicht wegen die erforderliche Genehmigung erteilt hat, auf Beschluß des Direktoriums 
von dessen Präsidenten verkündet. Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle, in denen 
die kirchenhoheitliche Genehmigung durch Staatsgesetz oder durch Verordnung des 
Staatsoberhaupts zu erteilen ist; hier erfolgt die Verkündigung durch das Staats- 
oberhaupt". Weiterhin wird das Oberkonfistorium nicht vom Landesherrn, sondern 
vom Direktorium, wenn auch mit Genehmigung der Regierung berufen (Art. 42 Germ. 
  
Art. 4 Ges. v. 14. Febr. 1810 in Verbindung mit Staatsratgutachten v. 14. Dez. 1810. 
26 Eine I#uckänderun hinsichtlich der von einer Gemeinde geleisteten Beiträge, z. B. anstatt Auf- 
wendungen für den Unterhalt des Vpgrrhauses, Befriedigung anderer Kuliusbedürfnsffe. ist nicht statthaft. 
HKam Wiederaufbau einer abgebrannten Parrf eune ist die Gemeinde nicht verpflichtet. Art. 1 
der Ord. v. 3. März 1825 ist in solchen Fällen nicht anwendbar. - 
26 Vgl. Art. 47, 60 Dekr. v. 30. Dez. 1809, Staatsratgutachten v. 19. Mai 1811 u. v. 1. Mai 
1813; Nig-#romps ult Dict. I vo Budget S. ziß André, Cours de la 1girl. eiv. 
GCc#cl. 1 558; Dubief-Gottoftrey II 394 f.; Geigel, Kirch.= u. Stiftgsr. S. 175. 
. 87) 1 A. Krüger, Die geschichtliche Entwicklung der Kirche A.K. von Els.-Lothr. von 1789 bis 
852. Berlin 1913. 
:2 Mit a. W. die Jura circa sacra, im Gegensatz zu den Jura in sacra. Vgl. Fried- 
berg, Lehre d. ev. Kirchenrechts, 6. A., S. 91; Schoen, Lehrb. d. ev. Kirchenrechts S. 155. Historiso 
erklärt sich der oben wiedergegebene Unterschied damit, daß während der Revolution im Jahre 179 
mit der Aufhebung der Territorialherrschaften, die bis dahin auch unter französischer Oberhoheit 
fortbestanden hatten, auch der Summepiskopat aufgehoben wurde, den die evangelischen Reichsstände 
auch in Elsaß und Lothringen seit der Reformationszeit (nach dem Grundsatze „cuins regio, eins 
religio“") ausgeübt hatten. Vgll. Geigel, Das reichsl. Kirchenrecht, § 91 Anm. 18, u. Fleiner 
in d. Z. f. K.R. 19 S. 335 f. Das Kirchenregiment war weder von der franz. Regierung des 
Jahres 1791 nach von den folgenden Regierungen übernommen worden. Das Gesetz v. 18. Germ. X, 
betr. die Kultusverwaltung, unterwarf daher die zwei prolestantischen Bekenntnisse nur einer ziemlich 
weitgehenden kirchenhoheitlichen Staatsaufficht, beanspruchte jedoch für die Regierung das landes- 
herrliche Kirchenregiment nicht. 
2 Dies ist durch Art. 8 Dekr. v. 26. März 1852 ausdrücklich anerkannt. 
*Geigel, Reichsl. K.N. 8 114. 
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