Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

114 J. Das Deutsche Reich. 
Pfandverkauf, gerichtliche und notarielle Urkunden usw. 
den Amtsgerichten übertragen worden, soweit nicht nach 
landesgesetzlichen Vorschriften außer ihnen oder statt 
ihnen die Notare, oder auch andere Behörden oder 
Beamten zuständig sind. Die Aotare werden in Sachsen 
aus der Zahl der Rechtsanwälte vom Justizministerium 
ernannt. Uber Beschwerden gegen Verfügungen der 
Amtsgerichte in Angelegenheiten der freiwilligen Ge- 
richtsbarkeit entscheidet zunächst das Landgericht, in 
letzter Instanz das Oberlandesgericht bzw. Reichsgericht. 
aufmanne- Nac dem Gesetze vom 6. Juli 1904 können zur Ent- 
scheidung von Streitigkeiten aus dem Dienst= oder Lohn- 
verhältnisse zwischen Kaufleuten einerseits und ihren 
Handlungsgehilfen andererseits bei vorhandenem Be- 
dürfnisse besondere HKaufmannsgerichte durch Orts- 
statut errichtet werden. Für Gemeinden mit mehr als 
20000 Einwohnern müssen sie errichtet werden. Auf 
Handlungsgehilfen mit mehr als 5000 M Lohn oder 
Gehalt sowie auf die in Apotheken beschäftigten Gehilfen 
und Lehrlinge findet das Gesetz keine Anwendung. Für 
jedes Kaufmannsgericht sind ein Vorsitzender, ein Stell- 
vertreter und die erforderliche Zahl von Beisitzern — min- 
destens vier — zu berufen. In der Regel ist der Vor- 
sitzende des Gewerbegerichts zugleich zum Vorsitzenden 
des Kaufmannsgerichts zu bestellen, auch sind gemeinsame 
Einrichtungen für die Gerichtsschreiberei, den Bureau- 
dienst usw. zu treffen. Zum Mlitgliede eines Kauf- 
mannsgerichts sollen nur männliche über 30 Jahre alte, 
im Besitze der Ehrenrechte befindliche Personen berufen 
werden, zum Beisitzer nur, wer im Bezirke des Gerichts 
seit mindestens zwei Jahren seine Handelsniederlassung 
hat oder beschäftigt ist. Der Vorsitzende und sein Stell- 
vertreter sollen die Fähigkeit zum Richteramt oder höheren 
Verwaltungsdienst besitzen. Ausnahmen darf die höhere 
Verwaltungsbehörde, deren Bestätigung die durch den 
Stadtrat zu bewirkende Wahl bedarf, zulassen. Die 
Beisitzer müssen zur Hälfte aus den selbständigen Rauf- 
leuten, zur Hälfte aus den Handlungsgehilfen entnommen 
werden. Die Wahl findet in beiden Gruppen nach den 
Grundsätzen der Verhältniswahl derart statt, daß neben 
den Mehrheitsgruppen auch die Minderheitsgruppen 
entsprechend ihrer Zahl vertreten sind. Zur Teilnahme
	        
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