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Die Ausländer. 31
3 Rechtsschutz: Der Staat schafft nicht bloß objektives Recht, er stellt viel-
mehr auch die Mittel zur Verfügung, um das Recht zu verwirklichen. Der einzelne
Bürger hat einen Anspruch auf Rechtsschutz (öffentlicher Rechtsschutzanspruch). Ist
bei Justizverweigerung auf gesetzlichem Wege keine Hilfe zu erlangen, so ist der Bundesrat
zur Abhilfe verpflichtet (Art. 77 R.V.). Gegen Rechtsverletzungen der Verwaltungs-
behörden schützt das Beschwerderecht an die höhere Instanz, das Dissziplinarverfahren
gegen Beamte, die Verwaltungsrechtsprechung und in gewissem Umfang die Recht-
sprechung der ordentlichen Gerichte.
4. Schutz im Ausland. Gerade in dieser Beziehung ist das Reich am voll-
ständigsten an die Stelle der Einzelstaaten getreten. Art. 3 R.V. sagt: „Dem Aus-
land gegenüber haben alle Deutschen gleichmäßig Anspruch auf den Schutz des Reiches.“
Nicht bloß die Einzelstaaten haben diesen Anspruch, sondern „alle Deutschen“. Durch
Art. 4 Nr. 7 R.V. ist die Kompetenz des Reiches dieser Aufgabe gemäß erstreckt auf
„die Organisation eines gemeinsamen Schutzes des deutschen Handels im Ausland, der
deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See mit Anordnung gemeinsamer konsularischer
Vertretung, welche vom Reich ausgestattet wird"“. Zur Gewährung des Schutzes hat
das Reich Gesandtschaften und Konsulate eingerichtet und zur wirksamen Durchführung
bedient es sich hierbei des Heeres und der Kriegsmarine. Es handelt sich hinsichtlich
der Gewährung dieses Schutzes um ein wirkliches Recht des Untertanen 17; denn die
Pflicht zum Schutz ist als eine Rechtspflicht des Reiches in der Verfassung ausdrücklich
anerkannt; das Recht auf Schutz ist das Korrelat der staatlichen Pflicht des Reiches
zum Schutz. Auch hier sind indessen die Einzelstaaten nicht völlig eliminiert; es ist
ihnen unbenommen, Landesgesandtschaften einzurichten 18.
§ 9. Die Ausländer. Der Begriff des Auslands ergibt sich aus den Be-
stimmungen der Reichsverfassung und des Reichsgesetzes vom 9. Juni 1871 § 1.
Danach sind alle Länder, die nicht in den fraglichen Gesetzesbestimmungen aufgezählt sind,
Ausland 1. Dagegen besteht für die Rechtsverhältnisse innerhalb des Reichsgebiets der
Begriff Ausland grundsätzlich nicht. Der Begriff des Ausländers ergibt sich aus dem
Gesetz vom z 3an 161 über den Erwerb und Verlust der Reichs= (Bundes-) und Staats-
angehörigkeit 2.
Der Ausländer hat grundsätzlich keine Rechte in dem Aufenthaltsstaat, insbesondere
kein Wohnrecht. Auf Grund völkerrechtlicher Verträge und völkerrechtlicher Courtoisie
werden die Ausländer jedoch auch im fremden Staatsgebiet geduldet. Verkehrt wäre
es jedoch, den Ausländer für rechtlos zu halten. Der Ausländer steht grundsätzlich
auch unter dem Rechtsschutz des Staates, in welchem er sich niederläßt 9. Von der
17 And. Ans. Seydel S. 301.
18 Bruck S. 64. In E.-L. dürfen weder Gesandschaften noch Konsulate fremder Mächte
eingerichtet werden.
[§91 1 Die Schutzgebiete gelten in den meisten Beziehungen ebenfalls als Ausland, z. B. wegen
der Zustellungen §5 199 f. C. P.O.
* Eine weitgehende Ausnahme ergibt sich aus dem Grundsatz der Exterritorialität und der
äna Degen der leyzteren vgl. oben S. 19 und Stoerk, in Stengel-Fleischmann,
rterbuch.
2 Nach franz. Recht ist der Ausländer zur Wahrnehmung der droits Colitiques nicht be-
fähigt. Hinsichtlich der droits civils bestehen Zweifel. Nach Art. 8, 11, 18 C. c. stehen die Aus-
länder nur dann im Genuß der droits civils, wenn sie von der Regierung die Erlaubnis zum Auf-
enthalt im Lande bekommen haben, oder wenn die gleichen Rechte auch dem Inländer im Staate des
Ausländers durch Verträge ausdrücklich eingeräumt sind. Darüber, was im einzelnen zu den
droits civils gehört, vgl. Leoni S. 45 f. Durch Art. 3 R.V. find diese Vorschriften außer Kraft
etreten, und zwar nicht nur gegenüber den übrigen, nicht in E.-L. wohnenden Reichsdeutschen,
aondern auch gegenüber Ausländern. Nach Reichsrecht wie nach den meisten Landesrechten ist der
Genuß der Privatrechte von der Staatsangehörigkeit unabhängig; nur das Urbeberrechtsgeseh vom
10. Juni 1870 5 61 unterscheidet zwischen inländischen und ausländischen Urhebern. Uber aus-
ländische Versicherungsunternehmungen, die im Inland durch Vertreter usw. Geschäfte machen wollen,
zot 8 — d. *— Nericherungeunternegmungen 3 Wai 10# Gh-S. . . ker
ine Wohnsitzerwählung in E.-L. ist nicht mehr erforderlich. § 21 elf.-lothr. Stempelgesetzes
v. 23. Mai 1912 (G.3#6 S. 49, " * pelgese be