418 Sechster Teil. Die Finanzverwaltung. 8 106
A. Bestimmungen über die Entrichtung der Steuer. 1. Die Berechnung und Er-
hebung der Steuer erfolgt durch die Verkehrssteuerämter. Für einzelne Arten von
Urkunden können jedoch auf Grund ministerieller Vorschriften die Steuern in Form
der Stempelverwertung ohne Mitwirkung der Steuerbehörde entrichtet
werden. Den Verkehrssteuerämtern 1 sind zum Zwecke der Berechnung der Steuer
die Urkunden in Urschrift vorzulegen und die erforderlichen Erklärungen abzugeben
(& 6). Zur Vorlegung der Urkunden sind gewisse Personen, insbe-
sondere Notare oder behördliche Organe verpflichtet (§ 9). Gleichzeitig mit der
Vorlage muß die Steuer entrichtet werden (§ 10) 1. Beanstandet der Zahlungs-
pflichtige die Höhe der Steuer, so hat er seine Gründe schriftlich oder zu Protokoll
bei dem Verkehrssteueramt einzureichen; über die Beschwerde entscheidet der Direktor
der Verkehrssteuern, ohne daß indessen hierdurch der Rechtsweg abgeschnitten würde
(§ 10). Nicht entrichtete Steuern werden mittelst von dem zuständigen Verkehrs-
steueramt ausgestellter und von dem Amtsgericht des Sitzes des Verkehrssteueramts für
vollstreckbar erklärter Zwangsbefehle eingezogen. 2. Einwendungen gegen den
Zwangsbefehl sind durch den Schuldner durch Klage bei dem Landgericht, in dessen
Bezirk das Verkehrssteueramt seinen Sitz hat, geltend zu machen 15.
B. Zur Sicherung der Steuerentrichtung sind eine Reihe von Be-
stimmungen getroffen. 1. So sind die Notare verpflichtet, bei der Entgegennahme einer
Urkunde in amtliche Verwahrung eine besondere Hinterlegungsurkunde zu entrichten
(§ 12); sie dürfen ferner und ebenso die nach § 45 A.G. F.G. G. aufgeführten Be-
amten an Privatpersonen Ausfertigungen, Abschriften oder Auszüge der Urkunden nicht
erteilen, auch die Urkunden in Urschrift nicht übergeben, bevor die vorgeschriebene Vor-
lage zur Steuerberechnung erfolgt ist (§ 13); schließlich haben die Notare das gemäß
§ 63 Abs. 1 Ziff. 2 A.G. F.G.G. zu führende Repertorium in den ersten 14 Tagen
eines jeden Kalendervierteljahres dem Verkehrssteueramt ihres Amtssitzes zur Einsicht-
nahme vorzulegen (§ 14 ).
2. Die Beamten der Verkehrssteuerverwaltung find ferner befugt,
während der üblichen Geschäftsstunden bei den Notaren und den obenerwähnten
Beamten und Behörden die von den letzten aufgenommenen oder in Verwahrung ge-
nommenen Urkunden mit Ausnahme der Testamente und der nicht mit einem anderen
Vertrage in derselben Urkunde verbundenen Erbverträge, ferner die Wechselprotestregister
und Repertorien einzusehen und Abschriften und Auszüge zu fertigen (§ 15). Die
öffentlichen Behörden und Beamten sind verpflichtet, die ihnen zu Händen kommenden
steuerpflichtigen Urkunden dahin zu prüfen, ob diese den Vermerk über die erfolgte Be-
steuerung tragen, sowie die amtlich zu ihrer Kenntnis gelangenden Zuwiderhandlungen
gegen das Gesetz der Steuerbehörde mitzuteilen (§ 16).
III. Die Bemessung der Steuer erfolgt nach einem Tarif 17, der feste und ver-
hältnismäßige Abgaben unterscheidet, die manchmal auch nebeneinander erhoben werden.
Enthält eine Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte, so ist, soweit nicht für gewisse Fälle ein
Für gewisse Urkunden, z. B für Urkunden der Notare mit Ausnahme der Testamente und
Erbverträge, sind bestimmte J e (z. B. das des Amtsfitzes des Notars) vorgeschrieben.
In den übrigen Fällen ist jedes Verkehrssteueramt zuständig. § 7.
1“ Unbeschadet der etwaigen Vorschußpflicht des Notars haften für die Zahlung der Steuer
älle bei „dem Geschäft Beteiligten samtverbindlich. § 11.
50 Gesetz. Der rinsnschung einer Denkschrift bedarf es in diesem Falle nicht. Die
Zahlun der Slertest schließt den Anspruch auf Rückforderung im Wege des wilprozesses nicht aus.
§* 52 Gesetz. Zuständig ist auch hier das Landgericht. Eine Denkschrift muß in solchen Fällen ein-
ereicht werden. Bei Nichterfüllung oder Rückgängigm machung eines Rechtsgeschäfts kann durch Ent-
scheidung des Ministeriums die Rückerstattung der Steuer bewilligt werden. § 52 I Fu
Art. 10. Verf. der Direktion der V. K. v. 22. Mai 1905 (A. Bl. der Direktion der lr -t
Verordnung, betr. die Anwendung der Verw. zwangsvollstr.O. v. 26. Mai 1905 (Centr. Bl. S 43
auf die der Verkehrssteuerverwaltung überwiesenen Abgaben, v. 14. März 1910 (Centr. Bl. S. 69).
16 Hier wie in dem vorhergehenden Kall- find ausgenommen Testamente und Erbverträge,
soweit die letzteren nicht mit einem anderen Vertrag in derfeben Urkunde verbunden find.
! Zur Auslegung des Tarifs vgl. bezüglich Gesellschaftsverträge: O. L. G. Colmar v. 7. April
1008 9 l. 3. 34 S. 314; Krediteröffnungsverträge: O.L.G. Colmar v. 22. Nov. 1904, ebenda