414 Sechster Teil. Die Finanzverwaltung. 8 103
Wie bei der Gewerbesteuer, besteht auch hier eine Anmeldepflicht hinsichtlich
des zu eröffnenden Betriebes (§ 7).
II. Die Wandergewerbesteuer wird jeweils für das Kalenderjahr festgesetzt und
beträgt in der Regel 60 Mk.; ermäßigte Jahressätze sind vorgesehen (§ 8).
Die Festsetzung der Steuer erfolgt durch die zuständige Steuerbehörde nach näherer
Bestimmung des Ministeriums; die Steuerbehörde fertigt für den Inhaber des Wander-
gewerbebetriebes einen Steuerschein aus, der nicht übertragbar (§§ 9—11) und auf
Verlangen den zuständigen Beamten vorzulegen ist.
III. Gegen den Steuersatz steht dem Steuerpflichtigen binnen einer Ausschlußfrist
von einem Monat von dem Tage der Aushändigung des Steuerscheins ab das Rechts-
mittel des Einspruchs zu; über den Einspruch entscheidet der Direktor der direkten
Steuern. Gegen dessen Entscheidung findet binnen einem Monat vom Tage der Zu-
stellung der Entscheidung ab Berufung an die gemäß § 29 Gewerbesteuergesetz ein-
gesetzte Berufungskommission stait (§ 16).
IV. Besonderes gilt hinsichtlich der Wanderlager; es sind das Unter-
nehmungen, bei welchen außerhalb des Wohnorts des Unternehmers und außer dem
Meß= und Marktverkehr ohne Begründung einer dauernden gewerblichen Niederlassung
von einer festen Verkaufsstätte aus vorübergehend Waren, gleichviel ob zum Verkauf
aus freier Hand oder im Wege der Versteigerung, feilgeboten werden; solche Wander-
lager unterliegen neben der zu entrichtenden Wandergewerbesteuer für jeden Ort des
Betriebes nach einer besonderen Gemeindeabgabe (§ 24)“.
§ 103. Die Kapital-, Lohn= und Besoldungsstener. Das Gesetz, betreffend
die Kapitalsteuer, vom 13. Juli 1901 (G. Bl. S. 55) und das Gesetz, betreffend die
Lohn und Besoldungssteuer, vom gleichen Tage (G.Bl. S. 69)1, die beide am 1. April
1903 in Kraft getreten sind, sind beide dazu bestimmt, die Lücken der Besteuerung der
verschiedenen Einnahmequellen auszufüllen.
I. Der Kapitalsteuer unterliegt der Ertrag aus Kapital und Renten, ohne Rück-
sicht darauf, ob die Bezüge aus Elsaß Lothringen oder aus Bezugsquellen außerhalb
Elsaß-Lothringens herrühren (§ 1). Erträge, welche nach Abzug der Passiokapitalzinsen
und Lasten die Summe von 100 Mk. jährlich nicht übersteigen, werden nicht besteuert
(&X§ 5). Steuerpflichtig sind die Landes= und Reichsangehörigen, welche ihren
Wohnsitz oder Aufenthalt im Sinne des Reichsgesetzes vom 13. Mai 1870, die Be-
seitigung der Doppelbesteuerung betreffend, in Elsaß-Lothringen haben, ferner solche
Ausländer, welche in Elsaß-Lothringen einen Wohnsitz haben oder sich daselbst des
Erwerbs wegen oder seit länger als einem Jahre ununterbrochen oder seit drei Jahren
mit Unterbrechungen aufhalten, und schließlich die Körperschaften, Handelsgesellschaften,
Genossenschaften, Vereine, Stiftungen, Gesellschaften mit dem Sitze in Elsaß-Lothringen,
sowie schließlich die Nachlaß= und anderen Pflegschaften, soweit sich darunter zins-
tragende Kapitalien befinden (§ 3). Steuerfreiheit genießen das Reich, Elsaß-
Lothringen und die ganz oder teilweise auf Kosten des Reichs oder des Landes unter-
haltenen Anstalten, die Reichsbank?, die Bezirke, Gemeinden, öffentlichen Unterrichts.
anstalten, Kirchenfabriken, Pfarreien, Kirchenschaffneien und isrealitischen Konsistorien
sowie gewisse Kassen, Vereine und Genossenschaften mit gemeinnützigen Interessen (§ 4).
Als steuerbarer Betrag gilt der Jahresertrag der Kapitalien und Renten nach
dem Bestande zur Zeit der Veranlagung (§ 6). Die Steuer beträgt 31/200 des
steuerbaren Betrags (§ 9). Die Veranlagung der Steuer erfolgt in dem Gemeinde-
bezirk, in welchem der Steuerpflichtige zur Zeit der Veranlagung seinen Wohnsitz oder
seinen Aufenthalt hat (§ 10). Dem Kapitalbezuge des Haushaltungsvorstandes sind
bei der Steuerveranlagung die Kapitalbezüge der Angehörigen der Haushaltung zuzu-
Ausf.Best. v. 28. Juni 1897. Ziff. 9.
* Uber die Voraussetzung der Steuerpflicht vgl. O. L.G. 12. Februar 1901, Els.-l. Z. 28 S. 87.
(5 103]1 Ausf.Best. v. 19. Febr. 1902 (Centr. Bl. S. 9. Textausgabe mit Erläuterung von Noth-
GWieseke. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Stenerreform ist die Darstellung nur eine gedrängte.
Uber die Bestenerung ausländischer Lohnarbeiter vgl. Min. Best. v. 19. Nov. 1909 (Centr. Bl S. 1431.