87 Die Staats- bzw. Landesangehörigkeit der Elsaß-Lothringer. 25
worden ist ?. Steht der Gesuchsteller unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft,
so ist eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich 25. Verlangt der
Vater oder die Mutter die Entlassung für sich selbst, so ist für das unter elterlicher
Gewalt stehende Kind keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ?“.
Bezweckt die Entlassung lediglich die Uberwanderung in einen anderen deutschen
Einzelstaat, so muß dem Antrag stets stattgegeben werden, wenn nachgewiesen wird,
daß der Gesuchsteller die Staatsangehörigkeit in dem anderen Bundesstaat erworben
hat (§ 21). Die Entlassungsurkunde wird in diesem Falle kostenfrei erteilt (& 38).
Soll die Entlassung dagegen zum Zweck der Auswanderung in einen außerdeutschen
Staat stattfinden (und dafür spricht die Vermutung), so gilt eine doppelte Beschränkung:
a) Gewissen Personen darf sie überhaupt nicht erteilt werden. nämlich: a) Mann-
schaften des aktiven Heeres, der aktiven Marine oder der aktiven Schutztruppen,
6 Beamten und Offizieren mit Einschluß derjenigen des Beurlaubtenstandes, bevor sie aus
em Dienstverhältnis entlassen sind (§ 22), J7) sonstigen Mannschaften des Beurlaubten-
standes, nachdem sie eine Einberufung zum aktiven Dienst erhalten haben. b) anderen
Personen nur unter gewissen Beschränkungen a) Wehrpflichtigen, über deren Dienst-
verpflichtung noch nicht endgültig entschieden ist, nur unter der Voraussetzung, daß sie
ein Zeugnis der Ersatzbehörde darüber beibringen, daß sie die Entlassung nicht bloß
in der Absicht nachsuchen, um sich der aktiven Dienstpflicht zu entziehen (§ 22 Abfl. 2
Ziff. 1) 25, 5) Mannschaften des Beurlaubtenstandes der im § 56 Nr. 2—4 des
Reichsmilitärgesetzes bezeichneten Art ohne Erlaubnis der Militärbehörde 26.
Liegt eine gesetzliche Beschränkung der vorerwähnten Art nicht vor, so darf die
Entlassung nicht verweigert werden. Nur im Falle eines Krieges oder dem Vorliegen
einer Kriegsgefahr können durch den Kaiser besondere Anordnungen getroffen werden.
(& 22 II.
Die Entlassung wird unwirksam 27, wenn der Entlassene nicht binnen einem Jahre
vom Tag der Aushändigung der Entlassungsurkunde seinen Wohnsitz oder seinen
dauernden Aufenthalt außerhalb des Reiches verlegt (§ 24 1) 25;
3. durch Aberkennung oder Verlustigerklärung (Expatriierung). Sie erfolgt
durch den Ausspruch der Behörde, also einen einseitigen Rechtsakt der Staatsregierung.
Ein Deutscher kann seiner Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt werden: a) wenn
er sich im Ausland aufhält und einer vom Kaiser im Fall eines Krieges oder einer
Kriegsgefahr erlassenen ausdrücklichen Aufforderung zur Rückkehr keine Folge leistet
(5 29); b) wenn er ohne Erlaubnis seiner Regierung in die Dienste eines dem Reiche
nicht angehörenden Staates getreten ist und einer ausdrücklichen Aufforderung zum
Austritt innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachkommt (§ 28). Zuständig für die
Verlustigkeitserklärung ist in beiden Fällen in Elsaß-Lothringen das Ministerium (die
Zentralbehörde). Besitzt jemand verschiedene Staatsangehörigkeiten, so verliert er durch
den Beschluß die Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten (§ 27 Abs. 2).
2# Die Zulassung des Vorbehalts unterliegt dem freien Ermessen der Verwaltungsbehörde.
Reger. E. 3 S. 356. Erl. des württemb. Minist. d. Innern. #
28 Gegen den die Genehmigung erteilenden Beschluß des Vormundschaftsgerichts steht dem
Bezirkspräsidenten kein Beschwesddrrecht auf Grund des § 57 Ziff. 9, sondern nur auf Grund
des § 20 Fr.G.G. zu, wenn er der Ansicht ist, daß die Vorschriften über die Erfüllung der Wehr-
flicht verletzt sind. Els.«l. Jur. Z. 26 S. 452 f. Finger, ebenda 27 S. 91. Der Staatsanwalt-
Fichaf. steht auf alle Fälle ein Beschwerderecht zu. § 19.
*4 BVgl. ferner §§ 14 a, 18 des Ges. Bruck I S. 56 f.
“ S. Die Entscheidungen der Ersatzkomm. find endgültige. Pr. O. V. G. 29. Okt. 1881. Reger,
. . 410.
ꝛs Den zur Reserve, zur Landwehr und Seewehr 1. Aufgebots gehörigen Mannschaften sowie
den ihnen gleichgestellten Ersatzreservisten darf in der Zeit, in welcher sie nicht zum aktiven Dienst
einberufen sind, die Erlaubnis zur Auswanderung nicht versagt werden. (Ges. § 15 abl. 3; Ges.
v. 9. Nov. 1867, G. Bl. 1872 S. 83; Ges. v. 11. Gebr. 1888 § 11; L. G. Colmar v. 21. pril 1901,
Els. l. Jur. 3. 26 S. 452: Reger, E. 3 S. 424.) v » .
»EurebesondereUnwirtsamteitserkläkungistnichtnotwendtg.(B.A.f.Hetmatsw.27.Jum
1885;ReersS.94,483;8S.91:LabandlS.175N.2.) « ...
28 Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Entlassene sich die Staatsangehörigkeit
in einem anderen Bundesstaat gemäß § 20 vorbehalten hat. § 24 Abf. 2.