Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Justizwesen. 113 
dem Oberlandesgericht; Oberreichsanwalt und Reichs— 
anwalt bei dem Reichsgericht). Jedes Gericht besitzt 
ferner eine Gerichtsschreiberei (Aufnahme von Klagen, sir 
Gesuchen, Anmeldungen, Protokollführung bei den Ge- " 
richtssitzungen) und zu Besorgung der gerichtlichen Zu- 
stelluungen und Vornahme der Zwangsvollstrechungen 
Gerichtsvollzieher. Die berufenen Vertreter und Ver- Werchte 
teidiger der Partei vor Gericht heißen Rechtsanwälte, 
deren Tätigkeit sich neben der Prozeßvertretung auch anwalt. 
auf die Rechtsverteidigung erstrecht. Die Rechtsanwälte 
werden in Zivilsachen regelmäßig nur bei einem bestimmten 
Gerichte zugelassen. Sie sind nicht Beamte. Zur Ver- 
waltung der gemeinsamen Angelegenheiten, Aufsicht über 
die Anwälte, Entscheidungen von Streitigkeiten der 
Anwälte untereinander und mit ihren Auftraggebern 
bilden die innerhalb eines Oberlandesgerichtsbezirkes zu- 
gelassenen Rechtsanwälte eine Anwaltskammer. Der 
Vorstand dieser Kammer bildet das Ehrengericht. 
Gegen dessen auf Warnung, Verweis, Geldstrafe bis zu 
3000 K oder Ausschließung von der Rechtsanwaltschaft 
lautende Entscheidungen, kann die zweitinstanzliche Ent- 
scheidung des Ehrengerichtshofes angerufen werden, 
der aus dem Präsidenten und je drei Mitgliedern des 
Reichsgerichts sowie der besonderen beim Beichsgericht 
bestehenden Anwaltskammer zusammengesetzt ist (Rechts- 
anwaltsordnung vom 2. Juli 1878). 
Die Gerichte haben sich in bürgerlichen Rechtsstreitig-- 
keiten und in Strafsachen Rechtshilfe zu leisten. Die 
Verhandlung vor dem erkennenden Gerichte einschließ- 
lich der Verkündigung der Urteile und Beschlüsse desselben 
erfolgt öffentlich, soweit nicht die Offentlichkeit für die 
Verhandlung oder einen Teil derselben wegen Besorgung 
der Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere 
der Staatssicherheit, oder der Sittlichkeit durch das Ge- 
richt ausgeschlossen wird. Auch in Ehesachen ist die 
Offentlichkeit auszuschließen, wenn eine der Parteien es 
beantragt, ebenso ist das Berfahren wegen Entmündigung 
oder deren Wiederaufhebung nicht öffentlich. 
Durch das Gesetz über freiwillige Gerichtsbar-Fretwillige. 
keit aus dem Jahre 1898 ist diese, d. h. die Bormund= betrt. 
schaftssachen, Aachlaß= und Teilungssachen, Güterrechts- 
register, Untersuchung und Verwahrung von Sachen, 
Fischer, Verfassungs= und Verwaltungsrecht. 14. Aufl. 8
	        
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