436 Anhang.
§ 9. Uber Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahlen der Landtagsmitglieder ent-
scheidet der oberste Verwaltungsgerichtshof, bis zu seiner Errichtung ein Senat des Ober-
landesgerichts.
Zur Erhebung des Einspruchs ist jeder Wahlberechtigte befugt, der an der betreffenden
Wahl teilnehmen durfte, bei Wahlen zur zweiten Kammer auch jeder Wählbare, der bei der
Wahl Stimmen auf sich vereinigt hat. Der Einspruch ist binnen vierzehn Tagen nach der
amtlichen Feststellung des Wahlergebnisses bei dem im Abs. 1 bezeichneten Gericht einzulegen
und zu rechtfertigen.
Jeder Kammer sind die abgeschlossenen Akten über die Wahl ihrer Mitglieder vorzulegen.
Entstehen Zweifel darüber, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft vor-
handen sind, so entscheidet das im Abs. 1 bezeichnete Gericht auf Verlangen der Kammer, der
das Mitglied angehört.
§ 10. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Landtag.
Wenn ein Mitglied der zweiten Kammer ein besoldetes Reichs= oder Staatsamt an-
nimmt oder im Reichs= oder Staatsdienst in ein Amt eintritt, mit dem ein höherer Rang oder
ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme und kann beides nur durch
neue Wahl wieder erlangen.
§ 11. Dem Kaiser steht es zu, die Kammern zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen, zu
schließen und aufzulösen.
Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen.
Die Berufung des Landtags findet alljährlich statt.
die Auflösung nur einer Kammer hat für die andere den Schluß der Sitzungsperiode
zur Folge.
§ 12. Ohne Zustimmung des Landtags darf dessen Vertagung die Frist von 30 Tagen
nicht übersteigen und während derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden.
Im Falle der Auflösung muß der Landtag binnen 90 Tagen wieder versammelt werden.
§ 13. Jede Kammer regelt ihren Geschäftsgang und ihre Disziplin durch eine Geschäfts-
ordnung und wählt ihren Präsidenten, ihre Vizepräsidenten und Schriftführer.
§ 14. Die Mitglieder des Landtags schwören bei ihrem Eintritt in die Kammer Gehorsam
der Verfassung und Treue dem Kaiser.
Die Ausübung der Mitgliedschaft wird durch die Leistung des Eides bedingt.
§# 15. Die Verhandlungen des Landtags sind öffentlich. Die Geschäftssprache ist deutsch.
Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Land-
tags bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
§ 16. Innerhalb des Bereichs der Landesgesetzgebung steht neben dem Kaiser jeder der
beiden Kammern das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.
Gesetzesvorschläge, welche durch eine der Kammern oder den Kaiser verworfen worden
sind, können in derselben Sitzungsperiode nicht wieder vorgebracht werden.
Jede Kammer hat das Recht, Interpellationen an die Regierung zu richten und an sie
gerichtete Petitionen der Regierung zu überweisen.
§+ 17. Die Mitglieder des Ministeriums und die zu ihrer Vertretung abgeordneten Be-
amten haben das Recht, bei den Verhandlungen der Kammern sowie in deren Abteilungen
und Kommissionen gegenwärtig zu sein. Sie müssen auf ihr Verlangen jederzeit gehört werden.
§ 18. Die Kammern beschließen nach absoluter Stimmenmehrheit. Zur Gültigkeit der
Beschlußfassung ist in der ersten Kammer die Anwesenheit von mindestens dreiundzwanzig
Mitgliedern, in der zweiten Kammer die Anwesenheit der Mehrheit der gesetzlichen Anzahl
ihrer Mitglieder erforderlich.
§J# 19. Die Mitglieder des Landtags sind Vertreter des ganzen Volkes und an Aufträge
und Instruktionen nicht gebunden.
Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.
§ 20. Kein Mitglied des Landtags darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung
oder wegen der in Ausübung seines Berufs getanen Außerungen gerichtlich oder disziplinarisch
verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.
§ 21. Kein Mitglied einer Kammer kann ohne deren Genehmigung während der
Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder
verhaftet werden, außer wenn es bei der Ausübung der Tat oder im Laufe des nächst-
folgenden Tages ergriffen wird.
Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied einer Kammer sowie jede Untersuchungshaft
wird für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben, wenn die Kammer es verlangt.
§ 22. Die Mitglieder des Landtags erhalten eine Entschädigung nach Maßgabe eines
Landesgesetzes.