Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

& 18. Die Trennung der Gewalten. 79 
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6. Ebenso gehören Streitigkeiten über Ansprüche von Beamten, welche unter das Reichs- 
beamtengesetz (§ 1) fallen, aus ihrem Dienstverhältnis (§ 149) und auch hinsichtlich der Defekten- 
bezüge (§ 144) vor die ordentlichen Gerichte 28. - 
7. Schließlich üben die Gerichte eine verkappte Verwaltungsgerichtsbarkeit insofern aus, als 
sie die Gültigkeit der polizeilichen Strafverfügungen nachprüfen. . 
1V.DieVerfolgungderVerwaltungsbeamteMCungernedugouvememenywegen 
einesBekwaltungsaktesistansichunzuläisig.§39A.G.B.G.B.,derimübrigenandemGtands 
satze der Trennung der Gewalten nichts geändert hat, gibt der vorgesetzten Behörde desjenigen Be- 
amten, der wegen einer Handlung, welche er in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Ge- 
walt vorgenommen hat, zivilrechtlich oder strafrechtlich verfolgt wird, die Befugnis, die in § 11 Abs. 2 
des E.G. G. V.G. vom 27. Januar 1877 bezeichnete Vorentscheidung zu verlangen 25. Die Be- 
stimmung gilt für alle elsaß-lothringischen öffentlichen, also auch für richterliche Beamte. 
Verlangt die vorgesetzte Behörde die Vorentscheidung, so hat das Gericht n. § 148 C.P.O. das Ver- 
fahren auszusetzen. Die Vorentscheidung durch das Reichsgericht lan Stelle des in E.L. bis jetzt 
noch fehlenden obersten Verwaltungsgerichtshofs), dem die Akten von dem Gericht vorzulegen sind: 
sie beschrönkt sich auf die Feststellung, ob der Beamte sich einer Uberschreitung seiner Amtsbefugnisse 
oder der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht habe (§+ 11 Abs. 2 
Z. 1 E.G. G. V. G.). An die Feststellung der Vorentscheidung des R G., daß in einem bestimmten 
Verhalten eines Beamten weder eine Uberschreitung seiner amtlichen Befugnisse noch eine Unterlassung 
ihm obliegender Amtshandlungen zu erblicken ist, sind die Gerichte gebunden. Dagegen sind die- 
selben nicht gebunden an die Auffassung der Vorentscheidung hinsichtlich der Frage des Verschuldens 
und der Frage, ob überhaupt nur objektiv eine Uberschreitung der Amtsbefugnisse vorliegt. Wird 
die Frage der Uberschreitung der Amtsbefugnisse bzw. der Unterlassung bejaht, so sind die Gerichte zur 
Entscheidung über alle Fragen zuständig, welche die Voraussetzung des gegen den Beamten erhobenen 
Anspruchs bilden, insbesondere auch über die Rechtmäßigkeit des in Frage kommenden Verwaltungs- 
aktes. Die Vorentscheidung stellt fest, ob ein Verschulden (nicht etwa bloß, ob eine objektive 
Amtsüberschreitung) in Frage kommt, also ein Mißbrauch des Amtes (fait personnel im Gegensatz zu 
acte administratif). Wird die Vorentscheidung nicht verlangt, so hat das Gericht gleichwohl zu 
prüfen, ob ein Amtsmißbrauch oder ein seiner Zuständigkeit entzogener reiner Verwaltungsakt 
vorliegt 76. 
Nicht hierher gehören aber die Ansprüche auf Entschädigung auf Grund einer Enteignung und 
deren Festsetzung in einem besonderen gerichtlichen Verfahren (E.G. C.P.O. 8 15 Z. 2 und Ges. v. 
3. Mai 1841) sowie die im ordentlichen Rechtsw'ig zu verfolgenden Ansprüche auf Entschädigung auf 
Grund von Beeinträchtigungen durch öffentliche Arbeiten (§ 40 a A.G. B.G. B.; Molitor-Stieve 
S. XXXVII u. S. 132 f)), denn es handelt sich hier um ein privatrechtliches Schuldverhältnis auf 
der Grundlage von Normen des öffentlichen Rechts. 
Ohne besonderes Enteignungsverfahren kann privates Eigentum durch Delimitationsakt 
Eestfehun der Grenzen eines osfenulchen Flusses. Erklärung eines Weges zum Vizinalweg, Erteilung 
einer anpuch)) entzogen werden, der durch die Verwaltung erfolgt und nicht der Nachprüfung der 
Gerichte unteerliegt, er Entschädigungsanspruch ist auch hier vor den Zivilgerichten geltend zu machen. 
23 Bezüglich der äbrigen Beamten entscheidet grundsätzlich das Ministerium. Els.-l. Z. 6 
S. 76; Molitor.-Stieve S. XXXVII/ Bezüglich der Desektenbezüge vgl. R.G. III v. 24. April 
1908; „Recht“ Nr 2417 u. Jur. Woch. 1908 S. 10. 
34 Vgl. hierzu Molitor-Stieve S. 93 f.; Michaölis S. 178f. 
25 Aus den Motiven des Gesetzgebers zu §88 39, 40 A.G. B. G. B. ist folgendes zu entnehmen: 
18 R.Beamt Ges. stellte die unter das Beamtengesetz fallenden Beamten hinsichtlich der Verfolgbar- 
eit unter das gemeine Recht, beseitigte also die Vorschrift des Art. 75 des Verfassungsgesetes v. 
22. frim. VIII, der die gerichtliche Verfolgung nur auf Grund einer Ermächtigung des Oberpräsi- 
denten (in Frankreich des Staatsrats) zuließ. Indessen hat § 18 R.B.G. „die Grenze zwischen der 
sachlichen Juständigkeit der ordentlichen Gerichte und der Verwaltungsbehörden (cgerichte) nicht ge- 
ändert“. h R.G. v. 2. Nov. 1899 (Str.) Bd. 32 S. 322. 
½6 R.G.E. (Civ.) 18 S. 123; O.L.G. Colmar, Els.-l. Z. 22 S. 298; R.G. ebenda S. 301; 
ferner cod. Bd. 1903 S. 209 und 1911 S. 78: Molitor-Stieve S. 90. Die Zweckmäßigkeit 
des Verwaltungsaktes darf das Gericht nicht prüfen, wohl aber innerhalb gewisser Grenzen die 
Gesetzmäßigkeit desselben. Liegt ein ordnungsmäßiger acte administratif nicht vor, so darf das 
Gericht denselben nicht etwa aufheben oder durch seine Entscheidung den Vollzug der Anordnung 
durch den Verwaltungsbeamten hindern (denn hierin läge ein „tronbler les opérations des corps 
administratifs), wohl aber hat es dem Akte die Anwendung als Grundlage einer gerichtlichen Ent- 
scheidung zu versagen, und wenn der Beamte (oder nach § 40 A.G. B. G. B. der Staat) wegen dieses 
Aktes verfolgt wird, über die (Schadensersatzansprüche mit sich bringenden) Folgen zu erkennen. Val. 
neuestens Entsch. d. R.G. v. 12. Nov. 1908 M 88/06, wo das R. G. von seiner früheren Aufssalsung 
(R.G.E. Bd. 64 S. 249 u. J.W. 1907 S. 62 Nr. 28) ausdrücklich abweicht. Vgl. über den Begriff 
bes faute personelle, Sirey, 1909. 3. 184 (Trib. de confl. v. 8. Juni 1907).
	        
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