Vereins- und Versammlungsrecht. 103
ist in gleicher Weise zusammengesetzt. Die Vorsitzenden
sind aus der Zahl der öffentlichen Beamten zu ernennen.
Die oberste Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der
Sitz gelegen ist, führt die Aufsicht über das Schieds—
gericht, bestellt die erforderlichen Hilfskräfte und beschafft
die Geschäftsräume, die Aufsicht über das Oberschieds—
gericht führt der Reichskanzler.
Die auf die Einrichtungen zur Durchführung der An—
gestelltenversicherung bezüglichen Bestimmungen sind so—
fort mit Verkündung des Gesetzes in Kraft getreten,
im übrigen ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens durch
Kaiserliche Berordnung mit Zustimmung des Bundesrats
festzusetzen. Der 1. Januar 1913 ist dafür bestimmt
worden.1
Bereins= und Versammlungerecht.
Durch das am 15. Mlai 1908 in Kraft getretene Ver-
einsgesetz vom 19. April 1908 ist das Vereins= und
Versammlungsrecht im Deutschen Reiche einheitlich, und
zwar im ganzen in freiheitlichem Sinne geregelt worden.
Unberührt bleiben nur die landesrechtlichen Vorschriften
über kNirchliche und religiöse Vereine und BVersammlungen,
Prozessionen usw., über Vereine und Versammlungen
für Kriegsgefahr oder innere Unruhen, in bezug auf
BVerabredungen ländlicher Arbeiter und Dienstboten zur
Arbeitseinstellung und bedingt die landesrechtlichen Vor-
schriften zum Schutze der Sonntagsfeier. Alle Reichs-
angehörigen haben das Recht, zu Zwecken, die den Straf-
gesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden und sich
zu versammeln. Dieses Recht unterliegt polizeilich nur
den reichsgesetzlich vorgesehenen Beschränkungen. Ein
Verein, dessen Zwech den Strafgesetzen zuwiderläuft,
1 In der Offentlichkeit war bemängelt worden, daß die Ver-
waltung dieses Versicherungszweigs einen zu großen Aufwand
erfordere — der erste Haushaltplan hatte einen solchen in
Höhe von 1835000 ¼, für den Bau des Verwaltungsgebäudes
sind 6 Millionen Mark vorgesehen! — Demgegenüber ist darauf
hingewiesen worden, daß der Aufwand für Verwaltungskosten
11/3 0 der Einnahmen betrage und sich höchstens auf 2 2
steigern werde, während bei privaten Lebens= und Invaliden-
versicherungen er sich auf 7—8 % der Einnahmen zu belaufen
pflege.