410 Sechster Teil. Die Finanzverwaltung. §* 99
deren Kulturart anlangt, wurden für sämtliche Gemeinden Feldgeschworenek be-
stimmt. Die Neufeststellung der Reinerträge erfolgt durch eine für jeden Kataster-
fortführungsbezirk zu bildende Grundsteuer-Veranlagungskommission unter Vorsitz des
Katasterfortführungsbeamten . Auf Grund der infolge von Kulturveränderungen all-
jährlich neu festgestellten Reinerträge findet, soweit nicht die bestehenden Gesetze besondere
Ausnahmen zulassen, vom nächsten Steuerjahre (1. April bis 31. März) ab die Ver-
anlagung zur Grundsteuer statt (§ 2 III Gesetz von 1903).
III. Die Befreiungen von der Grundsteuer können dauernde oder zeitweilige
sein. Dauernd befreit sind die Grundstücke des Reichs, des Landes, der Bezirke und
Gemeinden, die einem öffentlichen Zweck gewidmet sind und keinen Ertrag abwerfen ?7,
ferner die im Besitz des Staates befindlichen Kanäle nebst den dazugehörigen Ufer-
grundstücken S3. Die botanischen Gärten und Baumschulen der Bezirke sowie die auf
Kosten der Forst= und Wegebauverwaltung angelegten Baumschulen?, die dem Lande
gehörenden Forsten, die Hofreiten, Hausgärten, die der landwirtschaftlichen Benutzung
entzogenen und dauernd zu gewerblichen Zwecken verwendeten Grundstücke, die zur
Gebäudesteuer veranlagt werden 10, und solche Grundstücke, die vermöge ihrer Natur
oder kraft ihrer Bestimmung ertraglos sind. Zeitweilig befreit sind trockengelegte
Sümpfe, und zwar 25 Jahre lang, aufgeforstete Ländereien, die mindestens zehn
Jahre lang wüst gelegen haben, und zwar 30 Jahre lang 12, Odländereien, die in eine
andere Kulturart überführt werden (Art. 113 ebenda) 13, Wein-, Maulbeer= und Obst-
pflanzungen 20 oder 15 Jahre lang, je nachdem, auf welchen Ländereien sie angelegt
werden (ebenda Art. 114, 115)14.
IV. Die Steuer beträgt 3 /2 % des Reinertrags 15. Einwendungen gegen
die Veranlagung der Steuer sind bei dem Direktor der direkten Steuern unter Bei-
fügung des Steuerzettels und der Quittung über die verfallenen Raten anzubringen;
über die Einwendungen in zweiter Instanz entscheidet das Ministerium 16.
Die Entrichtung der Steuer erfolgt auf Grund der von dem Direktor der
direkten Steuern festgesetzten Heberolle, und die Steuer ist jeden Monat miteinem Zwölftel
fällig. Steuererlaß kann bewilligt werden, wenn Grundstücke durch gewisse Natur-
ereignisse (Überschwemmung, Hagel usw.) ganz oder teilweise zerstört werden 17. Über
die unbeitreiblichen Steuern stellt der Rentmeister für jede Gemeinde eine Liste
5 Ges. v. 14. Juli 1903 (G. Bl. S. 47); Ver. v. 28. Juli 1903 (entr. Bl. S. 95) und v.
13. Dez. 1910 (Centr. Bl. S. 305). ·
FürdieBildungunddieBefugnissebieserKommifsiongeltendteVesiimmnngendes
Art. 1 § 34 Ges. v. 6. April 1892. Z
7 Art. 105 Ges. v. 3. frim. VII: Ges. v. 8. Dez. 1873 (G. Bl. S. 387); Kais. Rat Nr. 13
und Nr. 400. 401.
s Ges. v. 26. Dez. 1873 (G. Bl. S. 443) § 5. Val. Kais. Rat Nr. 14. #
? Dekr. v. 11. Aug. 1806. Jedoch unterliegen dieselben den Bezirks= und Gemeindezuschlägen.
Ges. v. 19. vent. XI Art. 1; Ges. v. 18. Mai 1869 Art. 7. ·
»Gef.v.14.Juli1895(G.Bl.S.95)§1;Ges.v.13.Juli1901(G.B1.S.80)§4.
11 Ges. v. 3. frim. VII Art. 111. Z
½ Ebenda Art. 113. Die Umwandlung von Grund und Boden in Wald genügt nicht.
Kais. Rat Nr. 16. ** ·
18 Aufforstungen auf bereits in Kultur befindlichem Boden bis auf diejenige Steuerquote, die
auf ein Viertel des Ertrages von nicht bepflanzten oder nicht angesäten Ländereien gleicher Qualität
entfallen würde, und Aufforstungen auf dem Gipfel und den Abhangen eines Berges oder einer Heide
30 Jahre lang. Art. 116 ebenda: Ges. v. 18. Juni 1859 Art. 26. ·
14 Die Heschädigung eines Grundstückes durch Uberschwemmung gibt keinen Grund zur Frei-
stellung oder Minderung. Kais. Rat Nr. 15.
15 § 2 Ges. v. 13. Juli 1901 (G. Bl. S. 80).
1.6 Vgl. Ges. v. 14. Juli 1903 §§ 3, 4; Dienstanweisung f. d. Katasterfortführungsbeamten v.
17. März 1902 (Centr. Bl. S. 60) Art. 87; Ver. v. 28. Juli 1908 (Centr. Bl. S. 95).
17 Ges. v. 15. Sept. 1887 Art. 38. Der Gesuchsteller muß unter Beifügung des Steuerzettels
beim Direktor der direkten Steuern Antrag auf Erlaß stellen. Gegen die Entscheidung des
Direktors ist binnen einem Monat Beschwerde an das Ministerium möglich. Ist eine ganze Ge-
meinde von dem Naturereignis betroffen, so kann der Bürgermeister für alle Gemeindeeinwohner
binnen einem Monat seit dem Ereignis den Antrag stellen. Vgl. Dienstanweisung v. 17. März
1902 Art. 81, 97.