398 Fünfter Teil. Das Staatskirchenrecht. 8 91
das Herkommen; für Abweichungen vom Herkommen ist das Einverständnis der Ver-
waltung und der verschiedenen Konfessionen erforderlich 18.
III. Begräbnispolizei. Leichengepränge. Das durch die Art. 22,
24 des Dekrets vom 23. Prair. XII und Art. 7 Dekret vom 18. Mai 1806 den
Kirchenfabriken und Konsfistorien verliehene Monopolmn, die Wagen, Behänge und
Hieraten bei Beerdigungen zu liefern und die für die Würde und das Gepränge der
eichenbegängnisse nötigen Gegenstände zu besorgen, ist durch die mit Reichsgesetz vom
27. Februar 1888 in Elsaß-Lothringen eingeführte Gewerbeordnung nicht beseitigt
worden 14, und zwar insoweit es sich um Angehörige der betreffenden Kultusgemeinschaft
handelt. Die Kultusverwaltungen können zur Ausführung der fraglichen Verrichtungen
Unternehmer bestellen.
Die innerhalb der Kirche abzuhaltende Feier ist, was die Gebührenzahlung an-
langt, von dem äußeren Leichenzug zu unterscheiden 5Ö. Während die Tarife für die
erstere von den Kultusverwaltungen aufgestellt werden, werden die Tarife für die
letzteren von den Gemeinderäten mit Genehmigung der Aufsichtsbehörden aufgestellt 1é.
Arme müssen unentgeltlich beerdigt werden.
Bezüglich der Beerdigung von Bischöfen gilt insofern Besonderes, als mit be-
sonderer Erlaubnis des Staatsoberhauptes die Beisetzung in der Kathedralkirche gestattet
werden kann (Dekret vom 23. Prair. XII und Zirkular des französischen K. M. vom
14. Dezember 1831; André VII Nr. 243).
§*s 91. Die religiösen Genossenschaften. I. Durch die Revolutionsgesetzgebung
(Dekret vom 19. Februar 1790; Dekret vom 18. August 1792) waren alle Orden und
Kongregationen, auch soweit sie sich dem Dienst in den Spitälern und der Kranken-
pflege widmeten, untersagt worden. Das Dekret vom 3. mess. IX gestattete wieder
die Bildung von männlichen und weiblichen Kongregationen nach Einholung eines
kaiserlichen Ermächtigungsdekrets und ließ selbst Frauenkongregationen unter der Be-
dingung der Vorlage der Statuten an den Staatsrat zu 1.
1#5 Um das Einverständnis der Beteiligten festzustellen, ist in analoger Anwendung des Art. 2
Ord. v. 6. Dez. 1843 die Abhaltung eines Vorverfahrens vorgeschrieben. Vgl. Kais. Rat v. 15. März
1910, Centr. Bl. 1910 S. 556.
Ob es rechtlich möglich ist, auf Friedhöfen besondere Abteilungen für ungetaufte
Kinder, Diffidenten, Selbstmörder, im Duell Gefallene usw. anzulegen, ist bestritten. Dafür franz.
Staatsrat v. 29. April 1831, v. 24. Febr. 1870, D.P. 1870. 32. 81, und v. 11. Juni 1875, D.P.
1875. 3. 17: ferner Chaampeaur, Code des fabr., II S. 525; André II S. 168
Prompsault, Dict. I eimetière, S. 882; Fédon, Police des cultes, S. 279 4 Die fran-
zösische Regierung hat den Standpunkt des Staatsrats zwar nicht verworfen, aber ihn auch nicht
konstant festgehalten. Val. Min. Erl. v. 1869; Dursy II S. 602. Die Zulassung von solchen
Unterabteilungen ist auf alle Fälle verboten für gemeinschaftliche (Simultan-) Friedhöfe (also nicht
unbedingt für konfesfionelle und konfessionell getrennte). Aber auch für konfessionelle Friedhöfe follte
von einer modernen Verwaltung die abweichende engherzige Auffassung nicht geduldet werden.
13 Prair. décr. Art. 187. Dekr. v. 18. Mai 1806. Wenn die Kultusverwaltungen auf ihr
Monopol verzichten, tritt die Gemeinde an ihre Stelle. § 75 Abs. 2 N. 1 Gem.O. Ees gilt dies
nicht für Ifraeliten. Vgl. Dekr. v. 10. Febr. 1806.
4 Vgl. Friedberg, Das kirchliche Bestattungsrecht und die Reichsgewerbeordnung, in
Grünhuts Z. Bd. 15; Brie in 3Z. f. K. R. 20 S. 269 und Zentralblatt f. Rechtswissenschaft 1911,
herausg. von Kirchenheim, Bd.7 S. 75: O.L.G. Colmar v. 26. Juni 1894, Elf.-l. Z. 19 S. 550,
und v. 27. April 1710, ebenda 1911 S. 101.— Die Bestimmung des § 7 Ziff. 1, 2 u. 5 Gew.O.
hat nur die bestehenden ausschließlichen Gewerbeberechtigungen usw. beseitigt. Das nach Art. 22
prair. décr. den Kirchengemeinden verliehene Recht, das nach Art. 26 ebenda im Falle der Nicht-
ausübung auf die politische Gemeinde übergeht (vgl. die Begräbnis, und Friedhofsordnung der
Stadt Straßburg v. 11. Sept. 1912), ist keine Gewerbeberechtigung im Sinne der Gewerbeordnung.
sondern stellt eine kirchliche Handlung dar; vgl. Landmann-Rohmner, Gew.O. 8§ 1 S. 63,
§ 7 Anm. 6; R. G. E 23 S. 22, Neger, E. 13 S. 353; O.L.G. Colmar v. 22. März 1910, Elf.-I.
J. 36 S. 101. Die Frage nach der Monopolberechtigung der Kultusverwaltungen ist feor bestritten.
15 Leoni-Mandel S. 192.
16 Gem.O. § 75 Abf. 2 Nr. 1; Art. 11 Dekr. v. 18. Mai 1806.
Wen Die weiteren einschlägigen Gesetzesbestimmungen sind die Gesetze v. 2. Jan. 1817 und v.
24. Mai 1825, das Dekr. v. 18. Febr. 1809 und v. 31. Jan. 1852. Daneben kommt bezüglich der
Jesuiten noch das Reichsgesetz v. 4. Juli 1872, nach welchem der Orden Jesu und ordensähuliche
Kongregationen keine Niederlassungen im Inlande haben dürfen; vgl. oben S. 29.