Artikel 26. Gesetzliche Regelung des Schulwesens. 493
als sie zu ihrer Verwirklichung noch des Erlasses eines Ausführungs-
gesetzes bedürfen, insbesondere also, soweit sie neue, von dem älteren
Recht grundsätzlich abweichende Bestimmungen enthalten. Eine zweite,
in der Literatur zuerst von Gneist (Die konfessionelle Schule (1862.), 12)
aufgestellte Meinung (näher begründet außer von Gneist insbesondere
von Arndt, Af öff R 1 512 ff., geteilt u. a. von Loening, G. Meyer,
Bornhak, Schwartz, Frormann; vgl. die Angaben bei Schwartz, Komm. 84
und Frormann, Af öff R 15 231) hält diese Artikel unterschiedslos für
suspendiert. Endlich erblickt Bierling (Die konfessionelle Schule in
Preußen, 12ff., 109ff.) in den Art. 20—25, soweit sie mit den bisherigen
gesetzlichen Bestimmungen nicht im Widerspruch stehen, „oberste Ver-
waltungsmaximen“, welche auch während ihrer Suspension „für alle
Verwaltungsanordnungen auf dem Unterrichtsgebiete bindend sind“.
Die zweite dieser Ansichten ist die herrschende und richtige. Die
erste trägt in die streitige Vorschrift, Art. 112, jetzt Art. 26 Satz 2, einen
Unterschied hinein, den sie nicht kennt. Wenn es dort heißt, es solle
bis zum Erlaß des Unterrichtsgesetzes „bei den jetzt geltenden gesetzlichen
Bestimmungen“ (,dem geltenden Rechte") „bewenden“ bzw. ,„ver-
bleiben“", so ist damit gesagt, daß vorerst nicht das Verfassungsrecht
(Art. 20—25), sondern statt seiner das ältere Recht gelten soll; ein
Unterschied zwischen denjenigen Sätzen der Verfassung, welche mit dem
aälteren Recht übereinstimmen (z. B. Art. 21 Abs. 2, Unterrichtszwang)
und denen, welche materielle Neuerungen enthalten (z. B. Art. 25
Abs. 3, Abschaffung des Schulgeldes) wird nicht gemacht. Ebendes-
halb, weil an Stelle der Verfassung zunächst das ältere Recht, nicht
teilweise, sondern vollständig weitergelten soll, ist auch die Unterrichts-
verwaltung bis zum Erlaß der Ausführungsgesetze zu Art. 20—25 an
das ältere Recht, an die Art. 20—25 aber nicht gebunden, — auch
nicht teil- oder bedingungsweise, auch nicht so, daß sie in diesen Artikeln
„oberste Verwaltungsmaximen“ erblicken müßte. Damit erledigt sich die
dritte, Bierlingsche Ansicht (der nur zuzugestehen ist, daß die Verwaltung
befugt — nicht verpflichtet — ist, sich in ihrer Praxis von den in
Art. 20—25 enthaltenen Grundsätzen leiten zu lassen, jedoch nur befugt,
soweit das „geltende Recht“ nicht entgegensteht; vgl. oben 453, 454).
Der Sinn des Art. 112 war und der des ihn reproduzierenden
Art. 26 Satz 2 ist, zusammengefaßt, der: soweit die Art. 20—25 sich auf
das „Schul- und Unterrichtswesen“ beziehen (sie beziehen sich durchweg
darauf, mit einziger Ausnahme eines Teils des Art. 20, vgl. oben 372ff.),
sind sie nicht unmittelbar anwendbares, in diesem Sinne aktuelles, Recht,
sondern nur Direktive für die Gesetzgebung. Soweit und solange die